Anleihelegende Bill Gross gilt nicht gerade als empathisch. Im Gegenteil: Dem Starinvestor eilt eher der Ruf eines Sonnenkönigs voraus. Eines Zockers, der viel auf sich selbst hält – und unliebsame Kollegen gerne mal rhetorisch bloss stellt. Und als jemand, der sich seinen Dienst teuer vergüten lässt: Offenbar kassierte Gross beim Anleiheinvestor Pimco 2013 allein einen Bonus von fast 300 Millionen Dollar.

Das ist ähnlich viel, wie so manche europäische Grossbank im vergangenen Jahr allen Mitarbeitern zusammen an Sonderzahlungen ausschüttete. Nach Gross' unrühmlichem Abschied von der Allianz-Tochter und dem kürzlich vollzogenen Neuanfang beim kalifornischen Investmenthaus Janus Capital schlägt der Amerikaner nun umsichtigere Töne an. Es scheint gar, als sorge er sich um das Wohl der Menschen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Gross: Realwirtschaft wird verkommt zum Mauerblümchen

In seinem jetzt veröffentlichten Investmentausblick widmet sich Gross dem Schicksal der jüngeren Generation: Wie wollen Notenbanken und Regierungen rechtfertigen, dass die Rente eines 30-Jährigen in seinem Ruhestand nur noch halb so viel wert sein wird wie heute, fragt er. Oder gar nur ein Drittel, sollte die Inflation in den kommenden Jahren höher als erwartet ausfallen.

Einer der grössten Stars der Geldbranche der vergangenen Jahre offenbart seine vermeintliche soziale Ader: Denn während die Finanzwirtschaft wachse und gedeihe, führe die reale Wirtschaft zunehmend ein Mauerblümchendasein, schreibt er. Die Notenbanken stünden vor der entscheidenden Frage, wie sie etwas Inflation herbeiführen könnten.

«Löhne stagnieren seit Jahren»

Steigende Preise seien allein schon deshalb nötig, um die Zinslast ganzer Volkswirtschaften zu lindern, beschreibt Gross das Dilemma. Problematisch: Die hohe Liquidität der Zentralbanken habe nichts bewirkt. «Die Preise sind zwar gestiegen – aber eben die falschen Preise.» So sei etwa der Kurs der Alibaba-Aktie nach dem Börsengang «geradezu explodiert, während die Reallöhne seit Jahren stagnieren».

Gross sieht vor allem die Regierungen in den entwickelten Staaten rund um den Globus in der Pflicht – weniger die grossen Notenbanken: «Solange staatliche Defizite als Fluch gelten und der Fokus auf ausgeglichene Haushalte liegt, ist die Deflation eine ernste Gefahr für das Wachstum der Weltwirtschaft.»

Bonus-König Gross fordert spendablere Regierungen

Gross ergreift also Partei für einen spendablem Kurs mit höheren staatlichen Ausgaben, um die grassierende Arbeitslosigkeit in vielen Ländern zu bekämpfen. Angesichts der hohen Schulden – in Europa und in den USA sind die öffentlichen Verbindlichkeiten inzwischen vielerorts ähnlich hoch wie die jährliche Wirtschaftskraft – ist das sicher ein schweres Unterfangen. Aber leichte Worte für einen Mann mit einem 300-Millionen-Bonus.