Die Volksinitiative «200 Franken sind genug (SRG-Initiative)» will die Gebühren für Radio und Fernsehen von 335 auf 200 Franken im Jahr senken. Zudem sollen Unternehmen von der Abgabe befreit werden. Darüber dürfte im nächsten Jahr abgestimmt werden.

Die Schweizer Filmbranche warnt vor den Folgen des Volksbegehrens. Felix Tissi, Drehbuchautor und Regisseur aus Bern («Noah und der Cowboy», «Welcome to Iceland», «Aller Tage Abend»), befürchtet massive Auswirkungen auf die einheimische Filmbranche, sollte die Initiative angenommen werden, wie er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. «Die Mittel für den freien Film würden gekürzt, und zahlreiche Projekte könnten nicht mehr realisiert werden.»

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Wichtige Produktionen in Gefahr

Zehn von Tissis elf Kinofilmen sind in Koproduktion mit der SRG entstanden. «Ohne die SRG hätte ich höchstens drei Filme realisieren können.» Genauso wichtig wie der finanzielle Aspekt sei aber, dass die Filme am Fernsehen ein breites Publikum erreichen könnten.

Tissi, der vor drei Jahren seinen letzten Spielfilm realisiert hat, ist sich bewusst, dass sich die Medienlandschaft massiv verändert hat. «Neue Anbieter von Privatsendern und Streaming-Diensten drängen auf den Markt und setzen die SRG unter Druck.»

Im Unterschied zu dieser Konkurrenz, die sich nach reinen Marktkriterien orientiere, habe die SRG noch einen gesellschaftspolitischen, staatstragenden Unterhaltungs-, Informations-, Bildungs- und Kulturauftrag, so Tissi. «Sie ist zu Ausgewogenheit verpflichtet und verfügt über eine Ombudsstelle, was in Zeiten von Fake News und medialer politischer Einflussnahme besonders dringlich ist.»

Nachwuchs bei «Tschugger» oder «Maloney»

Laut Stefan Jäger, Leiter der Drehbuchabteilung im Filmdepartement der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) und selber Regisseur und Produzent, hätte die Initiative nicht nur für Etablierte düstere Folgen, sondern besonders für den Filmnachwuchs. «Man muss bedenken, dass viele ZHdK-Abgängerinnen und -Abgänger bei Produktionen wie 'Tschugger' oder 'Maloney' in Schlüsselpositionen wie Regie, Drehbuch oder Kamera arbeiteten.»

Arbeitsmöglichkeiten in diesem Umfang würden verschwinden, den angehenden Filmschaffenden wäre «eine wichtige Chance genommen, Fuss in der Branche zu fassen», so Jäger. Auch die Filmdistribution Schweiz, der Branchenverband der Filmdistributionsunternehmen in der Schweiz, oder die Zürcher Filmstiftung, die wichtigste regionale Filmförderung der Schweiz, haben auf die negativen Folgen bei einer Annahme hingewiesen.

Jäger verweist auf Schweizer Produktionen wie «Bon Schuur Ticino» oder «Heldin», die enormen Anklang fanden und die von der SRG als grösste Produzentin von Schweizer Kultur mitfinanziert wurden. Er erwähnt den «Pacte de l’audiovisuel», durch welchen solche Koproduktionen realisiert werden können.

Für Tissi, der heute junge Filmschaffende bei Drehbuchfragen berät, ist klar: «Die Mittel sollten erhöht statt gekürzt werden, damit die Schweizer Sender ihren Aufgaben überhaupt gerecht werden können.» Sei man dazu nicht mehr gewillt, «wäre es wohl ehrlicher, die SRG für tot zu erklären als sie tot zu sparen.»*

*Dieser Artikel von Raphael Amstutz, Keystone-SDA, wurde mithilfe der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung realisiert.