Erbrecht, Steuerabzüge, Verkehr: Diese Änderungen kommen im neuen Jahr 2023 auf uns zu

Ende Jahr ist die Zeit der Rück- und Ausblicke. Gewisse Dinge lassen sich besser vorhersagen als andere – auch 2023 wird es schöne und weniger schöne Überraschungen geben. Oder hätten Sie vor einem Jahr mit einem neuen Kalten Krieg gerechnet oder mit so hohen Leitzinsen oder der Implosion der Kryptowährungen und der Tech-Aktien? Was uns nächstes Jahr erwarten könnte, damit hat sich die «Handelszeitung» vor Weihnachten im Makro-Ausblick und im Anlagekompass befasst. Heute aber geht es um jene Dinge, von denen wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit jetzt schon sagen können, dass sie eintreffen – sei es, weil es gesetzlich so festgelegt ist, sei es, weil sie einer Gesetzmässigkeit wie der Demografie folgen. Zum Beispiel weiss man schon jetzt, dass die obligatorischen Krankenkassenprämien durchschnittlich 6,6 Prozent steigen werden. Aber das ist nur eine Änderung von vielen. Beginnen wir mit einem Blick auf die Politik und internationale Themen, bevor es dann um rechtliche Neuerung in der Schweiz und um Technologien geht. Indien überholt China 2023 wird Indien China als das bevölkerungsreichste Land ablösen. China zählte gemäss UNO-Schätzung 2022 1,426 Milliarden Einwohner, aber die Zahl wächst nicht mehr. Wann genau die Spitze erreicht wird oder gar wurde, weiss man nicht genau. Chinas Gesundheitsministerium schätzt, dass die Bevölkerung in den kommenden drei Jahren zu schrumpfen beginnt. Gemäss Demografen an ausländischen Universitäten ist der Zenit bereits überschritten. Indiens Bevölkerung liegt gemäss UNO-Schätzung bei 1,412 Milliarden und wächst weiter mit rund 1 Prozent pro Jahr. Damit wird Indien nächstes Jahr bevölkerungsmässig zu China aufschliessen und dann davonziehen. Kroatien wird Euro-Land Wer noch viele kroatische Kuna-Scheine hat, sollte bald zur Bank. Kroatien nimmt in diesen Tagen Abschied von der Landeswährung Kuna, die seit deren Wiedereinführung nach der Unabhängigkeit während fast dreissig Jahren das gesetzliche Zahlungsmittel war. Ab dem 1. Januar ist der Euro die offizielle Währung und Kroatien das 20. Mitglied der Euro-Zone. Kuna-Noten werden nach zweiwöchiger Übergangsfrist nur noch von Banken angenommen. Schon länger wurden in Kroatien wichtige Geschäfte und Kredite oft in Euro abgeschlossen. Der Kurs zur Kuna wurde über Jahre stabil gehalten. Im Juli 2020 schliesslich wurde Kroatien in den Wechselkursmechanismus II aufgenommen und hat seither alle Anforderung zur Aufnahme in die Währungsunion erfüllt. Um die Umstellung zu erleichtern, werden seit September 2022 bis Dezember 2023 alle Preise in Kuna und in Euro angegeben. Der Kurs ist auf 7,5345 Kuna pro Euro festgelegt. Abgesehen vom äusseren Erscheinungsbild und den Beträgen wird sich mit der Umstellung in der kroatischen Geldpolitik nicht viel ändern. Schon davor war die Zinspolitik eng an jene der Europäischen Zentralbank gebunden. Ferien in Kroatien werden deswegen auch nicht teurer oder billiger. Finnland und Schweden treten der Nato bei Russlands Angriff auf die Ukraine hat Finnland und Schweden dazu veranlasst, sich dem nordatlantischen Verteidigungsbündnis (Nato) anzuschliessen. Im vergangenen Mai reichten sie das Beitrittsgesuch ein. Bis auf Ungarn und die Türkei habe alle dreissig Nato-Länder zugestimmt. Die Türkei beschuldigt vor allem Schweden, ein Zufluchtsort für «Terroristen» zu sein, und stellt Bedingungen. Die jüngsten Gespräche verliefen konstruktiv. Es seien Fortschritte erzielt worden, heisst vonseiten der türkischen Regierung. Eine Zusage wird im kommenden Jahr erwartet. Das ungarische Parlament wird über die Beitrittsgesuche im Februar abstimmen. Der Beitritt ist also noch nicht spruchreif, aber höchstwahrscheinlich werden Schweden und Finnland 2023 der Nato beitreten und damit ein deutliches Zeichen gegen Russlands