Es ist Liebe auf den ersten Blick: Diese Signorina hat Charakter. Meist trägt sie die Signalfarbe Rot. Bewegt sich auf eine Art, die das Auge in den Bann zieht. Erotik pur. Superfigur. Die Stimme der Schönen: heiser, betörend im Ohr. Und der Geruch: unvergesslich, mit einem dezenten Schuss ins Ölige. Das ist Alfa Romeo. Das heissblütige Automobil. Synonym für Italianità. Unerreichbar meist, wie eine Angebetete, aber so unvergesslich wie die italienische Filmdiva Sophia Loren – das sind die Alfa-Cabrios der fünfziger und sechziger Jahre. Sie hören auf so bezaubernde Namen wie Giulietta, Giulia oder auch Alfa Spider.

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Manchmal jedoch sieht man die rassigen Kurvenstars noch heute auf der Strasse vorbeifahren. Mit viel Glück sogar im Dutzend und im Konvoi, im Sommer oder im Herbst am Lago Maggiore, am Fuss der Dolomiten, in der Toscana oder in Sizilien (siehe Nebenartikel «Nostalgic-Reisen: Oben ohne durch Italien»). Dann kann es sich eigentlich nur um die grösste noch existierende Flotte von Alfa-Cabrios aus einer Hand aus der Blütezeit des Mailänder Automobilherstellers handeln. Sie gehören nicht etwa einem betuchten, mit seiner Giulia in die Jahre gekommenen italienischen Romeo, sondern zwei jungen Typen aus Meran.

Der eine, Walter Laimer, der Grossgewachsene, redet viel, lacht häufig und ist überhaupt ein sonniges Gemüt – und Alfa-Fan. Der andere, Gert Pichler, redet weniger, hat dafür immer die Kamera zur Hand und fotografiert seine Giulias und Giuliettas von vorne, von hinten, von innen und aussen, als wär es eine ewig währende Liebschaft. Und er weiss einfach alles über Alfa Romeo. Dieses Tiroler Duo hat vor rund drei Jahren beschlossen, eine Art Escorteservice für Oben-ohne-Alfas ins Leben zu rufen, den einzigen seiner Art.

Und das kam so: Zusammen hatten sie das Johanneum in Dorf Tirol absolviert. Zusammen stiegen sie während des Studiums in den Journalismus ein; Laimer, der Redselige, als Schreiber und Pichler, der mit dem Auge, als Fotograf. Zusammen gingen sie auf Recherche – bis Mitte der neunziger Jahre während einer Tour durch Laos der Lichtmesser in Pichlers Kamera streikte und die beiden Globetrotter erfahren mussten, dass ohne gestochen scharfe Bilder auch die beste Story unverkäuflich bleibt. Nach diesem Malheur hängte Pichler seine Kamera an den berühmten Nagel, beendete brav sein Ökonomiestudium und stieg bei einem deutschen Fachverlag ein. Und Laimer tat es ihm gleich: Statt rasender Reporter wurde er nach dem Jurastudium Marketingmanager beim US-Verlag Time.

Seriöse Berufe hatten die beiden Burschen mit Anfang dreissig, sodass sie eine Freude für jede Schwiegermutter gewesen wären – hätte nicht Laimer im Mai des Jahres 2002 seinen Kumpel Pichler gefragt, ob er Lust habe, ihn als Beifahrer zu einem historischen Rallye nach Sizilien zu begleiten, er habe sich nämlich einen Alfa Giulia Spider zugelegt. Pichler liess sich nicht zweimal bitten, sich im offenen Oldtimer im Süden des italienischen Stiefels den lauen Fahrtwind um die Ohren wehen zu lassen. Da war es um die beiden geschehen.

«Die Einmaligkeit dieses Erlebnisses», sagt Ökonom Pichler, «wollten wir in eine Geschäftsidee transferieren und anderen zugänglich machen.» Die anderen: Das sind Unternehmen, die Topkunden oder auch besonders verdienstvolle Mitarbeiter mit ähnlich Einmaligem beschenken wollen – so genannte Incentive-Reisen –, oder aber private Gruppen, die sich etwas Besonderes gönnen wollen. Die Idee war geboren, Businesspläne wurden geschrieben, Kredit gebende Banken überzeugt, die Firma Nostalgic gegründet und erste Akquisitionsgespräche geführt.

Wie aber, lautete nun die Frage, können zwei Jungunternehmer mit einer unstillbaren Passion für Alfa-Cabrios zu einer Hand voll der begehrten Oldtimer kommen? Nun, als Exjournalisten haben Laimer und Pichler das Recherchieren nie verlernt. Und sie kaufen, wo auch immer sie Giulias in gutem technischem Zustand aufstöbern können. Eine Giulia, Baujahr 1962, eine der Ersten, die überhaupt hergestellt worden sind, für 20 000 Euro von einem verkaufswilligen Privatmann. Einen weiteren Alfa von einem aus Siena stammenden Italiener, der gerade in Scheidung lebte und wohl Geld brauchte. Einen silberfarbenen Alfa Spider von einem Schweizer Kleinunternehmer. Und eine rote Giulia Veloce, die sich noch in Erstbesitz befand und jahrelang in einer Garage versteckt war.

Erfolgreiche Trüffelschweine sind sie gewesen, die Jungs aus Meran, und heute besitzen sie zwei Giuliettas 1300, 78 PS; sieben Giulias 1600, 92 PS; zwei Giulias 1600 Veloce, 112 PS, und zwei 2600 Spiders, 145 PS – allesamt Alfa-Cabrios der Baujahre 1957 bis 1965. Gesamtwert der Alfa-Flotte: rund 400 000 Euro.

