Der Belegschaft sei trotz voller Auftragsbücher und hoher Auslastung kein Lohn für den September ausbezahlt worden, schrieb die Unia am Freitag in einer Mitteilung. Die Mitarbeitenden sind demnach am Mittwoch über die finanzielle Schieflage des Unternehmens informiert worden und beschlossen daraufhin den Streik.
Neben den ausstehenden Löhnen fordern die Angestellten den früheren Verwaltungsrat dazu auf, Verantwortung zu übernehmen. Die beiden Verwaltungsräte hatten sich laut Mitteilung per 15. September aus dem Amt zurückgezogen. Im Handelsregister sind sie nach wie vor vermerkt.
Sachwalter beantragt
Weil das Unternehmen somit faktisch handlungsunfähig sei, habe man beim Kanton den Einsatz eines Sachwalters beantragt, hiess es weiter. Damit solle ein allfälliger Konkurs beschleunigt werden, sagte Alain Gysin, Co-Regionalsekretär der Berner Unia-Einheit auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Der Geschäftsführer sei krankgeschrieben, weshalb die Belegschaft nach dem Streik zunächst selbstverwaltet weiterarbeiten werde.
Die Streikenden planten gemäss Gysin, am Freitag vor die Geschäftssitze der zwei Verwaltungsräte zu fahren und sie vor Ort zur Verantwortung zu ziehen.
Verwaltungsräte beschuldigen Alleinaktionär
Die Verwaltungsräte nahmen schliesslich am Freitagabend schriftlich Stellung über einen Anwalt und gaben dem Alleinaktionär aus der Unternehmerfamilie Trojahn die Schuld an der Entwicklung. Das Schreiben lag Keystone-SDA vor.
Darin beteuern die Verwaltungsräte, sie hätten «mit Herzblut und grossem Engagement» seit Jahren für die Schär und Trojahn AG gearbeitet; dabei habe das Wohl der Firma und ihrer Mitarbeiter «stets im Mittelpunkt» gestanden. Im vergangenen Jahr habe sich aber die Zusammenarbeit mit dem Alleinaktionär «zunehmend schwierig» gestaltet.
So seien wichtige Anfragen zur Strategie des Eigentümers nicht beantwortet worden, mehrere anberaumte Generalversammlungen zur Wahl neuer Verwaltungsräte des Vertrauens seien ignoriert und sie selbst zunehmend «mit unhaltbaren Vorwürfen konfrontiert» worden.
Ab Herbst vergangenen Jahres hätten sich die Verwaltungsräte bis zur Generalversammlung vom 2. September dieses Jahres «mit allen Mitteln» dafür eingesetzt, «dass der Alleinaktionär die ihm zustehende Führungsrolle für die Schär und Trojahn AG» übernehme, heisst es in der Stellungnahme durch den Anwalt. Er habe diese Aufforderungen nicht beachtet und den Verwaltungsräten auch nicht das Vertrauen ausgesprochen.
Vorwürfe, die Verwaltungsräte hätten ihre Pflichten nicht erfüllt, dass die Gesellschaft überschuldet sei, sie Misswirtschaft betrieben und sich bereichert hätten, seien haltlos. Auch die Auszahlung von Löhnen über Anfang September hinaus sei von den unterdessen zurückgetretenen Verwaltungsräten noch autorisiert worden.
Das Unternehmen Schär und Trojahn verarbeitet Naturstein unter anderem für Küchen und Bäder. Es wurde 1928 gegründet und hat seinen Sitz im Ortsteil Niederwangen der Gemeinde Köniz.