Moleskine ist ein Phänomen: Vor 20 Jahren begann die damals winzige Firma aus Mailand mit der Herstellung von Notizbüchern, wie sie im späten 19. Jahrhundert weit verbreitet waren. Die Kladden, in China produziert und zu stolzen Preisen weltweit vertrieben, entwickelten sich dank geschicktem Marketing zum Hit und Moleskine (wörtlich «Maulwurfshaut», eigentlich aber ein Baumwollstoff) zur Kultmarke: 128 Millionen Euro Umsatz und 27 Millionen Euro erwirtschaftete die inzwischen börsenkotierte Firma zuletzt.

Andere analoge Marken waren auch mal Kult, aber überlebten den Sprung ins Digitalzeitalter nicht – Kodak etwa. Ein digitales Notizbuch soll verhindern, dass Moleskine das gleiche Schicksal ereilt. Die Technologie ist schon seit Jahren auf dem Markt: Das Smart Writing Set kombiniert einen Kamerastift und ein Notizbuch mit Punktpapier. Die Punkte dienen als Raster und sind zur Digitalisierung nötig. Weil das Notizbuch optisch einem Tablet nachempfunden ist, stehen die abgerundeten Seitenränder etwas über. Das wirkt erstens komisch und zweitens relativ schnell schmuddelig, ohne irgendeinen Nutzen zu bringen.

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Nervige Abkürzungen

Der dreieckige Stift ist schwer und etwas klobig, allerdings nicht so schlimm wie etwa beim Konkurrenten Livescribe. Was man mit ihm auf das Punktepapier schreibt oder zeichnet, erscheint zeitgleich in der dazugehörigen App (iOS oder Android). War der Stift vorher nicht eingeschaltet, fehlen aber die ersten Striche. Fünf Stunden Mitschrift ermöglicht die Batterie, das dürfte für die meisten Anwendungen reichen. In der Bedienung ist die App gewöhnungsbedürftig, vor allem die vielen, wegen des ausreichend vorhandenen Platzes völlig unnötigen Abkürzungen («Verw. des Brb.tools») nerven.

Gefallen hat mir, dass sie auch Ton aufzeichnet – einmal Tippen auf die Mitschrift, und man hört, was in jenem Moment gesagt wurde. Sackschwach ist hingegen, dass der Stift nur mit einem Gerät gleichzeitig verwendet werden kann – Sie müssen sich also zwischen Smartphone und Tablet entscheiden, die Inhalte werden auch nicht synchronisiert. Die fertigen Seiten können Sie als PDF oder Bild exportieren.

Die vorgesehene direkte Anbindung an Apps wie Evernote oder Google Drive hat bei mir nicht funktioniert. Und dann gibt es natürlich auch noch eine Handschriftenerkennung. Die funktioniert genauso gut wie bei der Konkurrenz, nämlich gar nicht. Was vielleicht auch damit zu tun hat, dass ich bisweilen meine Handschrift selbst nicht entziffern kann.

Fazit: Für Moleskine-Fans ist das Smart Writing Set eine nette digitale Erweiterung. Konkurrenzprodukte bieten aber zum Teil klar mehr und sind ausgereifter.

Moleskine Smart Writing Set
Info: Moleskine Schweiz
Preis: 269 Franken bei Digitec.ch

Bewertung: ★★★

 Technoschrott ★★ verzichtbar ★★★ nice to have ★★★★ cool ★★★★★ wegweisend

 

Marc Kowalsky ist ein Early Digital Immigrant: 
Seit 30 Jahren fühlt er den neusten 
IT-Produkten auf den Zahn.