Der Detailhandelsriese hatte im Herbst 2022 Coffee B unter dem Motto «grösste Produktinnovation in der Geschichte der Migros» auf den Markt gebracht. Das neue Kaffeesystem mit Kugeln aus gepresstem Kaffee, die kompostierbar sind, verstand die Migros als Kampfansage an Nespresso und Co. mit deren Kapseln aus Alu oder Plastik. Mit den kompostierbaren Kapseln entsteht massiv weniger Abfall.

Die Innovation «verspricht, die Kaffeeindustrie radikal zu verändern», hatte der damalige Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen bei der Lancierung gesagt. Bis zum Start investierte die Migros einen signifikanten zweistelligen Millionenbetrag.

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«Vielleicht etwas grössenwahnsinnig»

«Wir waren im September 2022 vielleicht etwas grössenwahnsinnig, als wir von der grössten Innovation in der Geschichte der Migros sprachen», gestand der Coffee-B-Verantwortliche Frank Wilde am Dienstag vor den Medien in der Kaffeebälle-Fabrik in Birsfelden BL. Am Anfang habe man mit Kinderkrankheiten bei den Maschinen und in der Kaffeeballproduktion zu kämpfen gehabt.

Heute habe man mittlerweile die achte verbesserte Version der Kaffeemaschine herausgebracht. Und der Kaffee sei auch viel besser geworden, sagte Wilde. Seit dem Start vor drei Jahren habe die Migros insgesamt über 500'000 Kaffeemaschinen und über 160 Millionen Kaffeebälle abgesetzt.

Alleine im laufenden Jahr werde man in der Schweiz rund 22 Millionen Kaffeebälle verkaufen. Das seien 4 Millionen mehr als im 2024. Der Absatz von Maschinen wachse im Vergleich zum Vorjahr um 10 Prozent auf 33'000. Damit erreiche Coffee B einen Marktanteil von 2,5 Prozent am Schweizer Markt.

Schliessung von Melectronics bremst

Allerdings sei das Geschäft durch die Schliessung von Melectronics gebremst worden, erklärten die Verantwortlichen. Die Elektronikladenkette der Migros sei ein bedeutender Absatzkanal für die Kaffeemaschinen gewesen.

Und so sind die Kaffeemaschinenverkäufe im laufenden Jahr immer noch deutlich tiefer als im Jahr 2023, als die Migros 40'000 Maschinen abgesetzt hatte, wie Wilde am Rande der Veranstaltung im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP sagte.

Die Wechselbereitschaft der Schweizer sei verhalten. 57 Prozent der Haushalte hätten eine Portionenkaffeemaschine. Das sei der höchste Marktanteil der Welt. In Deutschland seien es lediglich rund ein Viertel. Aber die Menschen würden sich nur alle fünf oder sechs Jahre eine neue Kaffeemaschine zulegen. «Das Geschäft braucht Zeit», sagte Wilde.

Deutschland als Wachstumstreiber

Mehr Schub kommt aus Deutschland, auch wenn dort Media Markt aus dem Coffee-B-Geschäft ausgestiegen ist. Aber der Absatz beim grossen Detailhandelskonzern Edeka und seiner Discounttochter Netto beschert Schub. Dort sei das Potential in den 8000 Läden viel grösser als in der Migros mit ihren rund 650 Geschäften.

In Deutschland werde man dieses Jahr rund 155'000 Kaffeemaschinen absetzen. Das sind 55'000 mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Kaffeebälle wuchs von 32,5 Millionen auf 50 Millionen. Damit erreiche man einen Marktanteil von 4 Prozent im nördlichen Nachbarland. «Und Edeka hat entschieden, noch mehr Gas zu geben», sagte Wilde.

Neben Deutschland ist Coffee B auch in Frankreich, Italien und am Persischen Golf erhältlich. In Italien übernimmt der italienische Kaffeekonzern Illy den Vertrieb, in den Vereinigten Arabischen Emiraten die Getränke-Handelsfirma Perfetto.

Darüber hinaus lizenziert Keurig Dr. Pepper die Beschichtungstechnologie von Coffee B in Nordamerika und Mexiko. Weil dort die Kaffeemengen viel grösser sind, ist ein neues System nötig. Die kleinen Kaffeebälle reichen für Mengen bis zu einem halben Liter nicht aus. In Nordamerika sollen stattdessen gepresster Kaffee in Form eines Eishockeypucks zum Einsatz kommen.

Die Auslandsexpansion stehe aber erst am Anfang. «Wir arbeiten an Lizenzen mit Partnern in der ganzen Welt.» Mit Ausnahme von Afrika sei man auf allen Kontinenten tätig, sagten die Verantwortlichen.

Nespresso-Geschäft viel grösser

Insgesamt ist aber das Geschäft mit Nespresso-kompatiblen Kapseln und den Migros-eigenen Delizio-Kapseln immer noch deutlich grösser, gestand Migros-Supermarkt-Geschäftsleitungsmitglied Miriam Richter ein. Laut Migros-Angaben ist alleine Delizio sieben Mal grösser als Coffee B.

«Aber es ist nicht korrekt, dass das Coffee B ein Nebengeschäft ist», sagte Richter. Mit den kompostierbaren Kapseln könne man den Abfall markant senken. Derzeit seien nur 30 Prozent aller Kaffeekapseln rezyklierfähig.

«Wir sind weltweit der drittgrösste Hersteller von Nespresso-kompatiblen Kapseln», sagte Wilde im Gespräch mit AWP. Der grösste Teil davon seien Alukapseln, die man nicht rezykliere. «Dieses Geschäft greifen wir mit Coffee B an.» Das eine System werde abnehmen, das andere werde zulegen. Das sei wie bei den E-Autos und Verbrennern.

Zudem sei die Gewinnschwelle von Coffee B nicht mehr allzu weit entfernt. «In ein paar Jahren werden wir profitabel sein», sagte Wilde.