Der Republikaner, der 2024 wieder ins Weisse Haus einziehen will, legte sich am Mittwochabend nicht darauf fest, das Ergebnis der nächsten US-Präsidentenwahl anzuerkennen. Stattdessen wiederholte er abermals die Lüge vom Betrug bei der vergangenen Wahl. Konkrete politische Ideen für den Fall seiner Wiederwahl hatte der 76-Jährige nicht parat. Stattdessen hetzte er einmal mehr gegen Migranten, politische Gegner und das Justizsystem. Ausserdem kündigte er an, im Falle eines Wahlsiegs für den Sturm auf das US-Kapitol verurteilte Randalierer zu begnadigen.

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Die Livesendung war als Bürgerfragestunde angelegt, moderiert von der Journalistin Kaitlan Collins. Wahlberechtigte, die den Republikanern nahestehen oder sich weder ihnen noch den Demokraten von Präsident Joe Biden zugehörig fühlen, durften bei dem Event im US-Bundesstaat New Hampshire Fragen stellen. Dass Trump bei CNN auftritt, ist sehr ungewöhnlich, denn der Sender wird von ihm immer wieder als Sprachrohr liberaler Propaganda verunglimpft. Normalerweise verbreitet Trump seine Behauptungen in ausschweifenden Wahlkampfreden ohne Gegenfragen. Dieses Mal musste er sich aber dem Publikum stellen - und Collins.

In der sogenannten Townhall schlug sich die Moderatorin wacker, Falschaussagen Trumps versuchte sie sofort zu widerlegen. Davon liess sich der frühere Präsident aber nicht sonderlich beeindrucken. An einer Stelle entfuhr ihm die genervte Bemerkung, Collins sei eine «fiese Person». Die 31-Jährige war ehemals CNN-Chefkorrespondentin für das Weisse Haus und dafür bekannt, Trump zu seiner Zeit als Präsident hartnäckig zu befragen. Mehrmals gerieten die beiden öffentlich aneinander. Im Juli 2018 wurde Collins vom Weissen Haus von einer Pressekonferenz ausgeschlossen worden, was zu Protesten in der Medienwelt führte.

Trump verharmloste bei seinem TV-Auftritt erneut die Erstürmung des US-Kapitols am 6. Januar 2021, bei der seine Anhänger gewaltsam in den Sitz des Parlaments in Washington eindrangen. Dort war der Kongress zusammengekommen, um Joe Bidens Sieg bei der vorangegangenen Präsidentenwahl formal zu bestätigen. Infolge der Krawalle kamen fünf Menschen ums Leben. Dass die verurteilten Randalierer auf einen Wahlsieg Trumps im nächsten Jahr hoffen sollten, machte er ihnen deutlich: «Ich bin geneigt, viele von ihnen zu begnadigen», sagte Trump. Auf die Frage, ob er auch Mitglieder der rechtsextremen Proud Boys begnadigen würde, antwortete er ausweichend: «Ich müsste mir ihren Fall ansehen.»

Wiederholt sich die Geschichte?

Auch mit Blick auf die Präsidentenwahl 2024 verhiessen seine Antworten nichts Gutes. Auf die Frage, ob er sich dazu verpflichte, das Wahlergebnis zu akzeptieren, entgegnete Trump: «Wenn ich denke, dass es eine ehrliche Wahl ist, würde ich das auf jeden Fall tun.» Collins hakte noch einmal nach: «Werden Sie sich verpflichten, die Ergebnisse der Wahl unabhängig vom Ausgang zu akzeptieren?» Trumps Replik: «Wenn ich denke, dass es eine ehrliche Wahl ist, wäre es mir eine Ehre.» Droht sich die Geschichte damit zu wiederholen? In den vergangenen Jahren hat Trump jedenfalls den Eindruck entstehen lassen, dass er eine Wahl nur dann für «ehrlich» hält, wenn er zum Gewinner erklärt wird.

Nach konkreten politischen Vorhaben gefragt blieb Trump aussagekräftige Antworten schuldig. Vage äusserte er sich auch bei Fragen zum russischen Krieg gegen die Ukraine. So wollte er sich zum Beispiel nicht darauf festlegen, ob die USA unter seiner Führung dem angegriffenen Land weiter Geld und Waffen bereitstellen würden. «Ich möchte, dass Europa mehr Geld zur Verfügung stellt, weil sie uns auslachen. Sie denken, wir sind ein Haufen Idioten», sagte er. Erneut behauptete er, den seit mehr als 14 Monaten anhaltenden Krieg zwischen Russland und der Ukraine in 24 Stunden beenden zu können. Die jetzige US-Regierung verschenke so viel Ausrüstung, dass keine Munition für die eigenen Truppen mehr übrig sei, schimpfte er.

Das Interview war Trumps erster öffentlicher Auftritt nach seiner Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs in einem New Yorker Zivilprozess. Am Dienstag war er zu einer Entschädigung in Millionenhöhe an die Schriftstellerin E. Jean Carroll verurteilt worden. Eine New Yorker Geschworenenjury sah es als erwiesen an, dass Trump sie 1996 in einem New Yorker Nobelkaufhaus sexuell missbraucht hat. Das Ganze sei «eine erfundene Geschichte», das Verfahren eine «abgekartete Sache» gewesen und der Richter «furchtbar», so Trump.

Trump verbreitet Unwahrheiten

Auch zu den bei ihm gefundenen Geheimunterlagen aus seiner Zeit im Weissen Haus äusserte er sich: Trump behauptete, diese hätten durch seine Mitnahme ihre Einstufung als Geheimsache verloren. Wie viele andere seiner Behauptungen ist auch diese nicht korrekt.

In den USA ist der Wahlkampf mittlerweile in vollem Gange. Präsident Biden hat vor gut zwei Wochen verkündet, dass er eine Wiederwahl anstrebt. Der 80-Jährige muss keine grosse Konkurrenz innerhalb seiner Partei fürchten. Bei den Republikanern ist das Feld der Aspiranten zwar grösser, aber Trump kann sich trotzdem gute Chancen ausrechnen, gilt aktuell als aussichtsreichster Bewerber. Das dürfte ihn dazu motiviert haben, das CNN-Format für einen Wahlkampfauftritt zu nutzen. Der ihm eigentlich so verhasste Sender war dafür kritisiert worden, dem Republikaner diese Bühne zu bieten - zumal vor einem eher konservativ gesinnten Studiopublikum. Von den Gästen im Saal gab es häufig Applaus. «Ihr seid grossartig», sagte Trump zum Abschied.

(sda/rul)