Ein Jahr Obama: Die schweizerisch-amerikanischen Beziehungen im Stresstest

Donald Beyer, der neue US-Botschafter in der Schweiz, musste bei seinem ersten öffentlichen Auftritt gleich seinen Präsidenten verteidigen. Denn noch hat Hoffnungsträger Barack Obama die Erwartungen nicht erfüllt. Kein Wunder, meint sein Botschafter, seit der Ära von Franklin Roosevelt habe kein US-Staatsoberhaupt so riesige Herausforderungen meistern müssen: «Zwei Kriege, die Gesundheitsreform und die grösste Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg.» Die amerikanische Wirtschaft sei zwar noch nicht über den Berg: «Aber wir bewegen uns in die richtige Richtung.»

Nach den Konflikten um Schweizer Bankkundendaten ist nun auf diplomatischer Ebene ganz offensichtlich Apeasement angesagt. Staatssekretär Michael Ambühl lobte den Auftakt der neuen US-Regierung als «vielversprechend». Den grossen Stresstest mit der UBS nahm Ambühl locker. In jeder guten Partnerschaft gebe es ab und an Probleme, die Beziehungen zu den USA seien «exzellent». Ganz Chefdiplomat, freute sich Ambühl, dass Barack Obama in dessen Aussenpolitik ähnliche Prinzipien hochhalte wie die Schweiz: «Multilateral und auf Dialog ausgerichtet.»

Roche-Präsident Franz Humer outete sich als grosser Fan des US-Marktes, schliesslich ist es für seine Firma «der grösste und profitabelste». Als Pharmachef spüre er keine Veränderung unter der neuen, demokratischen Regierung. Bei der Übernahme von Genentech durch Roche sei die Nationalität des Käufers nie eine Frage gewesen: «Es ging – sehr amerikanisch – nur um den Preis.»

Kritischer sieht das Martin Naville, CEO der Swiss-American Chamber of Commerce. Er vermisst Leadership in der Handelspolitik der Regierung Obama, fürchtet statt einer Öffnung stärkere Regulierungen. Die USA seien auf dem Weg von einer populären Nation mit einem unpopulären Präsidenten Bush zu einer unpopulären Nation mit einem populären Präsidenten Obama.
Auf die Frage, wann Obama in die Schweiz komme, meinte US-Botschafter Beyer, das sei zwar ein Ziel: «Aber die Nachfrage aus Russland ist noch etwas stärker.»