Olivenöl wird immer teurer, weil es immer knapper wird. Spanien ist mit grossem Abstand der weltweit grösste Olivenöl-Produzent. Der Jahresertrag, der in den vergangenen Jahren im Schnitt bei rund 1,5 Millionen Tonnen lag und fast die Hälfte der weltweiten Produktion ausmachte, war in der Erntesaison 2022/2023 auf weniger als die Hälfte (665'000 Tonnen) gefallen. Grund waren ungünstige Wetterbedingungen mit sehr wenig Regen. Dieses Jahr erwartet das Landwirtschaftsministerium in Madrid nur eine leichte Erholung.

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Die geringere Produktionsmenge hat, im Zusammenspiel mit gestiegenen Produktionskosten, Konsequenzen: Der Preis des Extra Vergine stieg innerhalb eines einzigen Jahres von circa 400 auf über 800 Euro pro 100 Kilogramm. Vor wenigen Jahren hatte der Preis für dieses hochwertigste Olivenöl in Spanien nur leicht über 200 Euro gelegen.

Auch Italien und Griechenland betroffen

Ähnlich war es in anderen wichtigen Produzenten-Ländern wie Italien und Griechenland. Das treibt seltsame Blüten: Olivenöl ist plötzlich zum beliebten Diebesgut geworden. Allein in den Sommermonaten wurden aus Lagerhäusern und Ölmühlen im südspanischen Andalusien mehr als 80'000 Liter entwendet. Die Zeitung «El Mundo» schrieb jüngst, bei Produzenten gehe die Angst vor den «Piraten des flüssigen Goldes» um.

Auch in Griechenland kommt es zum vermehrten Oliven- und Ölklau, wie der kretische Ölproduzent Giorgos Papadakis sagte. «Die Diebstähle sind nicht so gross wie in Spanien, aber wenn hier einem Bauern 200 Kilogramm Öl in guter Qualität gestohlen werden, hat der Dieb über Nacht 2000 Euro in der Tasche.»

Läden sichern Olivenölflaschen gegen Diebe

In Spanien und Griechenland werden das Öl und die Oliven in den Tanks und Lagerhallen mittlerweile besser überwacht. In einigen spanischen Läden werden die Flaschen seit einiger Zeit sogar wie teurer Alkohol mit Plastikverschlüssen gesichert.

Die spanischen Landwirte haben nicht nur mit Dieben zu kämpfen. Ein starker Rückgang der Nachfrage bereitet grosse Sorgen. Zahlreiche traditionelle Ölmühlen mussten dieses Jahr wegen Verlustgeschäften schliessen. Der Generalsekretär des Verbandes der kleinen Land- und Viehwirte Andalusiens (UPA), Cristóbal Cano, warnte: Im Olivenanbau bahne sich «eine nicht wiedergutzumachende wirtschaftliche und soziale Katastrophe an». Der Sektor beschäftigt in Spanien circa 365'000 Menschen.

Probleme in Italien, Griechenland und Türkei

Die Krise trifft auch Italien. Die Produktion lässt dort immer mehr nach, die Preise schiessen in die Höhe. Nach Angaben der Agrarvereinigung Coldiretti wurde dieses Jahr ein Anstieg um knapp 50 Prozent verzeichnet. Der Chef des Ölbauernverbandes Unaprol, David Granieri, spricht von einer «noch nie dagewesenen Situation».

Italien gehört zu den Spitzenreitern im Olivenöl-Konsum, die Krise macht sich schnell im Einkaufskorb bemerkbar. Das Land selbst wird dieses Jahr nach Schätzungen etwa 290'000 Tonnen natives Olivenöl produzieren. Um nicht mehr so stark von Einfuhren vor allem aus Spanien abhängig zu sein, will die Regierung in Rom mehr als eine Million neue Olivenhaine anbauen.

Schwaches Jahr 2023

In Griechenland stemmen derweil Hunderte grössere sowie zahllose Klein- und Kleinstbauern eine Produktion von bis zu 330'000 Tonnen - allerdings nur jedes zweite Jahr, denn Olivenbäume tragen ein Jahr voll und legen dann ein Jahr Ruhepause ein, so dass der Ertrag geringer ausfällt. Solch ein schwaches Jahr ist 2023.

Im Nachbarland Türkei gibt es auch Probleme. Das Handelsministerium berichtete im August zunächst von Rekorden: Produktion und Export seien deutlich gestiegen. Türkische Exporteure hätten auf die gestiegene Nachfrage aus dem Ausland reagiert und mehr für die Ausfuhr angeboten. Für die meisten Türken waren das jedoch keine guten Nachrichten. Ihr Grundnahrungsmittel wurde knapp und teuer. Inzwischen gilt eine Exportblockade.

Überall geben Landwirte einstimmig den immer häufigeren extremen Wetterereignissen die Schuld an der Malaise. Beispiel Griechenland: Wegen des lauen Winters hätten die Bäume keine Zeit gehabt, sich auszuruhen, erklärte Landwirt Vassilis Mouselimis. Dann herrschten im Frühjahr zu hohe Temperaturen genau zur Blütezeit, was Probleme bei der Fruchtbildung zur Folge hatte. Und schliesslich habe es nicht genug geregnet, was schlecht für das Wachstum der Oliven gewesen sei. José Gilabert ist 59 und arbeitet seit seinem 13. Lebensjahr in Andalusien im Olivenanbau. «Früher wurde es hier schon Ende August kühler», sagte er der Zeitung «El País». «Und nun ernten wir die Oliven im November immer noch in kurzen Ärmeln.»