Durch Ihre Beteiligung an SoftwareOne sind Sie gerade nach 17 Jahren in unsere BILANZ-Liste der 300 reichsten Schweizer zurückgekehrt, mit einem Vermögen von 500 bis 600 Millionen Franken. Und EY hat Sie kürzlich mit dem «Master Entrepreneur Award» für Ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Was löst das bei Ihnen aus?
Einerseits Freude und Stolz. Aber durch all die Jahre im Geschäft weiss ich auch: Es geht hoch und runter. Man soll beides nicht allzu ernst nehmen. Ich habe übrigens beim Börsengang keine einzige SoftwareOne-Aktie verkauft und habe deshalb noch immer den gleichen Wert wie letztes Jahr – nur an der Börse täglich durch Transaktionen offizialisiert.

Sie waren der wohl erste Serial Entrepreneur der Schweiz – zu einer Zeit, als es diesen Ausdruck noch gar nicht gab.
Ich glaube, ein Gespür zur Entdeckung von neuen Trends zu haben. Da bin ich dann relativ unkompliziert im Anpacken von Möglichkeiten. Aber dann merke ich auch, wenn sich die Chancen verflachen.

Wie viele Firmen haben Sie gegründet?
Gegenwärtig sind wir bei 43 – allein oder meist mit Partnern.

Damit sind Sie in der Schweiz wohl die Nummer eins im Unternehmengründen.
Weiss ich nicht. Ich jage da keine Rekorde.

Die Vielfalt ist gross: Lebensmittel, Medien, Software. Worauf sind Sie besonders stolz?
Auf die Organisation «Tischlein deck dich». Hier konnte ich alle meine Erfahrungen im Lebensmittelhandel für ein gutes Werk bündeln. Wir retten hier einwandfreie Lebensmittel vor der Vernichtung. 3100 Freiwillige verteilen pro Jahr Lebensmittel für 22 Millionen volle Teller an Bedürftige.

Interessant, dass Sie eine soziale Unternehmung als grössten Erfolg nennen.
Für mich standen immer die Mitarbeiter im Zentrum. Dass der Business Roundtable im Sommer in den USA mit 180 Konzernchefs als Pioniertat verkündet hat, ein Unternehmen sei nicht nur zur Gewinnmaximierung da, finde ich lächerlich. Ein solider Schweizer Unternehmer, ausser vielleicht ein Banker, hat immer alle Interessengruppen im Kopf: Kunden, Mitarbeiter, die Gesellschaft, und natürlich gilt dann auch: Der Gewinn muss stimmen. Eine Firma ist kein Sozialwerk. Aber der Mitarbeiter kommt zuerst.

Was zählt noch besonders für Sie?
Die wirklichen Innovationen. Die Import Parfumerie etwa: Als erstes Unternehmen in dieser Branche weltweit haben wir gesagt, wir verzichten auf die branchenüblichen über 40 Prozent Marge und verkaufen Parfum zu billigeren Preisen, schliesslich kamen wir ja im Lebensmittelhandel mit 16 Prozent durch. Wir gewannen in Deutschland einen Kartell-Prozess gegen Jil Sander und bauten in kurzer Zeit in der Schweiz und Österreich 60 Läden auf. Oder die Gründung von LeShop: auch das eine Pioniertat. Wir waren der erste Online-Lebensmittelhändler des Kontinents. Oder die Eröffnung eines Shoppingcenters in Moskau direkt nach der Wende, damals konnte ich mich dort nur mit Bodyguards bewegen. Und schliesslich auch im Zürcher Niederdorf die Dynamisierung eines alten Platzes mit dem historischen Hotel Marktgasse und einer Reihe moderner Läden. Das Hotel galt einst als das verlottertste der Schweiz. Heute ist es ein Juwel in jungem Umfeld.

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Nicht zu vergessen: die Gründung der BILANZ vor 42 Jahren.
Damals las man nur Wirtschaftsnachrichten, keiner wusste, wer die Köpfe hinter den Firmen waren. Das Ziel bei der BILANZ-Gründung war eine Vermenschlichung der Wirtschaft. Wir wollten auch einen gewissen Druck auf die Firmen und ihre Chefs aufbauen. Ich kannte das ja vom «Beobachter», den ich kurz vorher persönlich übernommen hatte. Erst etwas den Finger heben, dann aber auch gegebenenfalls die Faust einsetzen, bis zur Kampagne.

Dirk Schütz
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