Was er anfasst, wird sprichwörtlich zu Gold: Masahiko Kimura, ein 82-jähriger Japaner, ist der Superstar der Bonsai-Künstler. Sein berühmtestes Werk ist eine Miniaturlandschaft, bestehend aus zwei ineinander verklebten Schieferplatten, aus denen eine Hanoki-Zypresse und ein Chinesischer Wacholder wachsen.
Kimura ist ein wahrer Bonsai-Künstler und seine Designs sind weltweit so gefragt, dass ihm Bonsai-Gestalter reihenweise die Tür einrennen. In Bonsai-Kreisen hält sich etwa das Gerücht, dass ein wohlhabender Sammler einmal einen Rolls-Royce vor Kimuras Tür abstellte.
Im Gegenzug sollte Kimura den Bonsai des Sammlers bearbeiten.
Denn bei Bonsais ist es wie bei Kunstwerken: Je berühmter der «Erschaffer», desto höher der Wert.
Übersetzt heisst das japanische Wort «Bon-Sai» Baum in der Schale. Dabei stammt die Bonsai-Kunst aus China, so sagt es zumindest die Überlieferung: Schon seit 200 nach Christus kreieren Chinesen Landschaften in Miniaturform, genannt Penjing. Seit dem zwölften Jahrhundert üben sich die Japaner darin, Miniaturbäume zu züchten.
Bonsais sind Kunstwerke. Und hier gilt:Je berühmter der «Erschaffer», desto höher der Wert.
Übersetzt heisst das japanische Wort «Bon-Sai» Baum in der Schale. Dabei stammt die Bonsai-Kunst aus China – so sagt es zumindest die Überlieferung.
Bonsais sind keine Zwergbäume, die einfach klein bleiben. Sie müssen vielmehr klein und in Form gehalten werden. Das erfordert nicht nur tägliche Arbeit, sondern vor allem auch viel Können. Die teuren Sammlerstücke mit einem Wert von mehreren Millionen Franken gibt es nur in Japan und China. Aber auch in der Schweiz lässt sich Geld ausgeben: Die Firma Zulauf etwa hat einen siebzig Jahre alten Bonsai aus Japan im Sortiment – für 48 000 Franken.
Damit der Baum gut gedeiht, gibt es einiges zu beachten. In Japan gibt es sogar eigens Bonsai-Pfleger. Diese agieren wie eine Art Vermögensverwalter: Sie kümmern sich um den Baum und sorgen dafür, dass sich die Investition rentiert.
Sie haben das Handwerk inzwischen so weit perfektioniert, dass ihnen Expertinnen weltweit bescheinigen, sie würden schon mit einem grünen Daumen zur Welt kommen.
Nicht nur Hobby, sondern Kunstwerke
Theoretisch kann aus jeder Baumart ein Bonsai gestaltet werden, besonders gut eignen sich Ulmen, Wacholder, Olivenbäume und Kiefern. Sie haben verholzte Stämme, kleine Blätter beziehungsweise Nadeln und bilden Äste aus – also ideal für ein Bonsai-Kunstwerk. Dabei sind Bonsais keine Zwergbäume, die einfach klein bleiben.
Sie müssen vielmehr klein und in Form gehalten werden. Das erfordert nicht nur tägliche Arbeit, sondern vor allem auch viel Können. Die Schale sorgt dafür, dass sich die Wurzeln nicht zu stark ausbreiten und der Baum nur wenig Nährstoffe aufnimmt. Der kleinste Bonsai der Welt ist nur drei Zentimeter hoch, der höchste zwei Meter.
So viel Aufwand hat seinen Preis: Mitunter kann der Wert der Bäume ins Unermessliche steigen, Sammlermodelle im fünf- bis sechsstelligen Preisbereich sind keine Ausnahme. Das Wertvolle an den Bäumen: Sie sind Kunst. Und Kunst liegt nun einmal im Auge des Betrachters.
Wann ein Baum viel wert ist, hängt zwar von ein paar basalen Parametern ab – zum Beispiel von der Gesundheit der Pflanze und ihrem Alter. Aber richtig wertvoll wird ein Bonsai erst, wenn er etwas Besonderes hat: eine spezielle Form, einen berühmten Bonsai-Künstler als Erschaffer, ein hohes Alter.
Auch historische Schalen aus China und Japan können den Preis hochtreiben.
In Japan gibt es sogar Bonsai-Pfleger, die wie eine Art Vermögensverwalter agieren: Sie kümmern sich darum, dass der Baum gut gedeiht, und sorgen dafür, dass die Investition lohnend bleibt. «Die reichen Besitzer und Besitzerinnen stellen ihren Baum höchstens für Familienfeste aus, bei einer Geburtstagsparty zum Beispiel», sagt Marcel Sallin, Präsident der Vereinigung Schweizer Bonsai- und Suiseki-Freunde.
Rund 500 Bonsai-Liebhaber sind hier organisiert. «In Europa gibt es sowas meines Wissens nicht.» Dennoch bieten einige Bonsai-Zentren eine Pflanzenpflege in abgespeckter Form an.
