Im Atompoker mit Nordkorea hat US-Präsident Donald Trump mit der Drohung eines Handelsembargos gegen Wirtschaftspartner des Landes einen Joker aus dem Ärmel gezogen. Der kommunistische Staat ist eines der weltweit am stärksten abgeschotteten Länder. Und Pjöngjang ist bereits per Beschluss des UN-Sicherheitsrats mit Sanktionen belegt worden, die auch die grossen Nachbarn China und Russland mittragen.

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Hat der US-Präsident angesichts dieser Lage mit der Drohung eines Handelsembargos eine wirkungsvolle Karte auf der Hand oder blufft er nur? Der Experte für internationale Beziehungen im Asien-Pazifikraum, Hanns Maull, vom Mercator Institute for China Studies (Merics) erwartet, dass dieser Trumpf nicht sticht: «Weder China noch die USA kontrollieren die nordkoreanische Politik.»

Auf Unabhängigkeit bedacht

Die kommunistische Führung in Pjöngjang sei auf ihre Unabhängigkeit bedacht und wolle keinesfalls als Vasallenstaat Pekings erscheinen. Mit Erfolg habe sie im Kalten Krieg eine Schaukelpolitik zwischen China und der Sowjetunion betrieben. Auch jetzt sei Machthaber Kim Jong Un um Abgrenzung bemüht: Es sei kein Zufall, dass der jüngste unterirdische Atomtest just zu dem Zeitpunkt gestartet worden sei, als China Gastgeber des Gipfel-Treffens der grossen Schwellenländer Brics war.

«Das war auch eine massive Provokation in Richtung Peking. Auch dort stellt sich die Frage: Wie können wir Nordkorea zur Raison bringen? Die Möglichkeiten sind begrenzt», sagt Maull. China sei zwar Nordkoreas grösster Handelspartner, doch könne Pjöngjang im Ausland auf ein weitreichendes Netzwerk von Tarnfirmen zum Abwickeln von Handelsgeschäften zurückgreifen: «Es gibt trotz der Sanktionen gegen Nordkorea jede Menge Löcher im System, in denen Schattenfirmen operieren.»

«Sanktionen wirken nicht kurzfristig»

Nach Einschätzung von Hans Hilpert von der Stiftung Wissenschaft und Politik sind Strafmassnahmen aber nicht wirkungslos. Sollten die USA etwa weltweit gegen Personen, Unternehmen und Banken vorgehen, die mit Nordkorea ökonomisch interagieren, könne dies «durchaus etwas bewirken», so der Wissenschaftler. Er schränkt zugleich ein: «Aber nicht kurzfristig. Ausserdem ist die Mitwirkung Chinas essenziell.» Die USA haben im Streit über das nordkoreanische Atomprogramm bereits Sanktionen gegen Unternehmen aus Russland und China verhängt - darunter auch mehrere chinesische Bergbauunternehmen.

Das Auswärtige Amt in Deutschland schätzt den Anteil Chinas am Gesamthandel Nordkoreas auf 70 bis 85 Prozent - die Angaben stammen jedoch vom Vorjahr und wurden seither nicht aktualisiert. Das Ministerium verweist darauf, dass verlässliche Handelsdaten aus Nordkorea praktisch nicht erhältlich sind. «Sie lassen sich daher nur spiegelbildlich aus den Statistiken der wichtigsten Handelspartner errechnen», so das Auswärtige Amt.

Verschärfung der Strafmassnahmen

China hat im Februar die Einfuhr von Kohle aus Nordkorea gestoppt. Das erschwert es der Regierung in Pjöngjang, Devisen zu beschaffen. Im August hat der UN-Sicherheitsrat als Reaktion auf Nordkoreas Test von Interkontinentalraketen eine weitere Verschärfung der Strafmassnahmen beschlossen, die auf den Handel mit Kohle, Eisen, Eisenerz, Blei und Fisch abzielen.

Russland hat wegen des nordkoreanischen Raketenprogramms nach eigener Darstellung gemeinsame Wirtschaftsprojekte mit dem ostasiatischen Land auf Eis gelegt. Zu den betroffenen Projekten gehört demnach das 2014 unter dem Namen «Pobeda» mit Nordkorea diskutierte Vorhaben, das russische Investitionen in dem international weitgehend isolierten Land im Gegenzug zu Zugang zu Rohstoffen vorsah.

Experte: Kim verfügt über Ölvorräte

Laut Merics-Experte Maull ist es naheliegend, dass Nordkorea strategische Ölvorräte angelegt hat. Selbst wenn China den Ölhahn abdrehen sollte, wäre die Regierung seiner Ansicht nach in der Lage, auf diese Vorräte zurückzugreifen. Diese könnten in Friedenszeiten Jahre halten: «In Kriegszeiten wäre dies etwas anderes. Doch dieser Fall ist nicht sehr wahrscheinlich.» Letztlich wollten es die USA im Streit mit Nordkorea nicht riskieren, dessen mächtigen Nachbarn und Wirtschaftsriesen China zu verprellen - auch auf wirtschaftlicher Ebene.

Hier müsse Trump angesichts der bereits gespannten Beziehungen trotz aller rhetorischen Volten Vorsicht walten lassen, um sein Blatt im Verhältnis zu einem der grössten Gläubigerstaaten der USA nicht zu überreizen, meint Maull: «Man kann den Druck auf China nicht signifikant erhöhen, ohne noch mehr Schaden anzurichten. Viele in der Trump-Administration agieren letztlich vorsichtig. Ihnen ist klar, dass mit einer weiteren Eskalation grosse Probleme entstehen können.»

(reuters/ccr)