Wer Trump im Wahlkampf 2016 beobachtet, könnte der sich nicht sofort vorstellen, wie Donald als Schuljunge mit Radiergummis wirft? Und mit Tortenstücken? Hat er wirklich. «Donald Trump ist eine extrem emotionale Person mit erratischem Verhalten - auch, wenn er sich jedem anderen Menschen auf der Erde überlegen fühlt. Diese Eigenschaften lassen mich die Aussicht auf eine Präsidentschaft Trumps fürchten.» Das sagt Michael D'Antonio im Interview der Nachrichtenagentur dpa. Seine Trump-Biografie erscheint zu Trumps 70. Geburtstag an diesem Dienstag auf Deutsch.

Für Trump- oder Politikinteressierte ist dieses Buch ein Geschenk, für das Geburtstagskind eher nicht. In bester angelsächsischer Schreibtradition webt D'Antonio eingängig und in grösser Sorgfalt das präzise, dichte, quellenreiche und einprägsame Bild eines eigentlich Unpolitischen, eines Egomanen und Materialisten.

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Eine Persönlichkeit wie ein Film

«Seine Persönlichkeit ist so extrem, dass ihm zuzusehen so ist, als würde man einen Film anschauen», sagt D'Antonio, der früher Journalist war. Das mache es vielen sehr leicht, sich in Trump wiederzufinden. Trump glaube fest daran, wegen seiner genetischen Ausstattung viele Dinge viel besser als andere zu können.

Donald Trump, Sohn des New Yorker Baulöwen Fred Trump, war kein einfaches Kind: riesiger Hunger nach Aufmerksamkeit, unbeherrscht, empfindlich. Was D'Antonio von Schulen, Unis und Wegbegleitern Trumps zusammengetragen hat, ist sehr erhellend, ermöglicht die Ableitung heutiger Verhaltensmuster. Allein zwei Zitate von Vater Fred an die Adresse des Sohnes: «Du bist ein König.» Und: «Sei ein Killer.»

Donald wird später sagen: «Die Show heisst Trump, und sie ist überall ausverkauft.» Früh schrieb die «Vanity Fair»: «Donald glaubt an die Theorie der grossen Lüge. Wenn man etwas immer wieder und wieder sagt, glauben einem die Leute irgendwann.» Parallelen zum Wahlkampf 2016, in dem Trump Fakten beharrlich negiert?

«Er wollte immer ganz, ganz vorne sein»

Früh findet Donald, dass der Name Trump alles wertvoller mache. Kombiniert mit dem Erleben eigener Grossartigkeit mündet das letztlich in die Bewerbung um das mächtigste weltliche Amt, das man anstreben kann.

D'Antonio: «Er wollte immer ganz, ganz vorne sein. Als er sich entschied anzutreten, meinte er das vollkommen ernst. Er hat mir 2013 von seinen Absichten erzählt, und ich habe ihm geglaubt.» Nun wolle er mit Amerika zurück in die 50er Jahre, sei doch damals seiner Ansicht nach alles besser gewesen.

Der Mensch als Marke

Trump - Nichtraucher, kein Alkohol, keine Drogen, die sehr aufrechte Körperhaltung aus der Militärschule, konsequenter Nichtleser und Nachrichtenjunkie - werde von unendlichem Ehrgeiz getrieben. «Für ihn dreht sich allem ums Bekommen, nicht ums Haben», sagt D'Antonio. «Ein enormer Ehrgeiz, der wenig Raum lässt für andere Charakterzüge.» Zitat aus dem Buch: «Im Herbst seines Lebens bleibt Trump seinen leidenschaftlich verfolgten Zielen treu: Kämpfen, Konsumieren und dem Planeten seinen Namen aufdrücken.»

Der Mensch Trump scheint von der Marke Trump nicht zu lösen. Er ist schon jetzt einer der bekanntesten Menschen der Welt. Wer so denkt, baut sich in der Konsequenz eine Boeing 737 zum Privatflieger um (43 Plätze, normalerweise mehr als 200). Wird befeuert vom sehr amerikanischen Ehrgeiz, ein Imperium formen zu wollen. Lebt in einer harten, virilen, autoritären Welt, in der Frauen eher dekorativen Charakter haben.

Immer energiegeladen, existiert er seit frühen Jahren in einer engen Wirtsbeziehung zu den US-Medien, erst recht als Fernsehstar und Schwerreicher. Den Trennungen von seinen Frauen folgten «Sturzfluten der Berichterstattung».

Niemals eine Glatze

«Ich habe für mich selbst ein Comicbuch geschrieben, und das Leben darin gefällt mir sehr», sagt Trump. Viele Stunden hat D'Antonio mit ihm gesprochen. Es ist sehr interessant, dass er wie auch andere Interviewer den öffentlich so ungehobelten Trump auch als nachdenklich erlebt, als sehr charmant und freundlich.

Warum dieser Bruch zur öffentlichen Person? D'Antonio: «Schein und Image sind alles. Trump reflektiert damit auch ein amerikanisches Grundmuster.» Auch für Trumps emblematischen Haarhelm (D'Antonio: «Zuckerbäckerstil») hat die Biografie eine feine Erklärung. Einem Weggefährten vertraut Trump an: «Für einen Mann ist nichts Schlimmeres vorstellbar, als sich damit abzufinden, eine Glatze zu bekommen. Sehen Sie zu, dass Sie niemals kahl werden.»

D'Antonio hält Trump für einen geradezu mustergültigen Narziss. Und für ein Kind seiner Zeit: Wichtig seien Oberflächen, Image, Marketing, Prominenz, die mediale Erweiterung des Selbst über soziale Medien. "Er ist unverkennbar einer von uns", so erschreckend das auch sei. Für beide Seiten.

(sda/ccr)