BILANZ: Ihre Teppichkollektion für Ruckstuhl ist aus Filz. Was ist das Reizvolle an diesem Material?

Alfredo Häberli: Filz ist ein sehr wertvolles Material. Es ist beeindruckend, wie viel Wolle es braucht, um ein kleines Stück Filz herzustellen. Leider ist es auch ein verkanntes Material, das meistens unsichtbar eingesetzt wird. Zum Beispiel als Unterlage oder zur Dämpfung, also rein funktional.

Sie haben ein Faible für dieses Material?

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Ja, das stimmt. Meine Diplomarbeit an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich 1991 stand ganz im Zeichen des Filzes. Mein Thema war die Sichtbarmachung dieses wertvollen Naturmaterials. Inspiriert von der Kunst Josef Beuys’, habe ich eine Liege, einen Paravent und einen Poncho aus Filz gestaltet. Für diese Abschlussarbeit bekam ich den Förderpreis der Schule.

Sie sind berühmt für Ihr Möbeldesign. Worin liegt der Unterschied beispielsweise zum Gestalten eines Teppichs?

Ein Stuhl hat ein Anforderungsprofil. Er muss zum Liegen, zum Sitzen oder für beides konstruiert sein, in den Garten oder das Esszimmer passen, und vielleicht sollte er zusätzlich stapelbar sein. Im Gegensatz zu einem Stuhl ist bei einem Teppich die Funktion sehr vage. Man muss den Menschen kaum einbeziehen. Grundsätzlich ist der Teppich ein Wohlfühlelement. Mit ihm kann man Wärme, Gemütlichkeit und Farbe in einen Raum bringen. Darüber hinaus kann man mit den Bodenbelägen optisch einen Raum definieren. Sie funktionieren als Raumteiler, oder man kann eine Barfusszone markieren.

Was war die Herausforderung?

Grundsätzlich muss man wissen, dass Industriefilz lediglich 1,6 Meter breit ist. Die Innovation meiner Kollektion basiert auf der Idee, dass eine Vergrösserung bloss durch einen Zusatz erreicht werden kann und dieser zugleich auch Gestaltungselement ist.

Wie muss man sich das vorstellen?

Ich habe Verbindungsmöglichkeiten für die einzelnen Bahnen entwickelt. Leder, Metallklammern sowie Reissverschlüsse sind zum Beispiel solche funktionalen Gestaltungselemente. Mit ihnen kann man die Einzelelemente zu jeder beliebigen Grösse zusammensetzen. Bei anderen Modellen habe ich mittels moderner Lasertechnik neuartige Dessins entwickelt.

Was hat Sie beim Arbeiten inspiriert?

Es war sehr spannend, die eigentliche Schwäche der Dimension in eine Stärke umzuwandeln. Und das Nachdenken über Teppiche hat mich beflügelt. So gingen meine Assoziationen bis in die Kindheit zurück, machten die Geschichte vom fliegenden Teppich wieder präsent. Deshalb sind die Teppiche auch auf Namen arabischer Ortschaften getauft und heissen Salim, Tarib, Jamal und Aydin.