Frisch bezogen: Das sind die besten neu eröffneten Hotels

Mit der warmen Jahreszeit am Horizont und der Perspektive auf eine neue Normalität des Reisens sehnen wir uns alle nach neuen Entdeckungen. Die Hotelszene, die das härteste nur vorstellbare Jahr hinter sich hat – mal abgesehen von einigen naturnahen Rückzugsoasen in den Bergen, an den Seen und an den Küsten –, ist in Bewegung wie kaum zuvor. Nur schon die Tatsache, dass während der Pandemie mehrere hundert Hotels in ganz Europa (still und leise) eröffnen konnten oder kurz davor sind, ist Grund zum Feiern und sorgt für Vorfreude bei reisehungrigen Bonvivants. Willkommen bei der aktuellen, bereits im fünften Jahr erscheinenden Hot(el)list der «Handelszeitung». Die Lage angesichts der volatilen (Ein-)Reisebestimmungen und gleichzeitigen Konjunkturschwäche mag fürs Erste ungewiss bleiben, doch insbesondere die Hotelteams neuer Häuser blicken mit geradezu trotziger Zuversicht nach vorn. «Viele Menschen haben einen enormen Nachholbedarf und sehnen sich danach, an sichere Destinationen möglichst fern von Menschenmassen zu reisen und aussergewöhnliche neue Orte zu entdecken», sagt Stefan Hinteregger. Zusammen mit seiner Frau Teresa eröffnete er im vergangenen Sommer das Forestis Dolomites, eine architektonisch coole Interpretation eines Südtiroler Hideaways in hochalpiner Abgeschiedenheit. Wie bei so manchem Hotelneuling verzögerte sich auch hier der Start um ein paar Monate, doch wurden die Lockdown-Verzögerungen genutzt, um potenzielle Schwachpunkte zu eliminieren. Als das «Forestis» dann im Juli loslegte, zeigte sich, wie schnell der Markt anspringen kann: Bis in den späten Herbst hinein war es nicht einfach, ein Zimmer zu ergattern. Hoher Einmaligkeitscharakter Das «Forestis» ist ein gutes Beispiel für einen erfreulichen Trend in der Hotelwelt: Den Betreibern geht es nicht darum, einfach nur ein weiteres Hotel zu eröffnen, vielmehr ist es allen eine Herzensangelegenheit, einen Ort mit liebevoller Story zu schaffen, den es so noch nicht gibt und auch kein zweites Mal geben kann. Zeitgemässe Newcomer wie die Casa di Langa im Piemont, das Borgo Santandrea an der Amalfiküste oder das heitere Hôtel Le Sud an der französischen Riviera zählen ebenso dazu wie das Kalesma auf Mykonos, das Pater Noster Lighthouse auf der schwedischen Insel Hamneskär oder das lange auf sich warten lassende und nun Mitte Mai eröffnende Castello di Reschio in Umbrien. Das Warten hat sich gelohnt: Gutsbesitzer Benedetto Bolza, der lange in London lebte und dort Architektur studierte, hat sein Leben seit einigen Jahren dem aristokratischen Erbe verschrieben und Reschio – bestehend aus einer mittelalterlichen, nun zum Hotel umfunktionierten Burg, zahlreichen umliegenden Bauernhäusern, einem Pferdegestüt und hügeligen Ländereien so weit das Auge reicht – in einen Sehnsuchtsort verwandelt, der selbst verwöhnte Reisende überrascht. Nachhaltiger Genuss Wie sich schon in den Vorjahren abzeichnete, gehören starke Signale in Sachen Nachhaltigkeit zum grundlegenden Wertverständnis neuer Hotels. Dieser Trend verstärkt sich weiter, weil speziell die Reisenden der Generationen Y und Z kompromisslos mit gutem Gewissen verreisen wollen und von ihrem Hotel nicht nur ein einzigartiges Gesamterlebnis erwarten, sondern auch eine mustergültige Ökobilanz. Die Quinta da Comporta im portugiesischen Alentejo, die Loire Valley Lodges im Loiretal, das Maslina Resort auf der kroatischen Insel Hvar und die Fuchsegg Eco Lodge im Bregenzerwald sind solche Orte, die so engagiert wie lustvoll aufzeigen, was «grün» heute