Das Bezirksgericht Zürich hat vier Chefs der Gazprombank in Zürich verurteilt. Weil sie den Cellisten Sergey Roldugin als Vorzugskunden bedienten, ohne lange nachzufragen. Und sie ignorierten so ziemlich jede Alarmglocke, die beim Namen Roldugin in der Bank immer schriller läuteten. Roldugin, ein begabter Musiker, verschob mithilfe der überaus arglosen und geschäftstüchtigen Gazprombanker 30 Millionen Franken zu Offshore-Firmen auf British Virgin Islands, nach Moskau und nach Zypern.

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Und sie wurden auch nicht argwöhnisch, als die halbe Welt darüber berichtete, dass Roldugin ein enger Vertrauter von Wladimir Putin sei und obendrein der Götti von dessen Tochter. Dabei wussten sie längst, wen sie da vor sich hatten, denn der Putin-Intimus war bereits Jahre zuvor in den Kundenstamm aufgenommen worden, denn im Kontoeröffnungsdossier beim Onboarding lag ein Artikel aus einer russischen Zeitung, die Roldugins prominenten und problematischen Freundeskreis beschrieb.

Doch die Chefs bei der Gazprombank interessierte all dies nicht, selbst als Roldugin in den Panama Papers prominent auftauchte und seine heiklen Verwicklungen in allen Details ausgeleuchtet wurden. Erst als die durch die Medienberichterstattung aufgeschreckte Finma im Frühling 2016 bei der Gazprombank anklopfte und eine Untersuchung einleitete, bequemten sich die Gazprombank-Chefs, Roldugin schriftlich um eine Erklärung zu den Vorwürfen zu bitten. Als dieser sich auf zweimalige Anfrage nicht meldete und nochmals zwei Monate ins Land zogen, brach die Bankleitung die Geschäftsbeziehung ab.

Wegschauen funktioniert nicht mehr

Viel zu spät, fanden die Finma und die Staatsanwaltschaft in Zürich. So hat die Finma in ihrem Untersuchungsbericht 2018 festgehalten, die Bank habe es bei Geschäftsbeziehungen versäumt, angemessene Abklärungen zu treffen. Das findet nun auch das Bezirksgericht. Ja, die Banker haben ihren Job nicht gemacht, nicht wirklich versucht, die Hintergründe ihres dubiosen Kunden mit den heissen Connections abzuklären. Vielmehr machten sie auf «business as usual». Wegschauen, nicht nachfragen, weitergeschäften. Nach dem Schuldspruch in Zürich ist nun Schluss mit dieser Ignoranz.

Und das ist ein wichtiges Zeichen an die Branche. Denn es hat Seltenheitswert, dass Schweizer Gerichte die obersten Chefs einer Bank – inklusive des Chefs der Compliance – wegen mangelnder Sorgfalt verurteilen. Und es bedeutet auch, dass, wer reiche Kundinnen und Kunden betreut, gefälligst abzuklären hat, woher das Geld stammt und wie beleumundet die Kundschaft ist. Und wenn Unklarheiten oder gar Indizien für Tricks auftauchen, dann genügt Wegschauen nicht, sondern es muss abgeklärt werden.

Das sind eigentlich Selbstverständlichkeiten, müsste man meinen. Bei der Gazprombank in Zürich offenbar nicht. Dass sie nach all dem Versagen und den Negativschlagzeilen nun abgewickelt wird, ist kein Verlust für den Finanzplatz. Im Gegenteil, es wird auch international Beachtung finden. Die Botschaft im Urteil aus Zürich lautet: Der Finanzplatz Schweiz hat sich in Sachen Compliance und «Know your customer» schwer verbessert. Er taugt nicht mehr für Ganovenfilme. Und wer es in der Branche immer noch nicht begriffen hat, der muss mit Flurschaden und Klagen rechnen – wie jetzt in Zürich. Gut so.