BILANZ: Thomas Stirnimann – das 
erste Geschäftsjahr unter Ihnen als CEO ist zu Ende, und Sie mussten abermals einen Verlust für die Hotelplan-Gruppe ankündigen. Haben Sie sich das nicht anders vorgestellt?
Thomas Stirnimann: Natürlich würde ich lieber ein brillantes Ergebnis präsentieren. Aber erstens wird das Minus deutlich kleiner sein als letztes Jahr. Und zweitens hat es handfeste Gründe: Zum einen die Eskalation in Ägypten, 
zum anderen mussten wir unser Geschäft in Italien noch einmal einer Rosskur unterziehen.

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Migros-Chef Herbert Bolliger machte im Frühjahr deutlich, dass Hotelplan dieses Jahr endlich Resultate liefern müsse.
Das haben wir ja auch. Der Betriebsverlust, der sich letztes Jahr auf 25,9 Millionen Franken belief, wird auf einen einstelligen Millionenbetrag schrumpfen. Das heisst, wir haben uns enorm verbessert. Ich kann dem Verwaltungsrat deshalb ruhig gegenübertreten: Die Hausaufgaben sind gemacht, und wir sind zuversichtlich, 2014 den Turnaround zu erreichen.

Also wird erneut auf nächstes Jahr vertröstet?
Ja (lacht). Im Ernst: 2014 wird besser ausfallen müssen. Aus verschiedenen Gründen: Wir werden den Ferienhausanbieter InterChalet voll konsolidieren, was sich positiv aufs Ergebnis auswirken wird. England hat den Turnaround bestätigt, und Hotelplan Italien ist nach der Restrukturierung so fokussiert, dass die Gesellschaft unser Ergebnis nicht mehr derart stark beeinträchtigen kann wie bisher.

Warum halten Sie überhaupt an Italien fest? Die Wirtschaft liegt am Boden, Mitbewerber Kuoni ist auch ausgestiegen.
Natürlich haben wir einen Ausstieg erwogen, aber wir sind zur Ansicht gekommen, dass der italienische Reisemarkt Potenzial hat. Vor allem in Norditalien ist nach wie vor Wohlstand vorhanden. Das Land repräsentiert den sechstgrössten Reisemarkt überhaupt. Mit unserer neuen, redimensionierten Struktur, die auf gehobene Individualreisen ausgerichtet ist, werden wir davon profitieren können.

Und wann spült Italien endlich wieder Geld in die Kasse?
Nächstes Jahr wollen wir die schwarze Null erreichen, 2015 einen Gewinn erzielen. Im Übrigen wird das Gruppenresultat nicht nur durch Italien negativ beeinflusst, sondern auch durch den Konkurs der Airline Hello, der uns mehrere Millionen Franken gekostet hat.

Der Start ins Wintergeschäft verläuft ja wegen der Probleme in Ägypten bereits wieder harzig. Wie sieht der Buchungsstand aktuell aus?
In Ägypten natürlich nicht gut. Die Leute sind aufgrund der vielen negativen Medienberichte zurückhaltend bei dieser Destination. Dafür besteht eine höhere Nachfrage nach anderen Zielgebieten, sodass wir aktuell rund fünf Prozent über dem Vorjahr liegen. Das stimmt mich zuversichtlich.

Trotzdem: Ein anderer Aktionär als die Migros hätte wohl längstens die Geduld mit dem Reisegeschäft verloren angesichts der permanenten Verluste 
der Hotelplan-Gruppe in den letzten 
vier Jahren.
Ein anderer Aktionär hätte vielleicht darauf gedrängt, das Italien-Geschäft ganz abzustossen. Das ist das Gute an der Migros: Als Genossenschaft unterliegt sie nicht kurzfristigen Sachzwängen, sondern kann ihre Strategien konsequent verfolgen.

Hotelplan verfügt nun noch über ein 
stark dezimiertes Geschäft in Italien 
und über ein Standbein in England. Genügen diese Auslandaktivitäten, um Hotelplans Zukunft zu sichern?
Ja. In England bewegen wir uns mit der Konzentration auf Skiferien in einer hochpreisigen Nische. In Italien fokussieren wir uns nun auf margenträchtige Individualreisen. Zusammen mit dem Ferienwohnungsgeschäft von Interhome und InterChalet sind wir damit gut ausbalanciert.