bedeuten kann. Auch in den Nature Eco Residences Santorini ist weniger mehr, und die Macher des schmucken, ganz in Erdtönen gestalteten Landhotels Can Ferrereta im Südosten Mallorcas wissen: Nachhaltigkeit ist der neue Luxus. Dazu gehört nicht nur der Respekt vor Klimazielen und gesunden, in der Region angebauten Agrarprodukten, sondern auch die faire Behandlung der Mitarbeitenden und der lokalen Community. Zu den Pionieren nachhaltiger Hotel-Traumwelten zählt die asiatische Six-Senses-Gruppe, die eklatant nach Europa expandiert: Im Juli eröffnet das Six Senses Ibiza in der Bucht Cala Xarraca im Norden der Baleareninsel, im nächsten Jahr folgen das Six Senses Crans-Montana und das Six Senses Rome im historischen Zentrum der Ewigen Stadt. Wellness mit Wirkung Das letzte Jahr hat uns allen die Notwendigkeit einer robusten Gesundheit in Erinnerung gerufen. Entsprechend investieren viele Menschen in sich selbst und nutzen die Ferien dazu, ihr Immunsystem zu stärken, gezielt innere Ungleichgewichte zu korrigieren und ihr Leben dauerhaft in gesündere Bahnen zu lenken. Hierfür ist das im letzten Juni eröffnete Chenot Palace Weggis am Vierwaldstättersee das Modell der Stunde. Nach einer siebentägigen «Recover & Energise»-Kur fühlt man sich so lebendig wie seit Jahren nicht mehr und könnte Bäume ausreissen. Mit einem «Chenot Espace» respektive einer wissenschaftlich untermauerten Medical-Wellness-Partnerschaft zur Chenot-Gruppe profiliert sich das im Mai eröffnende One&Only Portonovi in Montenegro. Beste Voraussetzungen, Energie zu tanken oder den inneren Kompass neu auszurichten, bieten auch das frisch sanierte Palazzo Fiuggi Wellness Medical Retreat östlich von Rom und das Les Sources de Cheverny im Loiretal. Letzteres ist das neue Schwesterhotel des «Les Sources de Caudalie» bei Bordeaux, welches in den neunziger Jahren die Vinotherapie erfunden und eine eigene Kosmetik- und Pflegelinie mit natürlichen Aktivstoffen aus der Weinrebe entwickelt hat. Selbst Jugendherbergen der neuen Generation kommen heute kaum mehr ohne Spa-Wohltaten und Angebote der gesundheitlichen Prävention aus, wie das Laax Wellness Hostel 3000 in der Surselva zeigt. Ultraexklusive Privathotels In diesen unruhigen Zeiten ist kultivierter Eskapismus heilsam. Weltentrückte, bewusst unter dem Radar fliegende Luxusquartiere mit wenigen Gästezimmern und maximaler Hinwendung zum Individuellen spenden Trost und stehen hoch im Kurs. So hat die Kunstsammlerin Francesca Thyssen-Bornemisza die Türen ihres kroatischen Feriensitzes Lopud 1483 auf der autofreien Insel Lopud nahe Dubrovnik für betuchte Gäste geöffnet. Lediglich fünf kunstsinnige Zimmer stehen in der einstigen Klosteranlage mit diversen verwunschenen Gartenplätzchen und direktem Meerzugang zur Verfügung und im Hochsommer wird das neue Privathotel nur als Ganzes für Familien oder Freundesgruppen vermietet – diese bleiben dann in selbstgewählter Isolation unter sich. Das Echo des ersten Sommers 2020 hat die Erwartungen übertroffen. Ein Hotel, das sich nicht wie ein Hotel anfühlt, schwebte auch Sternekoch Reto Lampart und seiner Frau Anni vor. Zum Winterbeginn realisierten sie diesen Traum in Form von Lampart’s Guesthouse & Country Club im bündnerischen Val Lumnezia. Das Konzept: tiefgestapelter Luxus für «members only» (die Jahresgebühr von 5000 Franken wird zu 100 Prozent an jede Buchung angerechnet; für Interessierte gibt es persönliche Führungen, bei denen die Philosophie vor Ort erklärt wird). Die geschmackvoll renovierte Jugendstilvilla mit fünf Suiten spricht stille Genussmenschen und Individualisten