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Kaum ein Sport braucht so viel Zeit, Geduld und Disziplin wie Golf. Wie oft es die Schweizer Manager in dieser Saison auf den Platz schaffen, wird sich zeigen. Bisher spüren die Golfplatzbetreiber kaum Auswirkungen der Wirtschaftskrise (siehe Interview auf Seite 67). Es kommt zwar vor, dass sich die Bezahlung eines Clubbeitrags verspätet, aber sonst merkt Daniel Weber (Golfplätze Sempachersee und Kyburg) nichts: «Es gab einen Stillstand beim Verkauf der Spielrechte im Oktober und November – seit dem Januar läuft das Geschäft aber wieder ganz normal.»

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Der Ausgleich auf dem Green kann gerade in der Krise gut tun: «Golf ist für Manager eine gute Therapie», gibt Headhunter Bjørn Johansson zu bedenken. Es bringe sie zurück auf den Boden der Realität und fordere auch eine gewisse Demut vor dem kleinen Ball. Schliesslich ist der Golfer ganz auf sich alleine gestellt. «Du bist für den Ball verantwortlich und nicht der Ball für dich», sagt Johansson, der selber seit elf Jahren die Schläger schwingt. Allerdings: Angesichts der Krise werde es für die Manager nun wohl schwieriger, sich unter der Woche zum gesellschaftlichen Golfturnier einladen zu lassen. Das wäre laut Johansson auch ein falsches Zeichen an die Kollegen im Büro.

Für das abgelaufene Jahr galt diese Verhaltensregel offenbar noch nicht. Das zeigt eine Auswertung der BILANZ-Golfliste. Mehr als 100 Manager verbesserten ihr Handicap, und der Durchschnitt aller Handicaps sank von 19.2 auf 18.9. Das Handicap zeigt die Spielstärke. Je tiefer das Handicap, desto weniger Schläge sollte der Spieler für die 18 Löcher brauchen. Als Messlatte dienen die Profis, sie spielen stets mit Handicap null. Für viele Amateure gilt 18 als ideal. Auch für Johansson wäre Handicap 18 «der Wunsch», erreichen wird er das wohl kaum noch.

Für einen Spitzenplatz im BILANZ-Golf-Ranking sind natürlich viel tiefere Handicaps nötig: Immerhin 36 von gut 300 spielen mit einem einstelligen Handicap, was für die allermeisten Golfer nur möglich ist, wenn sie schon sehr früh mit dem anspruchsvollen Sport begonnen haben. Die wirklich guten Golfer sind stabil im schwierigen Spiel, und so ändert sich auch die Reihenfolge an der Spitze gegenüber dem Vorjahr nicht. CS-Mann Thomas Gottstein musste diesmal einen kleinen Rückschlag hinnehmen, bleibt aber mit einem Handicap auf Profiniveau der Oberste auf der Liste.

Auf ein hohes Niveau gesteigert hat sich Alois Egger. «Viel trainieren und wenig arbeiten», lacht Egger, der vor drei Jahren sein Möbelhaus an Möbel Pfister verkaufte, aber seither «nicht weniger zu tun hat». Wieder im Ernst, sagt Egger: «Talent allein reicht nicht, es braucht viel Training und Disziplin, um ganz tiefe Handicaps unter fünf zu erspielen.»

Ideales Handicap. Der heute 49-Jährige hat vor 20 Jahren mit Golf begonnen und profitierte nicht zuletzt von seiner langen Tenniserfahrung. Dazu kommen der Trainingsfleiss und Eggers grosser Vorteil: Er wohnt nur fünf Minuten vom Luzerner Dietschiberg, wo er wenn möglich mindestens dreimal pro Woche trainiert. Für Egger ist Golf eine Lebensphilosophie. Eine Zielvorstellung für ein «ideales Handicap» hat er nicht. Er sei schon froh, wenn er das Niveau halten könne. Dafür nimmt er auch noch regelmässig Trainerstunden.

Auf hohem Niveau verschlechtert hat sich das Handicap von Benedikt Goldkamp, CEO von Phoenix Mecano. Der beste Golfer unter den Chefs von börsenkotierten Firmen hat vor zwei Jahren seinen Schwung umgestellt. Für ihn ist das Handicap das «Abfallprodukt» guter oder schlechter Schläge: «Das Ziel sind möglichst viele gute und möglichst gute schlechte Schläge.» Je nach Form sei «18 oder 0» das ideale Handicap. Goldkamp: «So wird das Rechnen leichter ...» Als ehemaliger Spieler der deutschen Juniorenauswahl bleibt er natürlich nahe am Spitzenniveau. Wer später startet, muss umso mehr trainieren und investieren, um ein wirklich guter Golfer zu werden. Da interessiert neben der absoluten Spielstärke auch die Verbesserung des Handicaps während der abgelaufenen Saison.

Neid der Golfer. Bei dieser Spezialauswertung schwingt Ex-Swiss-Chef André Dosé klar obenaus. Wie schon ein Jahr zuvor verbesserte er sein Handicap um sechs Schläge. Unter Golfern führt das fast automatisch zu Neid. Als selbständiger Berater kann er viel trainieren, und er will sich nochmals steigern: «Mein Ziel ist irgendwo zwischen fünf und neun, abhängig von der investierten Zeit. Aber da ich im Moment viele Projekte habe, ist es nicht ganz so einfach, genügend Möglichkeiten zum Trainieren zu finden.»

Luxusproblem. Für Dosé gibt es keinen Zusammenhang zwischen Wirtschaftskrise und Golf. «Golf ist für mich der ideale Ausgleichssport, vor allem auch mental.» Das sollte man von keiner Krise abhängig machen. Die Konsequenzen, die er sieht: «Vielleicht führt die Krise ja dazu, dass an Wochenenden die Plätze nicht ganz so voll sind.» Bisher beklagten sich viele Manager über zu viele Einladungen, diese oder wohl eher nächste Saison dürfte sich auch dieses Luxusproblem entschärfen.
Erstmals auf der BILANZ-Liste rangieren Botschafterin Carla Del Ponte mit Handicap 26 oder SNB-Direktor Philipp Hildebrand mit 28.

Interessant zu beobachten ist die Performance von Oswald Grübel. Als «Rentner» spielte er oft und gern in seinem Edelclub La Zagaleta. Nun, als UBS-Chef, wird er wohl weitgehend aufs Golfen verzichten müssen. Ziemlich sicher wird also nichts aus seinem ehrgeizigen Handicapziel: Grübel spielt seit Jahren um die Zahl 28 und möchte «theoretisch» auf Handicap 10 hinunter. Sein ideales Handicap bezeichnet er unbescheiden mit 0. Bis auf weiteres wird er kaum daran arbeiten können.