Elon Musks Interesse an Twitter ist längst verflogen. Mittlerweile kämpft der Tesla-Chef dafür, dass er sein im April abgegebenes Kaufangebot über 44 Milliarden Dollar nicht einlösen muss. Der US-Kurznachrichtendienst will ihn über ein Schiedsgericht im Bundesstaat Delaware dazu zwingen, den Kaufvertrag einzuhalten. Der Prozess soll im Oktober über die Bühne gehen. Für weltweite Aufmerksamkeit ist gesorgt.

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Aktuell ist das Gericht daran, Beweisstücke zu sammeln. Aus diesen geht hervor, dass im Vorfeld des überraschenden Deals Wirtschaftsgrössen Musk darauf drängten, Twitter zu übernehmen. Zu diesen Personen gehört auch Mathias Döpfner, wie am Freitag bekannt wurde.

Döpfner ist CEO von Axel Springer und Miteigentümer von Ringier Axel Springer Schweiz, Herausgeberin der «Handelszeitung». In einem privaten Nachrichtenaustausch per SMS schlug der Axel-Springer-Chef Musk vor, Twitter zu kaufen.

«Warum kaufst du nicht Twitter?», fragte Döpfner gemäss Gerichtsunterlagen am 30. März 2022. Und ergänzte: «Wir managen es für dich. Und errichten eine wahre Plattform für freie Meinungsäusserung.» Das wäre ein «echter Beitrag zur Demokratie». Musk antwortete: «Interessante Idee.» Worauf Döpfner nachlegte: «Ich meine das ernst. Es ist machbar. Es wird Spass machen.»

Musk kämpft für freie Meinungsäusserung

Der SMS-Austausch fand einige Tage vor dem Bekanntwerden von Musks Kauf von knapp über 9 Prozent der Twitter-Aktien statt. Zehn Tage später gab er sein Übernahmeangebot ab – über die schon erwähnten 44 Milliarden Dollar.

Die Aufzeichnungen von Musks Textnachrichten über mehrere Wochen hinweg zeigen, in welchem Ausmass er bereits mit Freunden und Wirtschaftschefs – einschliesslich Twitter-Führungskräften wie dem Gründer Jack Dorsey – über seine mögliche Beteiligung am Tech-Unternehmen sprach. Neben Döpfner haben auch Freunde von Musk diesem empfohlen, Twitter zu einer «Free Speech»-Plattform zu machen. 

So soll Sam Bankman-Fried, der milliardenschwere Chef der Kryptowährungsbörse FTX, laut «Financial Times» bereit gewesen sein, 5 Milliarden Dollar in das Geschäft zu investieren. Oracle-Gründer Larry Ellison und Reid Hoffman, LinkedIn-Mitbegründer und Partner bei Greylock, verkündeten, dass sie je mit 2 Milliarden Dollar dabei seien. Ellison steuerte gemäss «FT» schliesslich 1 Milliarde Dollar zu dem Angebot bei. In den vom Gericht gesammelten Nachrichten ist auch Spotify-Podcaster Joe Rogan mit Beiträgen vertreten. Er soll Musk gefragt haben, «ob er Twitter von der zensurfreudigen Meute befreien würde». 

Der Kampf für freie Meinungsäusserung war auch der Auslöser, weshalb Musk im Frühling das Kaufangebot für Twitter abgab. Die Moderationsregeln des Kurznachrichtendienstes kritisiert er schon länger, unmittelbar beeinflusst hat ihn aber offenbar eine EU-Entscheidung. Anfang März verbot die Europäische Union russische Propagandakanäle wie RT und Sputnik. Im gleichen Atemzug wurde Starlink, die Satellitenfirma von Musk, aufgefordert, die Seiten jener Dienste zu sperren. 

«Tut mir leid, aber ich bin ein radikaler Anhänger der freien Meinungsäusserung», twitterte Musk als Antwort in die Welt hinaus. Der Tesla-Investor Antonio Gracias reagierte mit folgendem Post: «Das ist völlig verrückt. Du hast völlig recht. Wir sollten es erlauben, gerade weil wir es hassen. Darum geht es in der amerikanischen Verfassung.» Musk antworte schlicht mit: «Genau.»

 

(mth)