Die Indizien haben Richtern und Schöffen nicht für eine Verurteilung ausgereicht: Wettermoderator Jörg Kachelmann ist am Morgen vom Landgericht Mannheim vom Vorwurf der schweren Vergewaltigung freigesprochen worden. Das Gericht folgte damit dem Antrag der Verteidigung. Kachelmann-Anhänger im Gerichtssaal applaudierten und jubelten nach dem Urteilsspruch.

Der 52-jährige Kachelmann hatte vor der Verkündigung des Urteils versteinert gewirkt, danach schien er erleichtert. Richter Seidling sagte, das Urteil beruhe nicht darauf, dass die Kammer von der Unschuld Kachelmanns oder einer Falschbeschuldigung der Klägerin überzeugt sei. Das Landgericht Mannheim habe aber begründete Zweifel an der Schuld des Angeklagten, der deshalb "in dubio pro reo" (Im Zweifel für den Angeklagten) freizusprechen sei.

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Ein Urteil könne nicht aufgrund einer blossen Verdachtslage gesprochen werden, so Seidling. Die Verdachtsmomente hätten sich zwar im Laufe der Verhandlung "abgeschwächt, aber nicht verflüchtigt".

"Die Kammer hätte den Angeklagten nur zu gerne veruteilt"

Im Urteil hiess es, dass Kachelmann für seine Zeit in Untersuchungshaft entschädigt werden soll. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig: Die Staatsanwaltschaft prüft nach eigenen Angaben, ob sie Revision einlegen wird.

Kachelmann-Anwalt Johann Schwenn attackierte die Richter scharf. "Mit dem Freispruch muss man zufrieden sein", sagte Schwenn. Allerdings sei das, was man danach gehört habe, "von einer Erbärmlichkeit, die ihresgleichen sucht".

"Die Kammer hätte den Angeklagten nur zu gerne veruteilt", so Schwenn, habe aber gewusst, dass sie damit aber nicht durchgekommen wäre. Dafür habe sie in ihrer Urteilsbegründung nochmal "richtig nachgetreten", um "den Angeklagten maximal zu beschädigen". Der Anwalt sprach von "misberalen Ausführungen" und "Verteidigerbeschmipfung" durch das Gericht.

Keine eindeutigen Beweise, umstrittene Indizien

Kachelmanns Ex-Freundin hatte dem Wettermoderator vorgeworfen, sie in der Nacht zum 9. Februar 2010 in ihrer Wohnung mit einem Messer bedroht und vergewaltigt zu haben. Kachelmann bestritt die Vorwürfe. In dieser Nacht habe es einvernehmlichen Sex gegeben. Erst danach sei es zum Streit gekommen und er habe seine Parallelbeziehungen eingeräumt. Sie hätten sich dann einvernehmlich getrennt.

Die Staatsanwaltschaft beantragte im Prozess vier Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe wegen schwerer Vergewaltigung und Körperverletzung. Die Verteidiger Kachelmanns plädierten auf Freispruch.

Kachelmann war im März 2010 am Frankfurter Flughafen festgenommen worden und sass 132 Tage lang in Untersuchungshaft. Der von grossem Medienrummel begleitete Prozess dauerte fast neun Monate lang. Trotz akribischer Beweisaufnahme und zahlreicher Gutachten stand bis zuletzt Aussage gegen Aussage. Eindeutige Beweise gab es nicht, und alle Indizien waren umstritten.

Drei Berufsrichter und zwei Schöffen entschieden über Kachelmann. Vier der fünf hätten dabei von der Schuld des Schweizers überzeugt sein müssen, um ihn zu verurteilen, denn die Strafprozessordnung schreibt eine Zweidrittel-Mehrheit vor. Wird die nicht erreicht, ist der Angeklagte freizusprechen.

(tno/cms/sda)