Herr Baretzki, können Sie uns Montblanc in drei Sätzen erklären?
Ich brauche keine drei Sätze. Montblanc ist erstens Innovation, zweitens europäisches Handwerk, drittens globale Präsenz mit lokaler Kundschaft.

Etwas präziser darf es schon sein.
Ich sage Innovation, weil Innovation am Anfang der Geschichte von Montblanc steht. Ich sage europäisches Handwerk, weil das klar unsere Seele ist. Wir haben die Uhrmacherei in der Schweiz, die Schreibwerkzeug-Tradition in Deutschland und die Ledermanufaktur in Italien. Dahinter herrscht stets derselbe Geist: Wir akzeptieren keine Abstriche bezüglich Qualität. Und dann sage ich globale Präsenz, weil wir auf der ganzen Welt präsent sind. Aber auf der ganzen Welt richten wir uns zuerst und vor allem an die lokale Kundschaft.

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Nicht an Touristen?
Auch. Aber nicht zuerst. In Deutschland zum Beispiel ist unser erster Kunde der Deutsche. In Frankreich der Franzose. In Italien der Italiener. Und so ist es in Brasilien, in Indien, in China, in den USA.

Montblanc steht für Uhren, für Lederaccessoires, für Schreibwaren. Wie bringen Sie das alles unter einen Hut?
Man muss stets eine klare Vision der Marke im Kopf haben. Denn Montblanc bietet in der Tat sehr unterschiedliche Produktegattungen an. Hier liegt der vielleicht wichtigste Teil meiner Arbeit. Ich muss dafür sorgen, dass alles, was wir tun, nicht nur für die isoliert betrachtete Produktekategorie an sich gut ist, sondern passend und kohärent für die Marke als Ganzes.

Nicolas Baretzki

Seit April 2017 ist der Richemont-Mann am Steuer vom Montblanc. Er war schon bei Cartier und Jaeger-LeCoultre tätig und kennt den Konzern à fond. So begann Nicolas Baretzki seine Karriere innerhalb von Richemont bei Cartier, wo er acht Jahre in verschiedenen Funktionen beschäftigt war. 2002 wechselte er zu Jaeger-LeCoultre und übernahm dort die Position des internationalen Vertriebsleiters. 2013 wurde er dann bei Montblanc Executive Vice President Sales.

Nicolas Baretzki
Quelle: Vittorio Zunino Celotto/Getty Images

Akzeptiert denn ein Uhrmacher Einschränkungen, nur weil man ihm sagt, seine Arbeit müsse auch zur Welt der Montblanc-Lederaccessoires passen?
Bei uns ist jede Sparte in sich stark vertikalisiert. Die Teams, die im Uhrenbereich Produkte designen, arbeiten nicht für andere Sparten. Sie müssen sich also nicht um die Lederwaren kümmern. Wir haben allerdings mit Zaim Kamal einen Mann, der sich um die Art Direction der gesamten Marke kümmert.

Er schaut, dass alles zueinanderpasst?
Er ist Garant für die Markenkohärenz. Aber das muss natürlich nicht heissen, dass man die Produkte einander angleicht. Es bedeutet nur, dass die Gesamtheit des Angebotes zur Marschrichtung und zur Vision des Hauses passen muss. Das ist notabene auch eine meiner wichtigeren Aufgaben.

Was ist Ihre Vision von Montblanc?
Ich sehe Montblanc als Inspiring Luxury and Lifestyle Maison. Montblanc steht zunehmend für einen bestimmten Lifestyle. Sie sehen das zum Beispiel bei den Uhren der Linie 1858. Es sind Uhren, die sehr wohl einen uhrmacherischen Inhalt haben, aber dazu auch einen starken eigenen Charakter. Natürlich machen wir Luxus. Aber es soll ein inspirierender Luxus sein. Er soll eine Kundschaft ansprechen, die dann vielleicht als Beispiel auch einen schönen Rucksack kauft.

