Griechenlands neuer Finanzminister Euklid Tsakalotos gilt als ruhig, bescheiden und guter Zuhörer. Auch tritt der 55-Jährige deutlich unauffälliger auf, als sein streitlustiger Motorrad fahrender Vorgänger Yanis Varoufakis. Doch das heisst noch lange nicht, dass die internationalen Gläubiger bei Verhandlungen über neue Hilfen und Vorschläge zur Lösung der Schuldenkrise zwangsläufig mit mehr Entgegenkommen rechnen dürfen.

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Tsakalotos koordinierte für Griechenland bereits die langwierigen Gespräche, die keinen Durchbruch brachten. Jetzt dürfte er noch mehr versuchen, eine der umstrittensten Forderungen seiner Regierung auf den Tisch zu bringen und durchzudrücken: die nach einer Schuldenerleichterung.

Er sei nervös

Voraussichtlich schon an diesem Dienstag werden die Finanzminister der Euro-Zone nach dem «Nein» der Griechen im Referendum zu den Spar- und Reformvorschlägen der Gläubiger sich einen Eindruck machen können von ihrem neuen Kollegen. Er sei nervös, denn er trete sein Amt nicht in leichten Zeiten an, sagte Tsakalotos nach seiner Vereidigung am Montag. Aber er wolle Gespräche fortsetzen, die zu etwas Besseren führten «für all diese Menschen, die so viel gelitten haben.»

Der im niederländischen Rotterdam geborene Ökonom, der 1989 in Oxford seinen Doktor machte, hat den Ruf, für die Integration in die Europäische Union einzutreten, aber strikt gegen kapitalistische Prinzipien zu sein. Wie Varoufakis hat er häufig Demokratiedefizite in Europa beklagt und argumentiert, dass die auferlegten Sparmassnahmen eine unnötige Verarmung Griechenlands bewirkt hätten. «Die Europäische Währungsunion hat einen Bruch zwischen dem Kern und der Peripherie geschaffen, und die Beziehungen zwischen den beiden sind hierarchisch und diskriminierend», schrieb er in einem Beitrag für die sozialistische Gruppe AWL in Grossbritannien.

Studentenproteste

Vor seiner Politikerlaufbahn machte sich Tsakalotos als Akademiker einen Namen. Nach seiner Rückkehr nach Griechenland trat er eine Professur an der Wirtschaftsuniversität Athen an. Dort führte er seine Studenten vor fast einem Jahrzehnt in monatelange Proteste gegen eine geplante Reform des Bildungswesens.

Bei Demonstrationen marschierte er mit an der Spitze, erinnert sich der Buchhalter Thanos Tsouknidas, der ihn damals kannte. Seine aktive Rolle machte Tsakalotos beliebt. Seine Kurse waren stets rappelvoll, sagt sein ehemaliger Student Vassilis Alevromitis. Für gelegentliche Lacher habe der britische Akzent des Professors gesorgt.

2012 ins Parlament gewählt

Tsakalotos trat der Lehrergewerkschaft bei und kam mit der linksgerichteten Syriza in Kontakt. Im Mai 2012 wurde er erstmals ins Parlament gewählt. Im Januar 2015 wurde er wiedergewählt, als Tsipras an die Macht kam. Tsakalotos drängte den neuen Regierungschef dazu, sich mit anderen linken Gruppen in Europa zu verbünden. Etwa Podemos in Spanien, aber auch die irisch-republikanische Sinn Fein.

Für Griechenland schwebt Tsakalotos eine Schuldenerleichterung vor. Er könne sich auf der Stelle zehn bis 15 Lösungen vorstellen, wie dies erreicht werden könnte, sagte er in einem Reuters-Interview. Allerdings nur, wenn die Politik guten Willen zeige. Wie weit Tsakalotos mit seinen Vorstellungen kommt, hängt nicht zuletzt von seinem Verhandlungsgeschick ab. Dieses sei sehr hoch, sagen Weggefährten, wie Panicos Demetriades, der einst für Zypern im Rat der Europäischen Zentralbank saß und Tsakalotos aus Großbritannien kennt.

(reuters/ccr)