an, die viel Privatsphäre an einem ganz besonderen Rückzugsort suchen und es schätzen, dass sie wie bei Freunden empfangen und bekocht werden. Einen Komplettrückzug ins Private ermöglicht die The Langham Nymphenburg Residence. Das Palais im Rondell von Schloss Nymphenburg in München kann nur von einer Partei, etwa einer grossen Familie oder einer Firma, gebucht werden. Neues Leben in alten Mauern Solche Metamorphosen von charismatischen historischen Gebäuden zum Hotel häufen sich in jüngster Zeit. Das zuvor erwähnte Castello di Reschio ist ein Vorzeigebeispiel, doch überzeugt auch das Schloss Burgdorf, in dessen 800-jährigen Mauern sich nun eine sublime Jugendherberge einquartiert hat. In England hat sich die kontinuierlich wachsende Hotelfamilie The Pig auf die Umwandlung von maroden Landsitzen in zauberhafte Hotels spezialisiert. Jüngster und siebter Spross des gastlichen Unternehmerpaars Robin und Judy Hutson ist das The Pig at Harlyn Bay in Cornwall: stimmig, entspannt und liebevoll geführt wie die sechs Geschwister, mit rustikalem Bohème-Chic, fabelhaftem Küchengarten und klarem Commitment für einen 25-Meilen-Radius bei der Wahl gastronomischer Produkte. Auch in den Städten wurden legendäre Gebäude neu in Hotels verwandelt: So diente das Great Scotland Yard in London von 1829 bis 1890 als originaler Scotland-Yard-Hauptsitz. Mit der Villa Copenhagen wurde dem ehemaligen Hauptpostgebäude von Kopenhagen ein neues Leben geschenkt. Die Villa Dagmar im Stockholmer Östermalm-Quartier entstand aus einem 150-jährigen Art-Nouveau-Wohnhaus, das NoMad London am Covent Garden aus dem alten Bow-Street-Gericht, das J.K. Place Paris aus einer diplomatischen Residenz an der Rive Gauche.So wurde ausgewählt Die Auswahl der besten neuen oder totalrenovierten Hotels basiert auf den aktuellen Einschätzungen von 27 relevanten Reise- und Lifestyle-Publikationen, auf den Empfehlungen von 38 Hotelprofis und Reiseexperten sowie auf eigenen Erfahrungen des Autors. Grundvoraussetzung für eine Aufnahme in der Hot(el)list der «Handelszeitung»: Eröffnung zwischen Frühjahr 2020 und Frühsommer 2021. Die Preisangaben beziehen sich aufs Doppelzimmer für zwei Personen und können je nach Saison stark variieren. Das einstige Art-déco-Warenhaus La Samaritaine in der Seine-Metropole soll mithilfe des japanischen Architekturbüros Sanaa im Auftrag des LVMH-Konzerns noch in diesem Jahr als Cheval Blanc Paris auferstehen. Geradeso von sich reden macht die bevorstehende Eröffnung des Le Grand Contrôle inmitten der Palastanlage vom Schloss Versailles. 14 Zimmer mit Blick auf die Gärten der Orangerie, ein 15-Meter-Innenpool und ein Alain-Ducasse-Restaurant werden den Gästen zur Verfügung stehen, ausserdem exklusive Führungen auf den Spuren von Ludwig XIV. und Marie Antoinette abseits der Touristenströme. Mancher angejahrten Hotelikone wurde neues Leben eingehaucht. In Spaniens Hauptstadt firmiert das totalsanierte Hotel Ritz nun als Mandarin Oriental Madrid, in Palermo nahm sich Sir Rocco Forte der Villa Igiea an, in Genf eröffnet die Oetker-Gruppe im einstigen Woodrow Hotel das The Woodward und in Taormina lässt die Hotelgruppe Four Seasons das San Domenico Palace in frischem Glanz erstrahlen. Höchste Zeit also für einen Tapetenwechsel: Raus aus den eigenen vier Wänden, rein in die fein kalibrierten Hotelwelten. Die hier gelisteten, sorgfältig ausgewählten Newcomer werden Sie mit all der ungetrübten Gastlichkeit empfangen, die sie für uns zu den sechzig besten neuen Hotels gemacht hat. Dieser Artikel wurde das erste Mal am 13. April 2021 publiziert.