Sie setzen neuerdings stark auf die Outdoor-Welt. Warum?
Wir sind auch stark im Racing- und im klassischen Bereich. Aber wir haben ja die Manufaktur Minerva übernommen – mitsamt ihrer 160-jährigen reichen Geschichte. Das war ein Riesenglück für uns, wir können in den Minerva-Archiven aus dem Vollen schöpfen. Wir finden da viele Uhren, die seinerzeit gebaut wurden, um draussen bei allen Wetterbedingungen getragen zu werden, Militäruhren zum Beispiel. Wir haben uns davon inspirieren lassen, und aus dieser Inspiration ist eine Kollektion geworden. Da sind wir ganz natürlich im Bereich von Outdoor, Exploration und Bergen gelandet.

Gilt das nur für den Uhrenbereich?
Der Bereich der Exploration ist ein echtes Montblanc-Territorium. Montblanc ist eine Reisemarke. Unsere Kunden reisen durch die ganze Welt, wir haben Rucksäcke und Reisegepäck im Angebot, wir sind eine Explorationsmarke. Aber man muss mit unserer Uhr natürlich nicht unbedingt den Mount Everest besteigen. Wir haben eine Uhr geschaffen, die für einen bestimmten Spirit steht.

Montblanc 1858 Geosphere

Montblanc 1858 Geosphere: Zwei drehende Halbkugeln dienen als Weltzeit-Anzeige. Hohe Berge sind mit einem roten Punkt markiert.

Quelle: Montblanc

Sind Sie zufrieden mit dem Jahr 2017?
Es war ja mein erstes Amtsjahr als CEO, und ich kann mich darüber freuen, ja. Wir hatten ein gutes Jahr. Montblanc ist seit je eine Geschichte des Wachstums.

Und wie sehen Sie 2018?
Prognosen stimmen nie wirklich. Und die Märkte sind heute so volatil, dass schon ein kleines Ereignis die Trends total verändern kann. Ich bin für 2018 dennoch optimistisch. Wir haben alles, was es zum Erfolg braucht: Innovation, schöne Produkte, eine interessante Preispositionierung.

Sie decken mit Ihren Uhren eine riesige Preisspanne ab. Sie sind im Einsteigersegment und haben gleichzeitig sehr teure Uhren im Programm. Das ist etwas verwirrend.
Ich sehe das nicht so. Montblanc, das hat schon mein Vorgänger Jérôme Lambert angeschoben, will im Segment zwischen 2000 und 4000 Euro stark sein, da haben wir sehr schöne Uhren im Angebot. Es gehört zur Stärke von Montblanc, dass wir wirklich Value for Money mit einem starken Design sowie mit soliden und guten Werken anbieten können. Und dann haben wir die Manufakturseite. Da gibt es zum Beispiel den Monopoussoir-Chronographen, der 24 000 Franken kostet. Für ein derart spezielles Stück ist das eine extrem aggressive Preispositionierung – typisch Montblanc.

Mit anderen Worten: Sie besetzen das Einsteigersegment und dann das Feld ab 20 000 Euro. Dazwischen sind Sie nicht präsent.
Das Territorium von Montblanc liegt nicht wirklich im Preissegment von 5000 bis 15 000 Franken. Aber wir werden jedes Jahr als Ausnahme ein starkes, einzigartiges Modell vorlegen, das gleichzeitig die hohe uhrmacherische Leistung und die starken Designcodes der Marke verkörpert. Und zwar zu einem unglaublichen Preis. Die 1858 Geosphere kostet 5200 Franken. Das ist vielleicht etwas hoch für das Einsteigersegment, aber unschlagbar günstig für das, was die Kunden erhalten.

Was ist die Funktion einer Uhr?
Eine Uhr soll Freude machen.

Und wie schafft man das?
Es ist natürlich eine persönliche Sache. Und deshalb versuchen wir alle Aspekte anzugehen, die Freude an der Uhr auslösen können. Das kann ein spezieller uhrmacherischer Inhalt sein, ein aussergewöhnliches Design oder eine bemerkenswerte Geschichte.

Erinnern Sie sich an Ihre erste Uhr?
Ja, sicher. Ich erinnere mich sehr gut daran, weil es eine Quarzuhr war. Es war die erste Uhr von Seiko mit vier Drückern. Es gab einen Rechner, einen Countdown etc. Ich erinnere mich auch an eine Yema. Sie stand für französische Uhrmacherei in Besançon. Meine erste mechanische Uhr.