Für den Laien mögen dies nichts weiter sein als nackte Zahlen und Typenbezeichnungen. Wer sich aber die Mühe macht, in den Annalen von Alfa Romeo zu stöbern, dem öffnet sich ein einzigartiges Universum italienischer Automobilbaukunst.

Die Geschichte von Alfa Romeo beginnt in Portello, im Nordwesten Mailands, nahe der Strasse zum Simplon-pass. Hier lässt sich der französische Automobilbauer Alexandre Darracq 1906 auf 36 Hektaren Land ein modernes Automobilwerk errichten. Die dort produzierten Lizenzprodukte verkaufen sich jedoch schlecht auf dem italienischen Markt. Geschäftsleute aus der Lombardei übernehmen das Werk und gründen die Società Anonima Lombarda Fabbrica Automobili (Alfa). 1910 verlässt der erste Alfa dann das Werk in Portello, entworfen vom begnadeten Konstrukteur Giuseppe Merosi. Nach einigen Wirren während des Ersten Weltkriegs übernimmt der aus Neapel stammende Ingenieur Nicola Romeo die Leitung der Firma, die in Alfa Romeo umbenannt wird. Das traditionelle Firmenemblem besteht aus einem roten Kreuz auf weissem Grund – das Rot vereint die Farbe der Bürger und Bauern der Lombadei mit dem Weiss des Adels – sowie einer gekrönten Schlange, die auf die einflussreiche lombardische Visconti-Familie zurückgeht. Im Jahre 1111 hatte Ottone Visconti einen Fürsten getötet und dessen Wappenschild in seinen Besitz genommen, auf dem eine Schlange abgebildet war. Als die Alfa-Gründer knapp 800 Jahre später ihre Firma eintragen liessen, übernahmen sie Kreuz und Schlange.

Man schreibt den 21. April 1954, als am Turiner Autosalon ein Modell vorgestellt wird, wie es die Welt in dieser Form noch nie gesehen hat: der Alfa Giulietta Sprint, ein vergleichsweise erschwingliches Automobil, mit einem 1,3-Liter-Motor, der beachtliche 165 Kilometer pro Stunde auf die Strasse zu bringen vermag. Der Erfolg ist derart überwältigend, dass der amerikanische Importeur Max Hoffmann 600 Einheiten als Cabriolets ordert. Eine Bestellung, die bei den Alfa-Chefs einige Kopfschmerzen auslöst. Diese sind nämlich nicht davon überzeugt, dass ein Giulietta-Cabrio das Zeug zum Verkaufsrenner haben könnte, lassen sich aber immerhin so weit darauf ein, dass sie einen Designwettbewerb ausschreiben.

Der Alfa Giulietta Spider wird erstmals 1955 auf dem Pariser Autosalon vorgestellt. Und der Erfolg ist derart durchschlagend, dass die Giulietta zum ersten Alfa-Modell avanciert, das in Grossserie gefertigt wird – und für den kleinen Turiner Karosseriebauer Gian Battista Farina bedeutet dies der unternehmerische Durchbruch: Bis im Jahr 1962 die Giulietta- Modellreihe ausläuft, werden weltweit über 17 000 Einheiten verkauft. Filmstars wie Sophia Loren oder Marcello Mastroianni begeistern sich für dieses Automobil, ebenso wie der internationale Jetset, der in Portofino, San Remo oder Bellagio flanierenderweise seine Runden dreht.

Als im selben Jahr eine Giulia-Limousine auf den Markt kommt, wird auch der Alfa Giulietta Spider überarbeitet: Das neue Cabrio erhält ein Fünfganggetriebe und einen 1600er-Hubraum. Insgesamt werden von der grösseren Schwester der Giulietta, dem Modell Giulia Spider inklusive der stärkeren Veloce-Version, über 10 000 Stück verkauft.

Der Verkaufserfolg dieser beiden Modelle hat Alfa Romeo zu einem Serienproduzenten von Automobilen gemacht. 1959 werden fast doppelt so viele Alfa-Automobile gefertigt wie in den vier Jahrzehnten zuvor. Und 1962 bringt der italienische Autobauer den 2600 Touring Spider auf den Markt, ein schnittiges Viersitzer-Cabrio, das dank einem Sechszylindermotor sagenhafte 200 Kilometer pro Stunde erreichen kann. Insgesamt werden zwischen 1962 und 1965 2253 Einheiten dieses Typs gefertigt, und besonders in den USA gehen sie weg wie warme Semmeln.

Und nun lassen sich dank Walter Laimer und Gert Pichler und ihrer Firma Nostalgic die Giuliettas, Giulias und Spiders mieten – eine Romanze auf Zeit sozusagen. Sich einmal fühlen wie Sophia Loren oder Marcello Mastroianni in den Fünfzigern und Sechzigern. Am Lago Maggiore, am Fusse der Dolomiten, in der Toscana oder in Sizilien. Jene, die es wagen, sind jedenfalls begeistert. Wie beispielsweise jener Präsident und CEO eines multinationalen Unternehmens, der sagt: «Eine Reise mit Nostalgic ist eine tolle Möglichkeit, eine aussergewöhnliche Region zu erleben. Positiv aufgefallen sind uns die Kundenorientierung und die Liebe zum Detail. Eine erstklassige Reise mit hohem Spassfaktor.» Und Emil P. Manser, altgedienter Eventmanager bei der Grossbank UBS, meint über die Alfa-Trips: «Ein attraktives High-End Incentive mit einem ausgeprägten emotionalen Aspekt. Ein Stück lebendige Geschichte und vielleicht ein persönlicher Traum: den Alfa selbst fahren zu können. Ein Instrument jedenfalls für nachhaltige Kundenbindung.»

Nur eines bleibt tabu: Die Radiogeräte in den Alfas sind ausser Betrieb. «Die Musik», sagt Walter Laimer, «spielen hier die Motoren.»

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