Der Vorsitzende der US-Notenbank Jerome Powell telefonierte mit zwei russischen Scherzbolden, sogenannten Prankstern, die sich als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ausgaben. Das geht aus einem Video des russischen Staatsfernsehens hervor. Das Video zeigt, wie Powell in dem Glauben, er spreche mit Selenskyj, Fragen zu Themen wie den Inflationsaussichten oder der russischen Zentralbank beantwortet. Es gibt mehrere Ausschnitte von etwa 15 Minuten Dauer, und es ist unklar, ob das Material verändert wurde. 

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«Der Vorsitzende Powell hat im Januar an einem Gespräch mit einer Person teilgenommen, die sich fälschlicherweise als ukrainischer Präsident ausgegeben hat», sagte ein Sprecher der Fed am Donnerstag. «Es handelte sich um ein freundliches Gespräch, das im Zusammenhang mit unserer Unterstützung für das ukrainische Volk in dieser schwierigen Zeit stattfand. Es wurden keine sensiblen oder vertraulichen Informationen besprochen».

Der Sprecher fügte hinzu, dass «die Angelegenheit an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet wurde. Aus Respekt vor deren Bemühungen werden wir uns nicht weiter dazu äussern.» Die US-Notenbank sagte auch, dass das Video offenbar bearbeitet wurde und sie nicht bestätigen kann, dass es korrekt ist.

Auch wenn die Kommentare recht harmlos wirkten, dürfte die Tatsache, dass der Scherzanruf bei Powell ankam, Fragen zur Sicherheit der Fed aufwerfen. 

Auch andere Politiker erhielten Fake-Anrufe

Dem Komiker-Duo – Wladimir Kusnezow und Alexej Stoljarow, die unter den Spitznamen Wowan und Lexus bekannt sind – gelingt es seit Jahren, ausländische Politiker dazu zu bringen, mit ihnen zu sprechen, auch wenn sie sich manchmal grob ausdrücken. Die beiden sind Unterstützer von Präsident Wladimir Putin.

Im Jahr 2018 erklärte das Vereinigte Königreich, es glaube, dass der Kreml hinter einem Scherzanruf beim damaligen Aussenminister Boris Johnson stecke. Das Duo postet die Videos oft mit der Absicht, westliche Politiker zu blamieren.

Anfang dieses Jahres unterhielten sich die beiden mit der Chefin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, und gaben sich ebenfalls als Selenskyj aus, wie aus einem von ihnen veröffentlichten Video hervorgeht. «Die Präsidentin hat diesem Gespräch in gutem Glauben zugestimmt, auch um ihre Unterstützung für die Ukraine und ihr Volk, das sich gegen den russischen Angriffskrieg wehrt, zu demonstrieren», sagte ein EZB-Sprecher am Donnerstag. 

Die beiden Prankster sprachen auch mit Angela Merkel, der ehemaligen deutschen Bundeskanzlerin, und gaben sich als der damalige ukrainische Präsident Petro Poroschenko aus. Merkel wirkte in dem Video des zwar Anrufs misstrauisch, stellte die Anrufer aber nicht zur Rede. Letztes Jahr hatten die beiden dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda vorgegaukelt, er würde mit seinem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron sprechen.

Über den Powell-Anruf wurde in den russischen Staatsmedien ausführlich berichtet. Auf seinem Kanal im russischen sozialen Netzwerk VK widmete das Duo dem Fed-Chef eine ganze Sendung, einschliesslich eines Kommentars von Viktor Bout, dem in den USA verurteilten Waffenhändler, der Ende letzten Jahres im Rahmen eines Gefangenenaustauschs nach Russland zurückkehrte.

(bloomberg/mth/spi)