Seinen Traum, österreichischer Bundeskanzler zu werden, hat Heinz-Christian Strache vorerst aufgeben müssen. Doch der Chef der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) wird immerhin Vizekanzler in Wien. Stolz verkündete er auf Facebook, er habe bei den Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP unter dem bisherigen Aussenminister und künftigen Kanzler Sebastian Kurz «weit mehr als 50 Prozent» der FPÖ-Positionen durchsetzen können.

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Kritiker befürchten nun einen harten Kurs gegen Zuwanderer und gegen den Einfluss der EU in Wien. Rechtspopulisten aus ganz Europa begrüssten hingegen am Wochenende die FPÖ-Regierungsbeteiligung als «historisch». 

FPÖ in sechs Schlüsselpositionen

Tatsächlich leitet die Strache-Partei künftig sechs von 13 Ministerien - neben den drei Schlüsselressorts Aussen, Innen und Verteidigung zählt auch das Vizekanzleramt für Strache dazu. ÖVP-Chef Kurz beeilte sich denn auch zu versichern, dass seine neue Regierung dennoch proeuropäisch sein werde.

Dabei ist die FPÖ nicht nur dezidiert europakritisch, ihrem 48-jährigen Parteichef haftet auch seine ultrarechte Vergangenheit an, die Strache heute gerne als Jugendsünden darstellt. Wegen Wehrsportübungen mit später verurteilten Rechtsextremisten gab es gegen ihn eine Anzeige wegen des Verdachts der nationalsozialistischen Wiederbetätigung. 

Auf Neonazi-Veranstaltung festgenommen

Bei einer Neonazi-Veranstaltung in Deutschland wurde er vor drei Jahrzehnten festgenommen. Doch davon will Strache heute nichts mehr wissen. Er dulde weder Nazi-Verherrlichung noch Antisemitismus, beteuert er. Stramm rechts ist er gleichwohl bis heute.

Beim Wahlvolk punktete der Burschenschafter vor allem mit dem Thema Einwanderung. Sein erstes Projekt wäre der «Stopp der unkontrollierten Massenzuwanderung», sagte Strache kurz vor der vorgezogenen Parlamentswahl vom 15. Oktober. 

Strache kam zudem der Zwist in der grossen Koalition aus ÖVP und sozialdemokratischer SPÖ zugute. Mit 26 Prozent erreichte seine FPÖ fast das Rekordergebnis von 26,8 Prozent aus dem Jahr 1999, als Jörg Haider noch Parteichef war.

FPÖ-Scherbenhaufen und Wiederaufbau

Strache bereitete die FPÖ von langer Hand auf eine Regierungsbeteiligung vor. Seit 2005 steht der gelernte Zahntechniker an der Spitze der Partei - damals war die FPÖ nach dem Abgang ihres langjährigen Vorsitzenden Haider ein Scherbenhaufen. «HC», wie Strache genannt wird, baute die FPÖ wieder auf.

Als die Partei im Jahr 2000 erstmals in die Regierung eingetreten war, herrschte noch Aufruhr in Europa. Dieses Mal sieht die Lage anders aus: Die Europäische Union hat sich offenbar an rechtspopulistische Parteien gewöhnt. Und deren Vertreter verstehen es, einen harmloseren Umgangston an den Tag zu legen.

Gab es zu Beginn von Straches Parteivorsitz noch den Slogan «Daham statt Islam», lautete sein Motto im Wahlkampf «Österreicher verdienen Fairness» - ein dehnbarer Begriff, der alles von Steuergerechtigkeit bis zu Sozialleistungen für Migranten meint und den Kampf gegen eine «Islamisierung» gleich mit einschliesst.

Mit Anzug und Gelfrisur

Auch äusserlich gibt sich Strache seriös und modern. Wie der 31-jährige ÖVP-Chef Kurz trägt der Politiker mit den stahlblauen Augen gerne ein aufgeknöpftes Hemd zum eleganten Anzug und zur Gelfrisur. Strache, der aus erster Ehe zwei Kinder hat, ist mit der 20 Jahre jüngeren Fernsehmoderatorin Philippa Beck verheiratet, die früher als Model arbeitete.

Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache

Österreichs neue Regierung: Heinz-Christian Strache (l.) und Sebastian Kurz.

Quelle: Keystone

Aber nicht jeder will der Aussendarstellung der Partei und ihres strahlend lächelnden Vorsitzenden trauen. Vor einiger Zeit veröffentlichte eine Gruppe KZ-Überlebender eine Liste mit Dutzenden antisemitischen und rassistischen Vorfällen, in die nach ihren Angaben FPÖ-Vertreter in den vergangenen Jahren verwickelt waren.

Auf ihren Plakaten und in Pamphleten wettert die FPÖ offen gegen «kriminelle Ausländer» und gegen den Islam. «Nein, der Islam gehört nicht zu Österreich», sagte der FPÖ-Chef im Wahlkampf. Und so ist Strache für viele FPÖ-Anhänger das Gegenstück zur deutschen Kanzlerin Angela Merkel, die mit ihrer «Willkommenskultur» für Flüchtlinge Europa zerstöre.

(sda/ccr)