Kein anderer Sportler geniesst einen solchen Heldenstatus wie Bernhard Russi: Der Olympiasieger von Sapporo 1972 und mehrfache Abfahrtsweltmeister ist eine Ikone. Und ein begnadeter Selbstvermarkter: Ob er uns nun mit Visilab-Brille von Plakaten anlächelt, mit Tochter Jenni für eine Brustkrebs-Kampagne posiert oder am TV die Abfahrten kommentiert: Russi ist omnipräsent. An der Ski-WM in Schladming wird er wieder einen grossen Auftritt haben. Hinter dem sanften Lächeln des 64-Jährigen, der mittlerweile Grossvater ist, steckt ein knallharter Geschäftsmann, der auf vielen Hochzeiten tanzt. Auf zu vielen, wie einige monieren. Subaru, Visilab, UBS, Intersport: Die Liste seiner Partnerfirmen ist lang, die Verwaltungsratsmandate sind vielfältig. Bei der Bogner Sport ist er Delegierter; in Samih Sawiris’ Andermatt Swiss Alps AG, die das Andermatt-Resort vermarktet, sitzt Russi ebenfalls im VR. Unter dem Namen Alpin Consult betreibt er seine eigene Firma.

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Russi selbst sieht keine Interessenskonflikte. «Alles muss zu mir passen. Ich lehne einen Grossteil der Anfragen ab.» Die Hälfte des Jahres ist er unterwegs: als Kommentator, Pistenbauer oder für seine Firmen. Andermatt, seine Heimat, ist sein Rückzugsort, da ist er einfach der bodenständige Bernhard. «Bekanntheit allein ist kein Gütesiegel», sagt er.

Die Freunde

Bernhard Russi hat wegen seiner vielfältigen beruflichen Engagements einen riesigen Bekanntenkreis. Aus geschäftlichen Verbindungen sind Freundschaften gewachsen: etwa mit Autoimporteur Walter Frey. Seit 25 Jahren wirbt die Skilegende für dessen Automarke Subaru. «Ich kann gar kein anderes Auto mehr fahren», sagt er. Frey sehe er nicht oft, aber wenn, dann verstehe man sich blind. Zu den Weggefährten gehört auch Völkl-Chef Gregor Furrer. Für Völkl agiert Russi, zu dessen Hobbys Bergsteigen und Golfspielen zählen, als technischer Berater. Eng verbandelt ist die Skilegende auch mit Modeunternehmer Willy Bogner. «Er ist für mich ein verstecktes Vorbild», sagt Russi. Bogner gewann 1959 die Lauberhorn-Abfahrt. «Das hat mich angespornt, in seine Fussstapfen zu treten.»

Freundschaften pflegt Bernhard Russi mit ehemaligen Kollegen und Mitbewerbern aus dem Skizirkus. Mit Walter Tresch trifft er sich regelmässig. Selbst aus dem ehemaligen Erzfeind aus Österreich, Franz Klammer, ist ein Freund geworden. Mit dem Kitzbüheler Schlagersänger und ehemaligen Skirennläufer Hansi Hinterseer verbinden ihn ebenfalls enge Bande. Zu den aktuellen Abfahrern hält Kommentator Russi Distanz, auch wenn er den ganzen Winter mit ihnen herumzieht. «Da habe ich eher die Rolle eines Senior Advisors.»

Die Gegner

Der Mann aus den Bergen ist fast rundum beliebt. Nicht gerade Sympathien eingetragen hat ihm aber in gewissen Kreisen sein Engagement für einen Ausbau des Skigebiets Andermatt–Sedrun. Dort kämpfte Russi mit der Urner Geschäftsleiterin von Pro Natura Uri, Pia Tresch. «Der Sympathieträger Russi hat es uns nicht leicht gemacht zu kämpfen. Ich hätte von ihm erwartet, dass er sich mehr für die Natur einsetzt», sagt Tresch. Auch mit Ex-FDP-Präsident Franz Steinegger, mit dem er kollegial verkehrt, hat Russi in dieser Frage das Heu nicht auf derselben Bühne. Steinegger trat letztes Jahr als Präsident der Andermatt Gotthard Sportbahnen zurück, weil er mit der Strategie nicht einverstanden war. «Ich wünsche Russi viel Glück. Er trägt eine hohe Verantwortung für das Projekt», so Steinegger. In Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann will Russi zwar keinen Gegner sehen («Wir verstehen uns gut»). In seiner Rolle als Kommentator, in der aktuellen Krise bei den Athleten, muss Russi dem Funktionär Lehmann jedoch immer wieder auf die Füsse treten .

Die Medien-Connection

Zwei Medienhäuser sind für Bernhard Russi von zentraler Bedeutung: Ringier und das Schweizer Fernsehen. Für den «Blick» schreibt der Polysportive seit 1976 Kolumnen. Ab und zu leistet er auf der Redaktion auch redaktionellen Input. Ringier-Chef Marc Walder bezeichnet er als Freund. «Er ist für mich mehr als ein Medienmann. Als ich mich von meiner Frau trennte, holte ich persönlichen Rat bei ihm.» Fast wie ein altes Ehepaar funktioniert Russi mit TV-Moderator Matthias Hüppi. Die beiden kommentieren Winter für Winter die Leistungen unserer Skirennfahrer. Klar, dass Russi da auch bei SRF-Sportchef Urs Leutert ein und aus geht.

Die Karriere

Nach der Sekundarschule machte Russi eine Lehre als Hochbauzeichner. Die Ausbildung in der Tasche, stieg er 1967 ins Nachwuchskader des Zentralschweizer Skiverbandes auf. Ein Jahr später startete er erstmals im Skiweltcup. Bevor er als Skisportler durchstartete, übte er sich als Stuntman. Im Bond-Klassiker «Im Geheimdienst Ihrer Majestät» mit Hauptdarsteller George Lazenby stürzte sich Russi das Schilthorn hinunter und brach sich einen Halswirbel. Nur ein Jahr später gewann er an den Weltmeisterschaften in Gröden überraschend Gold in der Abfahrt. Später erfuhr er zweimal den Abfahrtsweltcup-Gesamtsieg. 1972 holte er an den Olympischen Spielen von Sapporo vor seinem Rivalen und Freund Roland Collombin Abfahrtsgold. Besonders eng ist er mit Adolf Ogi befreundet. «Er ist ein Mentor, fast ein Vater für mich.» Der Alt-Bundesrat war ab 1964 beim Schweizer Skiverband, ab 1975 als Direktor. 1978 trat Russi auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn zurück und machte sich danach einen Namen als technischer Berater und Pistenarchitekt für den mächtigen Skiverband FIS.

Die Familie

Bernhard Russi ist in zweiter Ehe mit Mari, einer Schwedin, verheiratet. Er hat einen Sohn, Ian, und eine Tochter, Jennifer. Letztes Jahr machte ihn sein Sohn zum Grossvater. 25 Jahre galten Bernhard und Mari Russi als Traumpaar in der Promiszene. Bis der smarte Ex-Skifahrer und die hübsche Schwedin 2009 zum Erstaunen der Öffentlichkeit ihre Trennung bekanntgaben. Die Ringier-Presse begleitete das Liebesaus des Traumpaars intensiv. Inzwischen sind die beiden aber wieder zusammen. Für Russi ist Ruhe im Privatleben wichtig: «Ich bin harmoniesüchtig», sagt er von sich. In seiner spärlichen Freizeit geht Russi gerne in die Natur oder ins kleine Haus in Schweden, das er und seine Frau besitzen.