US-Präsident Donald Trump will seine mit Pomp und Pathos versprochene Steuerreform bis Weihnachten in trockenen Tüchern sehen. Wie beim gescheiterten Rückbau der Gesundheitsreform seines Vorgängers («Obamacare») drohen ihm aber erneut die eigenen Republikaner im US-Kongress in den Rücken zu fallen.

Über Jahrzehnte sahen sich viele Republikaner als Garanten eines schlanken Staates mit soliden Finanzen. Doch die grösste Reform des US-Steuerrechts seit Präsident Ronald Reagan vor 40 Jahren droht den bereits angespannten Etat aus dem Ruder laufen zu lassen. Im Senat werden deshalb kritische Töne laut. An den Finanzmärkten werden die Erwartungen an die Trump-Reform bereits eingedampft.

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Komplizierte Steuervorschriften

Kaum jemand bezweifelt, dass das US-Steuersystem nach vier Jahrzehnten dringend überholt werden müsste: Jedes Jahr ächzen die Bürger bei der Steuererklärung unter den komplizierten Vorschriften. Unternehmen klagen, ihre Gewinne würden mit 35 Prozent im internationalen Vergleich zu hoch besteuert - der Satz soll auf 20 Prozent fallen. Zugleich soll das Steuerrecht entschlackt werden und etliche Sonderregeln sollen entfallen.

In beiden Kongresskammern - Repräsentantenhaus und Senat - liegen Gesetzentwürfe vor, die allerdings noch zu einem Entwurf verbunden werden müssen. Während die Republikaner im Repräsentantenhaus, das über seinen Vorschlag kommende Woche abstimmen will, eine klare Mehrheit haben, kann sich Trump im Senat nur drei Abweichler leisten - sonst scheitert die Reform, die ihm endlich den ersten grossen Erfolg einbringen soll.

US-Haushalt steht tief in der Kreide

Neben etlichen Details ist aber vor allem ein Grundproblem bisher ungelöst: Wie lassen sich die Steuerausfälle im US-Etat unterbringen? Beide Gesetzentwürfe rechnen vor, dass dem Staat in den kommenden zehn Jahren 1,5 Billionen Dollar verloren gehen - tatsächlich könnten es je nach Konjunktur aber auch deutlich mehr oder weniger sein. Exakt lässt sich das nicht berechnen. Feststeht aber: Mit einem Schuldenberg von 20 Billionen Dollar steht der Staat bereits tief in den roten Zahlen.

Die Summe entspricht 127 Prozent der US-Wirtschaftsleistung - so viel wie noch nie. Zum Vergleich: Deutschland peilt bis Ende dieses Jahrzehnts eine Quote von 60 Prozent des BIP an. Treibt Trumps Reform das US-Defizit noch höher, wächst der Spardruck an anderer Stelle.

Die Steuerpläne der Republikaner seien ein «tödlicher Etat-Sprengsatz» kritisiert das politisch unabhängige «Committee for a Responsible Federal Budget». Die ebenfalls unabhängige «Tax Foundation» geht sogar von einem zusätzlichen Defizit von 1,78 Billionen Dollar in der nächsten Dekade aus. Jedoch erwartet sie, dass die Reform Konjunktur und Arbeitsmarkt so anschiebt, dass am Ende nur ein Fehlbetrag von gut 500 Milliarden Dollar bleibt. Solche Gegenfinanzierungseffekte sind - wie Reagans Reform gezeigt hat - möglich, aber keineswegs garantiert.

Mehrheit im Senat ist nicht gesichert

Bisher haben zwar nur wenige Republikaner öffentlich ihre Skepsis gezeigt - die Mehrheit im Senat ist allerdings denkbar knapp. Senator Jeff Flake erklärte, er bleibe besorgt, wie die Reform um kurzfristiger Effekte willen die bereits erschreckend hohen Staatsschulden erhöhen würde. Sein Kollege James Lankford mahnte: «Während der Arbeit an Steuererleichterungen dürfen wir nicht unsere Pflicht aus dem Auge verlieren, die Nation zu schützen, grundlegende öffentliche Dienstleistungen anzubieten und unseren Schuldenberg abzubauen.» Mit Senator Bob Corker hatte bereits ein weiterer Republikaner zuvor erklärt, er sei gegen eine Steuerreform, die das Defizit weiter vergrössere.

Angesichts der Wackelkandidaten in den eigenen Reihen ist fraglich, ob Trump die Reform am Ende gelingt. Nach Worten des republikanischen Sprechers des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, wird bereits erwogen, die Reform oder Teile davon erst 2019 in Kraft treten zu lassen, um den Etat zu schonen. An den Börsen, die einen kräftigen Konjunkturschub schon vorweggenommen hatten, sorgte diese Erkenntnis für einen herben Dämpfer: Aus der von Trump angekündigten «phänomenalen» Entlastung könnte ein Reförmchen werden.

(reuters/ccr)