Wie lange kreist der Finger über dem Startknopf? Wie lange bleibt der Gasfuss in Lauerstellung, schwebt über dem Pedal? Die beiden Hände greifen das Lenkrad, die Finger berühren die Schaltwippen. Links runter – rechts rauf. Das Ortsausgangsschild kommt näher und wird zur Startflagge. Zweiter Gang, viertausend Umdrehungen und der Brite rennt los. Die kleine Glasscheibe hinten wird versenkt, Radio aus. Das Dach bleibt über mir. Der V8 kommt aus der Mitte und schiebt an, als wollte er im ersten Anlauf Tempo 330 erreichen. Bei 100 wechselt der Gasfuss das Revier. Im Rückspiegel sieht man die Luftbremse, ganz vorne werden grosse Scheiben erhitzt. Der MP4 wird mit 370 Millimeter Bremsscheiben ausgeliefert, Pirelli übernimmt mit seinen P Zero die erforderliche Supersportwagen-Haftung.
Tanz über den Asphalt
Hinter mir ein Kleintransporter. Ich sehe im Rückspiegel wie das iPhone auf das Lenkrad gelegt wird, beide Hände halten es fest, mit dem Unterarm wird gelenkt. Die Kamera schaut zu wie der Supersportler auf dem Asphalt tanzt, die vier Beine immer fest auf dem Boden, das Lenkrad als Taktstock, der Hintern wedelt frech aber niemals vulgär oder unkontrolliert hin und her. Selbst engste Kurven werden zu Geraden. Ich hoffe, die Kamera hat mein Grinsen eingefangen. Ein paar Kilometer fahren wir zusammen, als Abschiedsgeschenk an den Fan wird der McLaren auf 20 abgebremst und mit der ganzen Wucht der 625 PS und einem Augenzwinkern auf Tempo 100 katapultiert. Daumen hoch, ganz manuell.
Kurven-Spezialist
Der 12C Spider ist ein ungewöhnlicher Spider. Dank seiner Kohlefaser-Zellen, der ProActive Chassis-Control und dem Brake-Steer-System kann der McLaren mit den gleichen Eigenschaften wie sein Coupé-Bruder aufwarten. Die Kohlefaser-Zelle spart reichlich Gewicht. Die Chassis-Control kümmert sich per Sensorik ständig um die perfekte Einstellung der Stabilisatoren und das Brake-Steer-System verteilt die Bremskraft geschickt. Das Ergebnis ist beeindruckend und derzeit auch einzigartig. Der McLaren ist ein Kurven-Spezialist, einer der sich vor jeder Kurve die Hände reibt, einer der Dir vor der Kurve zuruft: «Hey mach' Deine Sinne auf, ich spazier' da jetzt durch und bring' Dir ein paar schöne Sekunden mit.»
Die Kräfte im Griff
In vier Tagen um die ganze Welt der britischen Sportwagen-Tradition. Von Dienstag bis Freitag habe ich den McLaren erlebt, ich bin 48 mal ein- und ausgestiegen, habe 26 mal das Dach versenken lassen und wieder aus seinem Versteck vor dem Motor herausgelockt. Ich habe den Briten bis auf Tempo 270 getrieben oder besser, ich habe ihn laufen lassen. Mehr war nicht drin. Obwohl er 330 km/h kann. Aber wichtiger als sein Top-Speed und seine schiere Kraft, sind die Fähigkeiten mit denen dieser Supersportler seine Kräfte im Griff hat. Ich habe mich auf jede Kurve gefreut, den Spider leise durch Hamburg begleitet, ihn im Berufsverkehr ohne Hektik und sehr souverän erlebt, die Sitze als bequem und passgenau empfunden, auf der Autobahn jeden Hintermann zu einem Männlein geschrumpft und trotzdem unglaublich oft den Daumen nach oben gesehen. Ich habe ihn am Freitag bei McLaren in Hamburg abgegeben und mich gefreut, dass ich diesen besonderen Sportwagen fahren konnte.
Die technischen Daten laut Hersteller des McLaren MP4 12C Spider:
MOTOR:
V8 Twin-Turbo, Leistung: 625 PS bei 7.500 U/min, Drehmoment: 600 Nm bei 3.000 bis 7.000 U/min, Antrieb: Hinterräder, Getriebe: 7-Gang Doppelkupplungsgetriebe mit Schaltwippen, Chassis: Kohlefaser-MonoCell mit Alu-Strukturen Front und Heck
FAHRLEISTUNG:
TopSpeed: 330 km/h, 0-100 km/h: 3,1 Sekunden, 0-200 km/h: 9,0 Sekunden, Bremsen: 100 km/h bis 0 km/h: 30,7 m
VERBRAUCH (kombiniert):
11,7 l/100 km, CO2 kombiniert: 279 g/km
Dieser Artikel ist zuerst in unserer Schwester-Publikation «World's Luxury Guide» erschienen.