Nichts weniger als die Wahrheit verspricht die Zeitung. In zwei Artikeln über insgesamt dreieinhalb Seiten sollen die Leser von «China Daily» alles über «die Lügen von Xinjiang» erfahren. Zumindest den ersten Teil. Der zweite Teil des Berichts, der klarstellen will, dass es in China keine unterdrückten Uiguren gibt, erscheint in der Woche darauf. Nur dann wohl nicht mehr bei Coop.

Noch am Wochenende lag die Staatszeitung prominent in der Kioskauslage. Darauf angesprochen, handelte der Detailhändler. Vermutlich noch bevor die Antwort auf die Medienanfrage der «Handelszeitung» geschrieben war, liess Coop die Zeitungen entfernen.

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Die Auswahl der aufliegenden Titel erfolge durch einen Zwischenhändler, sagt Sprecher Andrea Luca Ruberti auf die Frage, ob Coop keine Bedenken habe, eine Staatszeitung mit propagandistischen Inhalten zu verkaufen. «In diesem konkreten Fall haben wir uns dazu entschieden, die Zeitung nach Rücksprache mit dem Pressegrosshändler aus unserem Sortiment zu nehmen.»

China Daily

Freundliches China: Die Website von «China Daily».

Quelle: Screenshot

Beim Händler handelt es sich um die frühere Valora-Tochter 7Days Media. Offenbar war die Zeitung zwei Wochen lang an zwei Kiosken erhältlich.

Keine Bedenken hat Konkurrentin Valora (K Kiosk). Derzeit habe man «China Daily» an neun Verkaufsstellen im Sortiment, schreibt die Medienstelle. Man verhalte sich neutral und übernehme das Sortiment des Grosshändlers 7Days Media. «Es werden nur Titel geführt, die den geltenden Gesetzen entsprechen und die verkäuflich sind.»

Angriff auf die Kritiker Chinas

In der aktuellen Ausgabe stellt «China Daily» kritische Berichte über die Zustände in der Uiguren-Provinz als vom US-Geheimdienst fabrizierte Lügengebilde dar. Zeugen werden in Anführungszeichen gesetzt, der deutsche Forscher Adrian Zenz, der bereits 2018 auf die Existenz von Umerziehungslagern verwiesen hat, wird frontal angegriffen und als rechtsextremer, christlicher Fundamentalist verunglimpft.

China investiert seit einigen Jahren viel Geld in Kampagnen, um sein eigenes Narrativ der chinesischen Politik zu verbreiten. So kaufte sich «China Daily» bis 2020 Platz in Zeitungen wie der «Washington Post» und dem «Economist», um eigene Texte zu platzieren.

Auch in der Schweiz gaben Pressedeals zu reden. Sei es eine gekaufte Beilage in der «Luzerner Zeitung» oder mutmasslich gesponserte Kolumnen des chinesischen Botschafters Geng Wenbing in der «Weltwoche» – beides 2019.

Coop und Valora betonen, für die Platzierung von «China Daily» in den eigenen Regalen keine Zahlungen erhalten zu haben, die über eine übliche Marge hinausgehen.

Michael Heim Handelszeitung
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