Können Ausfuhren zu hoch sein? So hoch, dass sie den Wohlstand einer Exportnation gefährden? Professor Hans-Werner Sinn, Präsident des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (Ifo), meint Ja. Mit seiner These vom «pathologischen Exportboom» widerspricht Sinn der verbreiteten Auffassung, das Lohnniveau könne gar nicht zu hoch sein, solange es von entsprechenden Produktivitätsfortschritten getragen werde. Die deutschen Exporte nähmen nicht trotz, sondern wegen der hohen Löhne derart schnell zu, argumentiert der Professor aus München: «Aus dem gleichen Grund schrumpfen die Binnensektoren, das Wachstum lahmt, und die Arbeitslosigkeit steigt. Von einer Verbesserung der internationalen Arbeitsteilung», so Hans-Werner Sinn, «kann nicht die Rede sein.»

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Hintergrund der Debatte bildet der globalisierungsbedingte Trend zum Outsourcing. Die damit verbundene Verringerung der Fertigungstiefe in der heimischen Industrie zu Gunsten einer vermehrten Vorproduktion im Ausland bezeichnet der Ifo-Präsident als «Basarökonomie». Gekennzeichnet sei diese durch eine Spezialisierung auf Downstream-Aktivitäten (Endmontage, Distribution) bei gleichzeitiger Verdrängung von Upstream-Aktivitäten (Halbfabrikate, Vorleistungen). Eindringlich warnt Sinn deshalb vor der Gefahr einer «industriellen Kernschmelze», verbunden mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit.

Koppelt sich ein boomender Exportsektor von der Gesamtwirtschaft ab, können die freigesetzten Arbeitskräfte nicht in genügender Zahl von anderen Wirtschaftssektoren absorbiert werden. Bei festgefahrenen Lohnstrukturen, empfiehlt deshalb Professor Michael Schmid von der Uni Bamberg, sollte ein Land «auf Aussenhandel verzichten und besser in Autarkie verharren».