Chinas Notenbank stemmt sich mit einer unerwarteten Zinssenkung gegen die Konjunkturabkühlung. Erstmals seit April 2020 senkte die PBoC am Montag einen Referenzzins für mittelfristige Darlehen an einige Finanzinstitute (MLF) - und zwar auf 2,85 von 2,95 Prozent. 

Damit sollen die Kreditkosten für Firmen gedrückt und so die Konjunktur insgesamt angeschoben werden. Mit der Senkung wurden unter dem Strich 200 Milliarden Yuan (27,5 Milliarden Euro) in das Bankensystem gepumpt. Die meisten von Reuters befragten Ökonomen wurden von dem Schritt überrascht.

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Notenbanker sind beunruhigt

«Dass sich die PBoC bereits Anfang Januar zu dieser Lockerung entschlossen hat, zeigt, dass sich der wirtschaftliche Abwärtsdruck Ende 2021 verstärkt hat und im ersten Quartal nicht besonders viel Luft nach oben ist», meint Ökonom Ken Cheung von der Mizuho Bank

Experten erwarten nun, dass die PBoC schon bald nachlegen wird: «Der Zinsschritt deutet an, dass die chinesischen Währungshüter über die Konjunkturaussichten stark beunruhigt sind», sagte Commerzbank-Analyst Hao Zhou. 

Daher werde die PBoC am Donnerstag voraussichtlich auch den Leitzins senken. Dann wird sie unter anderem über den Referenzzins für Kredite mit einjähriger Laufzeit (LPR) entscheiden - dieser liegt derzeit bei 3,8 Prozent. Der LPR ist an den MLF gekoppelt und wird am 20. jeden Monats festgelegt.

Wachstum sinkt

Chinas Wirtschaft wuchs im vierten Quartal nur noch um 4,0 Prozent, nachdem es schon im Sommerquartal nur zu einem Plus von 4,9 Prozent gereicht hatte. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) legte im Gesamtjahr 2021 um 8,1 Prozent zu. «Dies klingt erst einmal nach einem enormen Wachstum, der Blick hinter die Kulissen aber offenbart, dass es sich nicht um eine echte Weiterentwicklung der Wirtschaft handelt», meint Jürgen Molnar, Anlagestratege beim Brokerhaus RoboMarkets

Zum einen seien die Vergleichswerte durch die Corona-Pandemie relativ gesehen sehr niedrig. Zum anderen belaufe sich ein Grossteil des Wachstums auf die Immobilienbranche. 

Spätestens seit der Krise um den hoch verschuldeten Branchenriesen Evergrande wissen man, dass der Bauboom in China vor allem eines sei: überdimensional gross. «So gross, dass manche Bauprojekte aufgrund von fehlendem Kapital nicht abgeschlossen werden können.»

(reuters/mbü)