Auf dem Gebiet der Software-Entwicklung sei man daran, gewisse Outsourcing-Möglichkeiten zu prüfen, lautet die stereotype Sprachregelung der Schweizer Banken. Während diese den Outsourcing-Trend noch geflissentlich herunterspielen, wird die Liste mit potenziellen Verlagerungskandidaten immer länger: Software-Entwicklung, Datenerfassung, Zahlungsverkehr, Wertschriftenverwaltung, Aktienresearch, Risikomanagement … What’s next?

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Nur gerade «eine Hand voll Applikationen pro Jahr» würden bis dato in Indien entwickelt, beruhigt ein Sprecher der Credit Suisse Group. «Aus Sicherheitsgründen ist es für uns wichtig, dass die Kernkompetenzen und die Kapazität für das Management, die weitere Entwicklung der Systeme und spezifischer Applikationen bei uns im Hause bleiben», sagt er. Ähnlich unspektakulär tönte es bis vor kurzem bei der UBS: «In London laufen verschiedene Pilotprojekte mit Drittfirmen in Indien für eine klar begrenzte Zahl von Backoffice- und Supportfunktionen», lautete die offizielle Auskunft.

Seit ein paar Wochen lässt sich indes nicht mehr länger negieren, dass auch das führende Finanzinstitut des Landes drauf und dran ist, den Talentpool auf dem Subkontinent im grösseren Massstab anzuzapfen. Im südindischen Hyderabad wurde zu diesem Zweck unlängst mit dem Bau eines konzerneigenen Dienstleistungszentrums für (zunächst) 500 Beschäftigte begonnen, das im Frühjahr 2006 in Betrieb gehen soll. Die geplante Offshore-Zentrale steht im Prinzip allen UBS-Geschäftssparten offen, wobei diese selbstständig bestimmen sollen, welche Funktionen – etwa in den Bereichen Backoffice und Zahlungsverkehr – sie dereinst nach Indien auszulagern gedenken. Wertschöpfungsintensive Tätigkeiten, wiegelt die UBS präventiv ab, seien davon keine betroffen.

Progressiver geben sich die inländischen Versicherungskonzerne; zum Beispiel die Schweizer Rück: Zwecks Entlastung ihrer Zentrale von standardisierbaren Aufgaben hat die zweitgrösste Rückversicherungsgruppe der Welt bereits im Jahr 2000 in Bangalore ein so genanntes Shared Service Centre (SSC) eröffnet. Gegenwärtig sind dort rund 200 Personen beschäftigt. Vor dem Hintergrund der gesammelten, überwiegend positiven Erfahrungen will die Schweizer Rück ab 2006 ihre Buchhaltung von Verträgen im Sach- und Haftpflichtgeschäft komplett ins südindische IT-Mekka auslagern. Zu diesem Zweck sollen maximal 160 Arbeitsplätze nach Bangalore transferiert werden, wie es heisst. In der Schweiz sind mehr als 50 Stellen von diesem Entscheid betroffen.

Vermehrt auf indische Tieflohnarbeiter zurückgreifen will auch die Zurich
Financial Services (ZFS). Rund 250 Inder arbeiten derzeit für die Versicherungsgruppe, und zwar indirekt über Call-Center, welche ZFS in Grossbritannien betreibt. Zur Überbrückung von Spitzenbelastungen in Randstunden sowie nachts beziehen die britischen Call-Center einen Teil ihrer Dienstleistungen aus Indien.

Nichts im Vergleich zum jüngsten Auslagerungsentscheid: Im Rahmen eines 1,3 Milliarden US-Dollar umfassenden Deals hat die ZFS vor wenigen Monaten ihre gesamte Applikations-Entwicklung an die Computer Sciences Corporation (CSC) delegiert. 1600 Informatikfachleute der «Zürich» – 200 davon aus der Schweiz – wurden zu diesem Zweck vom amerikanischen IT-Dienstleister übernommen. Nicht wenigen unter ihnen dürfte der Zwangstransfer sauer aufgestossen sein, zumal der amerikanische IT-Dienstleister dafür bekannt ist, dass er einen Grossteil der ihm übertragenen Arbeiten seinerseits nach Indien auslagert. «Die Vereinbarung mit CSC gibt uns die Flexibilität, schneller und effizienter auf Schwankungen in der Nachfrage nach Applikations-Dienstleistungen zu reagieren, und zwar weltweit», freut sich derweil Michael Paravicini, Chief Information Officer des Versicherungskonzerns. «Unsere Mittel sind nicht mehr in den einzelnen Ländern fix gebunden, sondern wir bezahlen auf On-Demand-Basis.»