Aggression setzen. Embargo auf Ölprodukte Beschlossen ist hingegen, dass ab dem 5. Februar keine raffinierten Erdölerzeugnisse wie Benzin oder Diesel mehr aus Russland in die EU eingeführt werden dürfen. Seit Anfang Dezember gilt ein Embargo auf Rohöl über den Seeweg sowie ein Verbot des Transports in Drittstaaten, wenn der Preis über 60 Dollar pro Fass Urals-Rohöl liegt. Das Embargo wird ab Februar auf alle Erdölerzeugnisse aus Russland ausgeweitet. Experten schätzen den Effekt des Importverbots von Destillaten noch grösser ein als jenen des Rohöl-Embargos. Die Schweiz übernimmt die Sanktionen der EU und wird damit ebenfalls keine russischen Erdölerzeugnisse mehr importieren. Schweiz im UNO-Sicherheitsrat Zum ersten Mal seit dem UNO-Beitritt vor zwanzig Jahren wird die Schweiz ab Januar 2023 als nichtständiges Mitglied im Sicherheitsrat vertreten sein. Die Delegierte der Schweiz wird UNO-Botschafterin Pascale Baeriswyl sein. Im vergangenen Sommer hatte die UNO-Vollversammlung mit 187 von 190 Stimmen der Wahl zugestimmt. Der Sicherheitsrat setzt sich zusammen aus fünf ständigen Mitgliedern (Frankreich, Russland, den USA, China und dem Vereinigten Königreich) und zehn nichtständigen Mitgliedern, die für jeweils zwei Jahre gewählt werden. Die ständigen Mitglieder haben das Vetorecht, sind aber auf die nichtständigen Mitglieder angewiesen. Denn für einen Beschluss im Sicherheitsrat braucht es mindestens neun Stimmen. Die Schweiz sitzt also ab nächstem Jahr mit am Tisch, wenn Resolutionen gegen Staaten beschlossen werden, deren Handlungen die internationale Sicherheit gefährden. Der Sicherheitsrat ist auf globaler Ebene das wichtigste Organ im Bereich der Friedensförderung. Doch im Ukraine-Krieg ist er zahnlos, weil Russland als Vetomacht jede Resolution verhindern kann. Neben den demografischen und politischen Veränderungen wird es 2023 auch zahlreiche rechtliche Neuerungen in der Schweiz geben. Die wichtigsten sind: Neues Erbrecht Unter dem neuen Erbrecht kann der Nachlass freier geregelt werden. Gewisse Pflichtanteile fallen weg oder werden kleiner. Das ist auch für die familieninterne Unternehmensübergabe von Bedeutung. Ehegatten sind unter dem neuen Erbrecht besser abgesichert, und bei Bestehen eines Erbvertrags können grössere Schenkungen angefochten werden. Mehr Informationen dazu finden Sie im Erbrechtratgeber des «Beobachters». Höhere Abzüge bei der Bundessteuer Schon bald flattert die Steuererklärung ins Haus. Familien mit Kindern in Hort oder Krippe müssen bei den Abzügen genau hinschauen: Denn neu dürfen für Kinderbetreuung von Dritten bis zu 25’000 pro Kind abgezogen werden, mehr als doppelt so viel wie bisher. Leicht höhere Abzüge sind auch für die Fahrtkosten zur Arbeit und die sogenannte «Heiratssteuer» zulässig. Steuern sparen lässt sich auch mit Einzahlungen in die dritte Säule. Der abzugsfähige Höchstbetrag für Angestellte mit Pensionskasse steigt von 6883 auf 7056. Anpassungen bei den Sozialversicherungen In der Sozialversicherung ändert sich einiges: Es tritt zum Beispiel der Adoptionsurlaub in Kraft. Eltern, die ein Kind adoptieren, haben neu Anspruch auf zwei Wochen Urlaub, bei dem wie beim Mutter- oder Vaterschaftsurlaub 80 Prozent des Lohnes fortbezahlt werden. In der Erwerbsersatzordnung wird der Höchstbetrag um 30 Franken auf 275 Franken pro Tag erhöht – das betrifft etwa Mutterschaftsentschädigung und die Entschädigungen während des Vaterschaftsurlaubs oder Militärdiensts. Die Mindestrente für AHV und IV wird um 30 Franken erhöht, die Maximalrente um 60. Dazu kommt ein Teuerungsausgleich von 2,5 Prozent. Auch bei den Ergänzungs- und Überbrückungsleistungen gibt es mehr Geld: Der Betrag für die Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs wird angepasst. In der Arbeitslosenversicherung fällt das Solidaritätsprozent weg, das den Gutverdienenden zur Sanierung der ALV vom Lohn abgezogen