Manchmal staunt auch der Profi. Da eröffnet ein junger, nicht wirklich bekannter Wirt ohne viel Lärm ein Lokal in einem Aussenquartier von Zürich, und schon ein paar Wochen später ist dieses Restaurant in aller Munde. Jeder und jede will einen Tisch, jeder und jede singt eine Lobeshymne, und selbst in der Presse übertrumpft man sich in der Verwendung von Adjektiven: himmlisch, köstlich, einzigartig! Woran liegt das?

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Da hier die Tische so begehrt sein sollen, haben wir den unseren bereits zwei Wochen im Voraus gebucht. Sicher ist sicher. Allerdings merken wir, dass an ruhigen Abenden wie montags und dienstags durchaus auch Menschen mit einer spontanen Lust einen Tisch finden.
So sieht also ein Lokal aus, das auf «Stil statt Trend» («Tages-Anzeiger») setzt: klassische Fünfziger-Jahre-Architektur, auf drei Seiten grosszügige Fensterfronten vom Boden bis zur Decke, wenig Schnickschnack und als besonderes Kennzeichen eingebaute Sitznischen, die den Eindruck von Intimität im öffentlichen Raum vermitteln. Schön, aber: Lokale mit guter Architektur, die schlicht und einfach ausgestattet sind, gibt es in Zürich ein paar. In den Stadtkreisen 4 und 5 vor allem, aber auch anderswo bilden sie seit Jahren einen Trend, der parallel verläuft zum Trend der offensichtlicher gestalteten Restaurants. Am Raum alleine kann es also nicht liegen.

Am Service auch nicht. Irgendwie strahlt dieser eine Art unterdrückte Hektik aus. «Gastro-Partisan» («NZZ Ticket») und «Bederhof»-Wirt Erik Hämmerli – früher selber Koch und Kellner, etwa beim berühmten Witschi in Unterengstringen – müht sich persönlich ab und erklärt den heutigen Trubel mit Kündigungen und Krankheiten seines Personals. Wir verstehen und warten geduldig, bis der Wein nachgeschenkt wird, und übersehen – schliesslich sind wir tolerant – die Tatsache, dass wir, vor allem während wir die Hauptspeise essen, die meiste Zeit auf dem Trockenen sitzen (selber einschenken können wir leider nicht, weil die Flasche auf dem kleinen Tisch keinen Platz hat und deshalb anderswo aufbewahrt werden muss).

Liegt es also am Essen? Am Mittag – davon schwärmen viele Kollegen – gibt es jeweils ein Gericht vom Wagen, am Abend verzichtet man leider auf dieses schöne Detail. Auf dem Menu präsentiert sich eine traditionelle Bistroküche mit gern gesehenen Klassikern wie Markbein mit Toast oder Kalbsbäggli in Merlot.

Das Wiener Schnitzel wird hauchdünn, dafür tellerfüllend und authentisch mit Kartoffelsalat serviert. Die Kalbsbäggli sind butterzart und von bissfestem Wurzelgemüse begleitet, und das Mistkratzerli überzeugt mit knuspriger Kruste und saftigem Fleisch.

Am Essen gibt es gar nichts auszusetzen – der Koch setzt das vorgegebene Konzept mit Können und Verstand um. Die Portionen sind anständig, die Preise stimmen mit der Leistung absolut überein. Vielleicht liegt genau darin das Erfolgsrezept des «Bederhofs»: Gute Produkte werden gut gekocht und zu angemessenen Preisen verkauft. Gäste mögen wieder vermehrt den unkomplizierten Rahmen, wo die Stimmung ohne Bügelfalten auskommt, wo man sich nicht in die grosse Garderobe stürzen muss, um gut und gemütlich auswärts zu essen. Genau dieser Rahmen wird im «Bederhof» geboten; das scheint einem breiten und sympathisch durchmischten Publikum sehr zu gefallen. Und die etwas bemühte Prosa zum Thema muss man ja zum Glück nicht degustieren.

Monique Rijks ist Gastrojournalistin und testet für BILANZ die sympathischsten Restaurants im ganzen Land

Selbst der Chef bedient: Erik Hämmerli.
Restaurant Bederhof
Brandschenkestrasse 177, Zürich,
Tel. 044 285 15 00, www.bederhof.ch

Öffnungszeiten:
montags bis freitags 11 bis 14 Uhr und 17.30 bis 24 Uhr, samstags 18 bis 24 Uhr.
Preise: Vorspeisen ab 9.50 Franken, Hauptspeisen ab 18.50 Franken; Weine:
1 dl ab 6 Franken, Flaschen ab 35 Franken.