Ähnlich wie Zurich-Sanierer James Schiro ist sein Nachfolger Senn nicht als Versicherungsprofi, sondern als Quereinsteiger und erst vor drei Jahren zum Konzern gestossen. Zuvor hat er sich vom Lehrling beim Bankverein ins Topkader von Credit Suisse und Swiss Life hochgearbeitet. Leistungsorientiert, aber umgänglich, so beschreiben ihn Wegbegleiter. Als Chef einer der grössten Versicherungsgesellschaften der Welt muss er jetzt seine Macherqualitäten beweisen.

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Ähnlich wie sein Freund und Mentor Rolf Dörig pflegt Senn eine klassische Managementauffassung, die mit der Krise wieder topmodern geworden ist. Er will als Wirtschaftsführer auch eine Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft wahrnehmen. So sitzt er etwa im Leitungsausschuss von Avenir Suisse und spielt eine massgebliche Rolle in der Zurich Foundation, der konzerneigenen gemeinnützigen Stiftung.

Senn profitierte bei der Wahl vom Bonus als Schweizer, gleichzeitig hat er einen echt internationalen Horizont. Den Grossteil seiner Karriere absolvierte der Basler in Fernost. Er ist kein Draufgänger und hat sich mit seiner Anlagedisziplin in der Finanzkrise profiliert. So wird er wohl ganz im Sinne von Vorgänger Schiro weiterwirken, der um Risikomanöver lieber einen grossen Bogen machte.

Seine Förderer

Martin Senn hat einen sehr guten Draht zu James Schiro. Der abtretende Zurich-CEO hat Senn 2006 von der Swiss Life als Anlagechef zur Zurich geholt. Es gilt als offenes Geheimnis, dass Senn Schiros Wunschnachfolger war. Grosse Stücke hält auch Rolf Dörig auf Senn, er rollte ihm zweimal den Teppich aus: einmal als CEO Schweiz der CS, wo Senn als Chef Handel und Anlagen 2001 Mitglied der Geschäftsleitung wurde, und später als CEO von Swiss Life, wo Dörig Senn 2003 als Chief Investment Officer engagierte. Die beiden verbindet eine gesellschaftsorientierte Managementphilosophie, sie sind auch privat befreundet. Der heutige UBS-Chef Oswald Grübel war es, der den Basler 1994 vom Bankverein zur CS holte. Als erfolgreicher Troubleshooter in Japan schaffte es Senn dann auf den Radar von Walter Kielholz. Der damalige Swiss-Re-CEO und CS-VR war wesentlich an Senns Aufstieg in die Geschäftsleitung der CS beteiligt. Ein früher Förderer war der Ex-Bankverein-Vize Georges Streichenberger.

Seine Gegenspieler

Vier Mitbewerber für den Spitzenjob waren mit Senn im Rennen, darunter drei interne Kandidaten: der deutsche CFO Dieter Wemmer, der Italiener Mario Greco sowie als Hauptkonkurrent der versierte Versicherungsexperte und Chief Risk Officer Axel Lehmann. Seit über zehn Jahren bei der Zurich und seit kurzem auch im UBS-Verwaltungsrat, wurde er von vielen als Favorit für die Schiro-Nachfolge gehandelt. Im Vergleich zum Theoretiker Lehmann punktete Nicht-Akademiker Senn mit seinen Qualitäten als Führungspersönlichkeit und Kommunikator. Zudem hat der Anlagechef das 185-Milliarden-Franken-Portefeuille des Versicherers praktisch ohne Schaden durch die Krise gelotst. Senn wurde einstimmig gewählt und erst eine halbe Stunde vor Veröffentlichung seiner Ernennung persönlich informiert. Der einzige externe Kandidat, der in die engere Wahl kam, ein Versicherungs-Topshot aus den USA, fiel wegen überrissener Kompensationsforderungen aus dem Rennen. Der Zurich-VR erhofft sich durch die Wahl des mehrheitsfähigen Senn nicht zuletzt, dass die übergangenen Papabili nicht alle die Flinte ins Korn werfen und das Unternehmen verlassen. Vor allem der ambitiöse Axel Lehmann wird jedoch schwierig zu halten sein.

Sein Internationaler Draht

Der Basler ist ein versierter Asienspezialist. Bereits mit 26 Jahren zog es Senn vom Rheinknie in die Ferne, als Treasurer für den Bankverein ging er nach Hongkong. Danach wurde er in Singapur und Tokio eingesetzt, wo er sich nach dem Wechsel zur Credit Suisse dann auch seine Sporen für die weitere Karriere abverdiente. Im Auftrag von Oswald Grübel schaffte er den Turnaround für das CS-Geschäft in Japan. Als Anlagechef pflegt er eine Vielzahl internationaler Kontakte, einen guten Draht hat er etwa zum Chefökonomen von Goldman Sachs, Jim O’Neill, oder zum CEO und Chairman des globalen Investmentriesen BlackRock, Laurence Fink.

Seine Freunde

Senn gehört zu den Menschen, denen man sich bald einmal freundschaftlich verbunden fühlt. Mit Nationalbanker Philipp Hildebrand, den er aus gemeinsamen Zeiten beim Bankverein kennt, verbindet ihn bis heute eine enge Freundschaft. Die beiden golfen zusammen und unternehmen Biketouren. In seinen Freundeskreis gehört seit gemeinsamen CS-Zeiten auch Swiss-Life-Chef Bruno Pfister. Zusammen hat man die damals schlingernde Swiss Life wieder auf Kurs gebracht. Als Oberleutnant lernte Senn Ulrich Zwygart kennen, der einstige Divisionär steht heute als Global Head Learning & Development im Sold der Deutschen Bank. Die beiden pflegen bis heute Kontakt.

Sein Privatleben

Senn ist ein Familienmensch. Seine südkoreanische Frau spielte früher die erste Geige im Hong Kong Philharmonic Orchestra. Das Paar lebt im Raum Zürich und hat zwei Kinder (18 und 21). Senn mag Musik, nicht nur Klassik, sondern auch Jazz und Soul. Vor allem aber sammelt er Kunst, mit Vorliebe Asiatika, und hat grosses Interesse an Architektur.
Der Fitnessfreak ist am liebsten draussen aktiv, etwa auf dem Mountainbike, beim Wandern und Nordic Walking im Wald oder auf dem Golfplatz. In seiner Jugend kickte er beim BSC Old Boys Basel. FCB-Fan ist der Basler nach wie vor, doch an die Matchs geht Senn nicht mehr regelmässig.

Iris Kuhn Spogat
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