wurde. Verbesserter Einlagenschutz Eine kleine Änderung gibt es bei der Einlagensicherung. Es gilt weiterhin: Wenn eine Bank in Konkurs geht, sind insgesamt Einlagen bis maximal 100’000 Franken je Kunde gesichert. Neu aber werden auch Gemeinschaftskonten wie ein separater Kunde behandelt. Das heisst: Haben Ehepartner je ein Privatkonto und ein Gemeinschaftskonto, sind auf allen drei Konten Einlagen bis 100’000 geschützt. Insgesamt sind dadurch 300’000 gesichert. Bisher wurde zur Berechnung der Sicherung der Saldo des Gemeinschaftskontos auf die einzelnen Mitglieder verteilt, deren Gesamteinlagen bis zu je 100’000 Franken gesichert waren. Bei einem Ehepaar waren so nur maximal 200’000 geschützt. Ein Nachteil ergibt sich allerdings für Gemeinschaften, die nur über ein Gemeinschaftskonto und keine Privatkonten verfügen. Denn die Sicherungsgrenze von 100’000 gilt für das Konto und nicht mehr pro Inhaber des Kontos. Konkrete Rechenbeispiele finden Sie hier. Regeln für Drohnen Hobby-Piloten aufgepasst! Die Schweiz übernimmt ab 1. Januar die Drohnenregulierung der EU. Wer eine Drohne fliegen will, muss 16 Jahre alt sein. Wenn eine fachkundige, mindestens 16-jährige Begleitperson dabei ist, ist das Lenken einer Drohne ab dem Alter von 12 erlaubt. Für Drohnen, die über 120 Meter hoch fliegen, braucht es eine Bewilligung vom Bundesamt für Zivilluftfahrt. Fluggeräte mit Kamera oder mit einem Gewicht von mehr als 250 Gramm müssen registriert werden. Ausserdem muss man für schwerere Drohnen eine Online-Prüfung absolvieren. Fördergelder für Startups Anfang Januar tritt auch das revidierte Bundesgesetz über die Förderung der Forschung und der Innovation (FIFG) in Kraft. Die Revision betrifft verschiedene Förderangebote der Agentur für Innovationsförderung (Innosuisse). Wichtigste Änderung: Neu sind Förderbeiträge an Unternehmen in bilateralen Innovationsprojekten möglich. Zudem können Startups von einem neuen Förderangebot mit direkter Projektfinanzierung profitieren. Diverse Neuerungen im Strassenverkehr Am 1. Januar tritt ein einfacheres Verfahren bei der Einführung von Tempo-30-Zonen in Kraft, und ein neues Veloweggesetz soll für bessere und sicherere Velowege sorgen, indem die Kantone zur Planung und Realisierung von Velowegnetzen verpflichtet werden und der Bund bei seinen Strassen ebenfalls Velowege erstellt. Neu sind Arbeitsmotorwagen mit blauen Nummernschildern wie etwa Feuerwehrwagen von Lastwagenfahrverboten ausgenommen. Bei Dieselfahrzeugen kommt eine verbesserte Partikel-Messung zum Einsatz. Es wird auch ein neues Verkehrsschild für Mitfahrgemeinschaften eingeführt, das Fahrspuren oder Parkplätze anzeigt, die Autos mit bestimmter Minimalbelegung vorbehalten sind. Pilotprojekte in der Romandie und im Tessin stiessen auf Anklang. Ansonsten ist das Interesse an solchen Carpooling-Zonen gering, weil gar kein Platz für Fahrbahnen besteht. Laut SRF gibt es beim Bund keine realisierungsreifen Projekte und auch in den meisten Kantonen ist nichts in diese Richtung geplant. Zum Abschluss noch zwei kleine technisches Änderungen, die vor allem Tech-Nostalgiker interessieren dürften: Tschüss MMS! Rund zwanzig Jahre nach Einführung des Multimedia Messaging Service MMS stellen die grössten Telefonanbieter den Dienst am 10. Januar ein. Bevor es internetfähige Smartphones gab, waren MMS die einzige Möglichkeit, Bilder von Handy zu Handy zu schicken. Doch mit dem Aufkommen alternativer Messenger-Dienste wie Whatsapp wurden immer weniger MMS verschickt. Uralt-Handys haben ausgeklingelt Als letzter Mobilfunkbetreiber der Schweiz schaltet auch Sunrise die veraltete Mobilfunktechnik der zweiten Generation ab. Swisscom und Salt zogen der 2G-Technik schon vor zwei Jahren den Stecker. Über zwanzig Jahre alte Mobiltelefone wie das legendäre Nokia 3210 können definitiv nicht mehr genutzt werden.

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