Die Mitglieder der Schweizer Vereinigung nehmen ihre Leidenschaft dennoch ernst: «Das ist nicht nur ein bisschen Hobby, sondern wir ziehen richtige Kunstwerke», sagt Sallin. Und diese Kunstwerke sind einiges Wert: Einige Vereinsmitglieder haben Bonsai im Wert von 2000 bis 10 000 Franken zu Hause stehen.
Ein beliebtes Diebesgut, wie Sallin erzählt: «Die Diebe brechen nachts ein und klauen die Bonsais.» Deshalb müssen sie gut gesichert werden – und Bonsais lassen sich nicht im Tresor verstecken. «Ich habe mal in Australien in einer Bonsai-Gärtnerei gearbeitet, die hatten Deutsche Schäferhunde zum Alarmschlagen», sagt Sallin. Auch Lichtschranken sind beliebt, um Diebe abzuschrecken.
Mädchenhaarkiefer für 48 000 Franken
Noch exklusiver geht es auf dem Bonsai-Markt in Fernost zu. «Einen Markt für die ganz teuren Sammlerstücke, und hier sprechen wir von 100 000 bis mehrere Millionen Franken, gibt es nur in Japan selbst, teilweise neuerdings auch in China», sagt Johannes Zulauf, Co-Geschäftsführer der Zulauf AG.
Die Familie Zulauf ist in Bonsai-Kreisen sehr weit über die Landesgrenze hinaus bekannt: Sie haben nicht nur ein Bonsai-Center mit rund 6000 Exemplaren – der teuerste ist übrigens eine Mädchenhaarkiefer für 48 000 Franken –, sondern haben sich über viele Jahrzehnte in der Szene etabliert.
Der Vater der heutigen Firmeninhaber, Hermann Zulauf, importierte schon 1977 Bonsais aus Japan – und war somit einer der Ersten in Europa, der professionell ins Bonsai-Geschäft einstieg. Die Familie pflegt beste Kontakte nach Japan. So war beispielsweise die teure Mädchenhaarkiefer «mindestens siebzig Jahre alt, als wir sie in Japan gekauft haben, und wurde entsprechend lange geformt, gepflegt und gehegt», sagt Zulauf.
Die japanischen Sammlerstücke sind deshalb so wertvoll, weil namhafte Bonsai-Künstler oder -Künstlerinnen sie jahrelang gestaltet haben. «Anschliessend verändert sich der innere Wert des Baumes nicht mehr, ausser er würde komplett umgestaltet, wiederum durch einen berühmten Bonsai-Gestalter», sagt Zulauf.
«Die laufenden Pflegemassnahmen sind darauf ausgerichtet, den Baum und dessen Gestalt und somit seine Form und seinen Wert zu erhalten.» Der Wert steigt also nicht per se, sondern allenfalls durch eine erhöhte Nachfrage von Sammelnden. Und: Wer den Baum nicht nahezu täglich giesst, riskiert den Wert seiner Geldanlage.
Der Baum kann bei der kleinsten Unachtsamkeit sterben – dann ist das Geld futsch.
Eine Herausforderung für Sammler und Sammlerinnen in der Schweiz: Ausserhalb Japans sind nur sehr wenige Bonsais zu finden, die sich als Geldanlage eignen würden. Das liegt daran, dass Pflanzen aufgrund strenger phytosanitärer Vorschriften nicht einfach nach Japan eingeführt werden dürfen.
Einen Meister wie Kimura an das eigene Bäumchen zu lassen, ist also nur dann möglich, wenn die Pflanze schon in Japan ist.
Aus Japan importierte Wertanlage
Wer dennoch in die Bonsai-Kunst einsteigen will, hat zwei Möglichkeiten: «Entweder man kauft sich einen oder mehrere fertig gestaltete Bonsai-Pflanzen, die aus Japan importiert wurden und eignet sich das nötige Know-how für die Pflege der Pflanzen an», erklärt Zulauf. Oder man startet mit einem sogenannten Rohling, also einem jungen, ungeformten Baum.
Den muss man aber über viele Jahre heranziehen, Gestaltungs-Workshops besuchen, das Kunsthandwerk der Bonsai-Gestaltung von Grund auf lernen. «Im besten Fall kann man nach zehn bis zwanzig Jahren einen kleinen Jung-Bonsai sein Eigen nennen», sagt Zulauf. Bei dieser Variante ist der Bonsai allerdings eher als Hobby geeignet statt als Wertanlage.
Die kleinen Bäumchen nicht nur am Leben zu halten, sondern ihren Wert zu steigern, ist eine Kunst für sich. Regelmässig giessen, umtopfen und düngen ist die Basis für eine gesunde Pflanze. Spannend wird es bei der Form – und die ist es, die Bonsais so toll aussehen lässt: «Wachsen lassen, richtig zurückschneiden und, wenn nötig, die Äste mit Draht in die richtige Position bringen.
Bevor der Draht aber einwächst, muss dieser entfernt werden. Das ist eine Unterstützungs- und keine Zwangsmassnahme», sagt Vereinspräsident Sallin. Und hier zeigt sich wieder, dass die Bonsai-Zucht eine Kunstform ist: Pflanzenfreunde können ihrer Kreativität freien Lauf lassen – auch wenn sie nicht Meister Kimura aus Japan sind.