Der Magier-Manager fehlt in Italien an allen Ecken und Enden. Als Sergio Marchionne Ende Juli in Zürich starb, waren zwar bereits seine Nachfolger bekannt: Als Fiat-Konzernchef rückt der bisherige Jeep-Chef Mike Manley nach, neuer Boss von Ferrari wurde der erfahrene Konsumgüterprofi Louis Camilleri.

Dabei ist ihm so klar wie seinem Vorgänger, dass dieses Ziel nur mit Ausweitung der Stückzahlen sowie der Produktpalette erreicht werden kann – ein Risiko für eine Luxusmarke, deren Attraktivität wesentlich von der knappen Verfügbarkeit ihrer Güter abhängt. Schon Marchionne hatte die Planzahlen gern angehoben, etwa im Jahr 2016 von 7900 auf 8000. 

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Vor allem Letzterer ringt nun mit Marchionnes Hinterlassenschaften, insbesondere den hoch ambitionierten Finanzzielen, die er noch im Februar überraschend verkündet hatte – und offensichtlich ohne unterliegenden Businessplan, mit dem die Ziele operativ erreicht werden könnten. So liebte es Marchionne: mal Wundertüte, mal Tischbombe, auf keinen Fall ausrechenbar.

Finanzvorgabe bereits abgemildert

Die härteste Finanzvorgabe hat Camilleri Mitte September in seinem ersten «Capital Markets Day» als Ferrari-CEO bereits abgemildert: Nachdem Marchionne im Februar von einer Milliarde Euro Gewinn auf Stufe Ebitda geschwärmt und eine Verdoppelung für 2022 in Aussicht gestellt hatte, senkte Camilleri das Ziel gesichtswahrend auf immer noch ehrgeizige 1,8 bis 2 Milliarden.

Camilleri

Louis Camilleri: Der neue Ferrari-Chef ringt mit der Hinterlassenschaft von Sergio Marchionne.

Quelle: Marco Canoniero/LightRocket via Getty Images

Was mickrig klingt, ist angesichts der Zahlungsbereitschaft der Kunden entscheidend: Für das 2019 kommende Sondermodell 812 Monza, von dem 499 Stück geplant sind, erwarten Beobachter einen Preis von einer Million Euro. Wie üblich streiten sich die Kunden darum, ein Exemplar zugeteilt zu bekommen. Für Ferrari rechnet sich das bestens: Allein diese 499 Monza könnten Schätzungen zufolge 300 zusätzliche Millionen Euro Gewinn auf Stufe Ebitda einbringen.

Konkurrent Lamborghini mit Kampfpreis

Bis 2022 sollen 15 neue Modelle und Derivate auf den Markt kommen, darunter historische Ikonen zitierende, modern verpackte Sondermodelle. Das 2017 angekündigte SUV von Ferrari namens FUV (Ferrari Utility Vehicle) gilt seit Camilleris Antritt aber als umstrittener als auch schon. Denn Konkurrent Lamborghini, zum VW-Konzern gehörig, verkauft sein Sport-SUV Urus zu Kampfpreisen um 210 000 Franken; das gut gefüllte VW-Konzernregal (die Urus-Plattform ist von Porsche) machts möglich.

Ferrari hat solche Möglichkeiten nicht und hätte sein FUV wohl gern im nun utopischen Bereich oberhalb von 300'000 Franken angesiedelt. Hier muss Camilleri noch Entscheide fällen. Wo er schon anpasst: beim Hybridantrieb. Hatte Marchionne noch prognostiziert, ab 2019 werde jeder Ferrari mit einer Art Hybrid ausgestattet sein, spricht Camilleri nur noch von 60 Prozent Hybridanteil – für das Jahr 2022. Mut zeigt er beim Thema Marge: Obwohl Ferrari bereits rekordhohe 22 Prozent vom Umsatz als Betriebsgewinn einstreicht, sollen es 2022 über 25 Prozent sein.

Camilleri vermeidet wie sein Vorgänger längerfristige konkrete Ziele bei den Stückzahlen. Beobachter erwarten aber bald das Überschreiten der Exklusivitätsgrenze von 10'000 Autos pro Jahr und mittelfristig eine Ausweitung auf 13'000 bis 15'000 Exemplare. Solches Wachstum wird weiteren schönen Vermögenszuwachs für Ferrari-Präsident und Miteigentümer John Elkann bedeuten, wie ihn sein väterlicher Freund Marchionne über Jahre besorgte. Camilleri wird nicht wagen können, von dieser grundsätzlichen Marschroute abzuweichen.

Dirk Ruschmann
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