Keinen Monat ist Donald Trump im Amt, da werden schon die Vergleiche zu den ganz grossen Skandalen im Weissen Haus gezogen. Sein gestürzter Sicherheitsberater Michael Flynn ist womöglich nur der Anfang.

Am Anfang steht ein Telefonat zwischen Flynn und dem russischen Botschafter, das beide vor Trumps Amtsantritt im Dezember führten. Es ging um die Sanktionen der scheidenden Regierung gegen Moskau. Flynn hat lange abgestritten, dass das Thema war. Das FBI hatte andere Erkenntnisse und befragte ihn.

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Trump soll schon am 26. Januar erfahren haben, dass sein Sicherheitsberater falsche Angaben machte. Das Weisse Haus liess Flynn fallen – aber nicht wegen des Telefonats und dessen Inhalt, sondern vermutlich weil er gelogen hatte. Im Kern geht es aber um den Umgang mit vertraulichen Informationen.

Vertrauliche Informationen – war da nicht was im Wahlkampf?

Allerdings. Die Affäre ist auch vor dem Hintergrund der massiven Kampagne, die Trumps Team wegen des E-Mail-Skandals gegen die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton fuhr, sehr bemerkenswert. Nicht zuletzt war es Flynn, der auf dem Parteitag der Republikaner «Sperrt-sie-ein»-Sprechchöre gegen Clinton anführte.

Welche Sprengkraft hat der Vorgang?

Grosse, auch wenn für Trump alles eine Verschwörung der Medien ist. Die Affäre ist überhaupt nicht auf Flynn begrenzt. Viele tiefere Zusammenhänge sind ungeklärt. Die US-Regierung ringt um Transparenz, Ehrlichkeit, Vertrauen und Kompetenz.

US-Medien beschreiben den Vorgang bereits als grössten Skandal seit der Iran-Contra-Affäre, als unter Ronald Reagan Gelder geheimer Waffenverkäufe an den Iran an Guerillas in Nicaragua weitergeleitet wurden. Trumps Krisenmanagement lässt viele bang fragen, in welchem Zustand die Regierung wohl auf eine aussenpolitische Krise antworten würde.

Wieder ist Russland im Fokus – welche Zusammenhänge gibt es?

Das ist noch unklar. Der ganze Fall wirft aber erneut die Frage auf, warum Trump so ein grosses Interesse daran hat, die Verbindungen nach Moskau zu verbessern. Schon früh sprach er bewundernd über den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er holte Menschen in sein Team, die diese Ansicht teilten, darunter Flynn.

Nach Recherchen der «New York Times» sollen Mitglieder aus Trumps Stab vor der Wahl wiederholt Kontakte zu hohen russischen Geheimdienstvertretern unterhalten haben. Demnach erfuhren US-Geheimdienste etwa zur selben Zeit davon, als der Verdacht aufkam, Russland stehe hinter den Hackingangriffen auf Computer der Demokraten. Sie prüften, ob es eine Verbindung zwischen Kontakten und Cyberangriffen gibt, fanden aber bislang keine.

Woher kommt der Druck auf Trump?

Von mehreren Seiten. Die Demokraten fordern Ermittlungen, normal für eine Partei in der Opposition. Aber auch von Republikanern droht Ungemach. Der republikanische Fraktionschef im Senat, Mitch McConnell, will wahrscheinlich im Geheimdienstausschuss das Telefonat von Flynn untersuchen lassen. Senator Lindsey Graham erklärte, der Kongress müsse erfahren, ob Flynn bei dem Gespräch eigenständig oder auf Anweisung gehandelt habe.

Auch abseits des Kongresses gibt es Mahner. Der Kommandant der US-Spezialeinheiten, Tony Thomas, sieht die Regierung in «unglaublichen Turbulenzen». «Ich hoffe, dass sie das bald geregelt bekommen, denn wir sind eine Nation, die sich im Krieg befindet.» Das waren sehr deutliche Worte, die für einen ranghohen Militärvertreter ungewöhnlich sind.

Wie ist Vizepräsident Mike Pence involviert?

Pence hat nach eigenem Bekunden am Abend des 9. Februar aus der «Washington Post» von den Vorgängen erfahren. Das ist erstaunlich, weil Trump schon viel länger im Bild war, er seinen Vize aber offensichtlich im Unklaren liess.

Wenn er aber so lange im Dunkeln tappt, lässt das auch Rückschlüsse auf den Grad der Vernetzung und die Machtposition des Vize zu. Pence war sehr viel mehr Mann des republikanischen Establishments als Trumps Wunschkandidat. Es wird spannend, ob Pence sich das gefallen lässt.

Oft fallen die Stichwörter Watergate und Nixon. Warum?

Watergate steht für den grössten Politskandal der USA, einer Amtsenthebung kam Präsident Richard Nixon 1974 durch Rücktritt zuvor. Trump selbst hatte im Wahlkampf gesagt, Clintons E-Mail-Affäre sei grösser als Watergate – man darf gespannt sein, wozu sich «Flynngate» auswächst, und wo es historisch einzusortieren sein wird. Trump selbst wird von manchen bereits mit Nixon verglichen. Auch wenn das verfrüht sein mag, werden Parallelen gezogen zwischen der Isoliertheit, Unbeliebtheit und den grossen Problemen beider Präsidenten.

(sda/jfr)