Der Automobilmarkt kennt heute über ein Dutzend Baureihen, die mit E-Motoren voll elektrisch unterwegs sind. Per Ende 2014 war der Tesla S in der Schweiz Marktführer vor dem BMW i3. Es sind zwei E-Autos, die konzeptionell kaum unterschiedlicher sein könnten. Hier der BMW i3, der allein kraft seiner Herkunft signalisiert, modern und kompetent zu sein. Dort der Tesla S - jener It-Car also, mit dem das eigentlich autobranchenfremde Enfant terrible Elon Musk seit über drei Jahren die Autobranche erschreckt. Es ist an der Zeit, die so ungleichen Gegenspieler zu vergleichen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Preis

Mindestens 76'300 Franken ruft Tesla für ein Model S auf. Mit mindestens 36'800 Franken ist der i3 alles andere billig, aber halb so kostenintensiv wie der Tesla. Umfangreiche Aufpreislisten gibt es bei beiden Autos, doch das i3-Package wirkt insgesamt überzeugender. Punkt für BMW.

Stückzahlen

Im ersten Halbjahr 2015 konnte Tesla in der Schweiz 638 Einheiten vom Model S absetzen - mehr als im gesamten Vorjahr, was die Baureihe hierzulande erstmals zur erfolgreichsten Oberklasse-Limousine macht. Diese liegt damit klar vor dem BMW i3, von dem im gleichen Zeitraum nur gerade 415 Exemplare verkauft wurden. Punkt für Tesla.

Karosserie

Der BMW verfügt ebenfalls über eine markante Optik, die weniger auf Eleganz als vielmehr das Anderssein setzt: Während sich die bullige Front noch um Harmonie bemüht, sind die Seiten- und Heckpartien mindestens gewöhnungsbedürftig. Vor allem die i3-Rückseite verdiente sich bei allen von uns Befragten das Prädikat «unästhetisch». Hier punktet klar der Tesla: Der Amerikaner setzt auf ein harmonisches, sauber verarbeitetes Fliessheck. Punkt für Tesla.

Interieur

Innen sieht es ähnlich aus - hier eine Limo-artige Kabine mit Bling-Faktor, dort ein Kompaktwagen-artiges Häuschen mit bewusst sichtbaren Recycling-Materialien. Der viersitzige i3 setzt auf einen Mix traditioneller und neuer Elemente, die etwas intuitiver bedienbar, viel ergonomischer, wertiger und deshalb überzeugender sind. Punkt für BMW.

Platzverhältnisse

Klar, der Amerikaner bietet mehr Oberklasse-Raum, vor allem in der Breite. Hinten sitzt es sich bequem, das gilt aber auch für den BMW. Mit knapp fünf Meter Länge ist der mindestens fünfsitzige Tesla ein rechter Lulatsch, während die Abmessungen des exakt vier Meter langen Kompakt-Deutschen in der Stadt von Vorteil sind, ohne den Sitzkomfort stark zu schmälern. Beim Stauraum sieht das anders aus: 140 respektive 735 bis 1640 Liter in beiden Kofferräumen des Model S, 260 bis 1100 Liter im Heck des i3. Schwer vergleichbar, also: Patt.

Antrieb

BMW setzt beim 1200 Kilo schweren i3 auf eine speziell entwickelte Lithium-Ionen-Hochvolt-Batterie mit maximal 125 kW, wahlweise kommt ein Range Extender dazu (inklusive 0,65-Liter-Zweizylinder mit 34 PS / 25 kW). Tesla bietet ausschliesslich E-Power an (ebenfalls Lithium-Ionen, allerdings in Form von über 8000 Laptop-Zellen). Insgesamt ist das i-Konzept mit Karbonkarosserie, Alu-Chassis, Unterflur-Antriebsanordnung (die hat Tesla auch) und möglicher Verlängerung der Reichweite stimmiger, deshalb: Punkt für BMW.

Fahrleistungen

Wer im Tesla S zum ersten Mal den rechten Fuss ganz durchdrückt, dürfte geschockt sein: Das Auto beschleunigt mit unglaublicher Wucht –  besonders wenn man die 515 kW (700 PS) starke Topversion P85D in 3,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h bewegt. Doch auch der BMW i3 (125 kW, 0–100 in 7,2 Sekunden) eignet sich bestens, um Elektroauto-Kritiker verstummen zu lassen: Seine Daten wirken vergleichsweise bescheiden, doch die verfügbare Kraft muss man erlebt haben. Zudem empfanden wir das  Zusammenspiel von Fahrwerk, Lenkung und Bremsen im i3 als harmonischer als beim Tesla – die Freude am Fahren bleibt. Punkt für BMW.

Reichweite

Über 500 Kilometer mit einer Batterieladung – dieses Tesla-Argument ist schwer zu schlagen, aber stimmt es noch, wenn man bei Minustemperaturen durch die Berge kurvt? Den entsprechenden Belastungstest müssen wir aktuell leider schuldig bleiben, doch das US-Unternehmen kontert mit acht Jahren Garantie auf Batterie (Funktion, nicht Kapazitätsverlust) und Antrieb (BMW: genauso lange, aber nur für die Batterie). Tesla-eigene Schnellladestationen gibt es in der Schweiz aktuell ein gutes halbes Dutzend. Dort ist das Laden für Model-S-Besitzer kostenlos, in 30 Minuten sind  über 50 Prozent Reichweite regeneriert. Dies zeugt von Engagement, doch abseits täglicher Routen ist man schlecht bedient. Was sich ändern dürfte, wenn die Zahl der Stationen steigt, was abzuwarten ist. Die bis zu 190 rein elektrischen  Kilometer im BMW klingen da realistischer (Ladezeit: mit DC unter einer Stunde, Wallbox fünfeinhalb Stunden, Steckdose über acht Stunden), überzeugen können sie aber kaum. Und deshalb,  auch wenn Skepsis bleibt: Punkt für Tesla.

Fazit 

Ein knapper 5-zu-4-Sieg für BMW,  ohne dabei näher auf Faktoren wie Produktionsenergieaufwand oder Nachhaltigkeit eingegangen zu sein. Auch die Daseinsberechtigung beider Autos muss  hinterfragt werden: Das E-Auto eines Herstellers, der gleichzeitig V8-Boliden mit über 570 PS sowie die Marke Rolls-Royce anbietet, frisiert nicht zuletzt die hauseigene CO 2 -Bilanz. Das Trendmobil von Tesla nährt dagegen den Börsenwert  einer staatlich subventionierten Start-up-Firma, die immer noch defizitär ist.

In der ursprünglichen Textversion hatten wir geschrieben, dass Tesla ausschliesslich E-Power in Form von über 80'000 Laptop-Zellen anbietet. Tatsächlich sind es 8000 Zellen, wir bitten den Fehler zu entschuldigen.