Wen hat Donald Trump auf Twitter nicht schon alles verunglimpft. General Motors, Ford und weitere Firmen, Richter, Medien und Politiker. Doch nun ist der US-Präsident aus dem Weissen Haus heraus erstmals für die Firma eines Familienmitglieds, seiner Tochter Ivanka, in die Bresche gesprungen. Das offenbart einmal mehr, dass Trump keine klaren Grenzen zwischen Politik, Unternehmertum und Privatem zieht - und alarmiert Experten.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

«Meine Tochter wurde von Nordstrom so unfair behandelt», polterte Trump am Mittwoch in dem Internetdienst. «Sie ist ein grossartiger Mensch - sie bringt mich immer dazu, die richtigen Dinge zu tun! Schrecklich!»

Um sich das grösstmögliche Echo zu sichern, veröffentlichte Trump diese Einlassungen nicht nur auf seinem eigenen Konto, sondern auch auf dem offiziellen Twitter-Auftritt der US-Präsidentschaft.

Schwindender Umsatz als Begründung

Trump prangerte mit seinen Tweets die Entscheidung der Kaufhauskette Nordstrom an, die Modekollektion seiner Tochter Ivanka aus dem Sortiment zu nehmen. Das Unternehmen tat dies nach eigenen Angaben deshalb, weil sich Ivankas Taschen, Schuhe und Kleider nicht mehr so gut verkauften. 

Vor allem in der zweiten Hälfte 2016 schmolz der Umsatz. Ansonsten habe Nordstrom aber eine «grossartige Beziehung» zur Firma von Trumps Tochter.

Für Familie einstehen

Trumps Sprecher Sean Spicer verteidigte Trumps Äusserungen. Dem Präsidenten sei es lediglich darum gegangen, für ein Familienmitglied einzustehen, das «verunglimpft» worden sei. Es gebe «eindeutige Anstrengungen», die Marke von Ivanka Trump aus politischen Motiven zu beschädigen, sagte er. Trump habe das Recht, sich dazu zu äussern und seine Familie zu verteidigen.

Am Donnerstag legte Präsidentenberaterin Kellyanne Conway mit einem unverhohlenen Werbeaufruf für Ivanka Trump nach. «Geht und kauft Ivanka-Sachen!», appellierte die Spitzenberaterin während eines Interviews an das Fernsehpublikum.

Aufrufe zum Boykott

Die Kette Nordstrom, die mit mehreren hundert Geschäften in den USA und Kanada vertreten ist, sieht sich tatsächlich mit Aufrufen zum Boykott der Trump-Firmen konfrontiert. 

Die Initiative #GrabYourWallet (Greif dein Portemonnaie) - eine ironische Anspielung auf Trumps Frauen-Prahlereien - listet derzeit dutzende Firmen auf, die zum Trump-Imperium gehören oder Produkte der Familie verkaufen. Darunter sind Hotels, die Handelsketten Macy's und Bloomingdale's, das Portal Amazon und die rechtsgerichtete Medienseite «Breitbart».

Firmen unter Druck

Die Aufregung zeigt, unter welch hohem Druck die US-Firmen dieser Tage stehen. Der «New York Times» zufolge wies der Handelskonzern TJX kürzlich seine Mitarbeiter an, Ivanka Trumps Werbeschilder zu entfernen und die Produkte nicht separat auszustellen. 

Mehrere Designer weigerten sich bereits, die First Lady Melania einzukleiden. Grosskonzerne wie Pepsi und Budweiser stehen von beiden Seiten unter Beschuss.

Immenser Interessenkonflikt

Die hitzige Debatte offenbart aber auch die immensen Interessenkonflikte zwischen Trump als Präsident und Trump als Vertreter eines ganzen Unternehmerclans. Zwar übertrug er die Leitung seines Immobilienimperiums an zwei seiner Söhne, er behielt aber seine Anteile an der Trump Organization.

Den ranghohen Posten für die Business-Verteidigung seiner Tochter zu nutzen, sei «unvereinbar mit den ethischen Verpflichtungen eines öffentlichen Regierungsvertreters», findet Richard Briffault, Experte für Regierungsethik an der Columbia Law School. «Das lässt darauf schliessen, dass er die Konsequenz daraus, dass er der wichtigste Vertreter im ganzen Land ist, nicht vollkommen verinnerlicht hat.»

Nicht persönlich bereichern

Regierungsvertretern sei es schlicht untersagt, ihr Amt für persönliche Bereicherung zu nutzen, führt Briffault aus. Schliesslich könnte jede öffentliche Äusserung eines amtierenden Präsidenten als Versuch gewertet werden, Firmenentscheidungen zu beeinflussen. «Es scheint, als nutze er seine Position, um die Geschäftsinteressen eines Familienmitglieds zu fördern», sagt Briffault über Trump.

Ihre Wirkung verfehlen die Tweets nicht. Unter der Kritik aus dem Weissen Haus litten unter anderem die Aktien der Firmen Lockheed und Boeing. Nordstrom hingegen schloss am Mittwoch deutlich im Plus.

(sda/ccr)