Wenn ein so renommierter Koch wie Martin Schlier umzieht, dauert es nicht lange, bis die ersten Meinungen kursieren. Aus Eglisau erreichten uns ganz unterschiedliche Voten: Während die einen von Schliers frecher Küche schwärmten, monierten die anderen das «langweilige Konzept». So viel Kontroverse weckte die Neugierde.

Also pilgerten wir nach Eglisau. Es war ein heisser Sommerabend, der Rhein schimmerte topasgrün im Abendlicht, die Sonne warf ihre letzten Strahlen über das Städtli. Bei diesem Anblick wurde Schliers Umzug für uns sogleich nachvollziehbar: Wer würde so viel Romantik verwerfen? Zumal er ja nicht irgendwo kocht, sondern im schönen «Hirschen», der mit viel Liebe zur Geschichte renoviert wurde. Zum Gebäude, das übrigens nur ein paar Schritte neben dem Rhein liegt, gehört ein lauschiger Garten.

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Mit Charme und Adlerblick. An diesem Abend fand der «Hirschen» dort statt. Vorne, wo der Garten noch eher eine Terrasse ist, werden die Bistrogäste platziert. Das Mobiliar ist schlicht, die Karte ebenfalls und der Service eher locker. Hinten, wo der Boden nicht aus Beton ist, sondern Kieselsteine unter den Füssen knirschen, stehen die Tische weit auseinander und sind mit weissen Tischtüchern bedeckt. Hier ist die gastronomische Abteilung zu Hause. Audrey Blanke, die junge französische Chef de Service, empfängt ihre Gäste mit viel Charme und wacht mit Adlerblick darüber, dass niemandem etwas fehlt. Sie empfiehlt das Menu surprise, das «aus vielen kleinen, dafür raffinierten Portionen» besteht. Wer könnte da widerstehen?

Korrekte Küche. Schlier umschreibt seine Küche als leichte Marktküche mit regionalem Einschlag. Im Verlauf des sechsgängigen Menus wurden uns unter anderem ein sehr schmackhafter marinierter Thunfisch auf Bohnensalat und eine Mousse aus Naknek-Lachs aus Alaska in einer geeisten Heusuppe serviert. Zum Melonenrisotto gesellte sich eine Languste und zum Tomaten-Mozzarella-Tatin ein Bisonfilet. Alles wunderbar, nur: Lieber Herr Schlier, eine Heusuppe macht noch keine Region.

Schliers Küche ist korrekt und bedient das Klischee der «gehobenen Gastronomie». Mir persönlich fehlten aber die Handschrift, eine Prise Leidenschaft und die Neugierde – nicht nur auf die Region, sondern auch auf Produkte, die weniger dem Mainstream-Geschmack entsprechen. Trotz diesem Minuspunkt verbrachten wir einen schönen Abend in Eglisau: Die Bedienung ist kompetent und freundlich, die Weinkarte gut sortiert (wir tranken einen guten Pinot noir des Eglisauer Winzers Urs Pircher), und der Rahmen ist überaus romantisch. Als wir gegen 23 Uhr das Lokal verliessen, war der Garten noch immer voll von Gästen: Schlier und sein «Hirschen»-Team scheinen ihr Publikum gefunden zu haben.

  • Vorspeisen ab 25, Hauptspeisen ab 48, Sechsgangmenu 139 Franken.

 

Hotel Restaurant Bistro Hirschen
Untergass 28
8193 Eglisau
Telefon 043 411 11 22

Bistro täglich von 11.30 bis 24 Uhr, Gourmetrestaurant dienstags bis samstags von 11.30 bis 14.30 und von 18.30 bis 23.30 Uhr geöffnet.