Und wie sind die Perspektiven im stark umkämpften Markt Schweiz?
Wir werden nie mehr die Wachstumsraten der achtziger Jahre erreichen. Aber durch die Investitionen ins Internet in den letzten Jahren sind wir jetzt online so gut aufgestellt wie kaum ein anderer Tour Operator – preislich und technologisch. Für den stationären Handel haben wir unsere einst starren Arrangements aufgeschlüsselt, sodass praktisch alle Leistungen einzeln gebucht und miteinander kombiniert werden können. Auf dieser stark individualisierten Basis sehe ich eine sehr gute Zukunft für Hotelplan.

Wo steht das Online-Geschäft 
in drei Jahren?
Es wird wohl um die 20 Prozent des Umsatzes generieren. Internet und stationärer Handel werden sich immer stärker ineinander verzahnen, so wie das auch im Detailhandel der Fall ist. Überflüssig werden unsere 123 eigenen Reisebüros dadurch aber nicht. Wir haben erst gerade eine neue Filiale im Wallis eröffnet.

Wie bitte? Hotelplan eröffnet noch neue Reisebüros?
So ist es. Unsere Filialen entwickelten sich in den letzten Jahren erfreulich und legten jährlich im Schnitt um fünf Prozent zu.

Ich kenne viele, die keinen Fuss mehr ins Reisebüro setzen.
Unsere Zahlen zeigen etwas anderes. Viele Leute sind es leid, ihre Zeit nutzlos im Internet zu verbringen. Eine komplexe Reise im Netz zusammenzustellen, kostet den Laien Stunden. Unsere Reisebüros erledigen das in einem Bruchteil der Zeit. Und wenn etwas schief läuft während der Reise, lösen wir das Problem für den Kunden oder organisieren den Rückflug. Das ist einer zunehmenden Zahl von Kunden ein Beratungshonorar wert.

Andere Key Player im Reisebusiness wie etwa die Airlines versuchen aber, die Kunden immer stärker direkt zu bedienen statt übers Reisebüro.
Ja. Aber bei den Airlines wird das Buchen im Netz täglich komplizierter. Das schreckt die Leute zunehmend ab. Bei uns kriegen Sie alles aus einer Hand – Flug, Hotel, Konzertticket –, und das erst noch viel einfacher.

Ihre Wahl zum CEO der Hotelplan Group war umstritten. Sie verkauften das Unternehmen Travelhouse, an dem Sie beteiligt waren, vor sieben Jahren für teures Geld an Hotelplan und sitzen nun auf dem Chefsessel. Bei der Mutter Migros ist das einigen sauer aufgestossen. Fühlen Sie sich unter besonderer Beobachtung?
Nein. Erstens wollte Hotelplan Travelhouse kaufen und nicht umgekehrt. Zweitens war Travelhouse für den Turnaround von Hotelplan Suisse stark mitentscheidend. Mir ist es wohl in meiner Rolle, und ich pflege als CEO mit dem Verwaltungsrat eine konstruktive und vorwärtsorientierte Zusammenarbeit.

Der Reise-Profi: Thomas Stirnimann (51) ist seit einem Jahr CEO der zur Migros gehörenden Hotelplan-Gruppe. Er verantwortet direkt das Schweiz-Geschäft. Stirnimann hat das Reisegeschäft von der Pike auf gelernt: Er absolvierte seine Lehre beim Mitbewerber Kuoni, wo er über 25 Jahre arbeitete. Vor seinem Wechsel zu Hotelplan war er CEO und Mitbesitzer der Travelhouse-Gruppe. Hotelplan erzielte letztes Jahr einen Umsatz von 1,2 Milliarden Franken und schrieb einen operativen Verlust von 25,9 Millionen Franken. Der Konzern beschäftigt 2137 Mitarbeitende und ist als Veranstalter in der Schweiz, England und Italien tätig sowie europaweit im Ferienwohnungsgeschäft (Interhome).