Dieses Jahr hat der Gastroguide «Gault Millau» Werner Rothen mit 17 Punkten zum besten Koch der Stadt Bern gekürt. Die Presse schrieb vom «grossen Aufsteiger» und von «einzigartigen Erlebnissen». So viel Lob macht Lust. Wir buchten einen Tisch und stiegen an einem sonnigen Freitag voller Freude in den Bus Nummer 12, der fast bis vor die Türen des Lokals fährt. Die Lage ist tatsächlich einzigartig: Das «Schöngrün» ist in der Herrschaftsvilla mitten im lauschigen Park beim Zentrum Paul Klee untergebracht. Man isst nicht in den alten Mauern, sondern im lichtdurchfluteten Glaspavillon, der zur Gartenseite angebaut wurde und einen weitläufigen Ausblick aufs üppige Grün zulässt. Als Kontrast zur wilden Natur draussen ist der Raum eher streng eingerichtet: Die Glastische stehen in Reih und Glied, Lampen hängen als gerade Striche von der Decke. Einzig die roten Stoffstühle lockern die Atmosphäre ein bisschen auf. Kaum haben wir Platz genommen, drückt uns der Kellner die Karte in die Hand und zählt die Tagesspezialitäten auf. Zwei Minuten später steht er wieder am Tisch und will die Bestellung aufnehmen. Wir vertrösten ihn. Einmal, zweimal, dreimal! Dabei wäre die Regel doch ganz einfach: Klappt ein Gast die Karte zu, weiss er, was er ordern will.

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Tadellos. Werner Rothen kocht mit Fantasie und Können, es ist eine moderne, verspielte Küche. Die Jakobsmuscheln mit Entenleber schmecken tipptopp, ebenso der pochierte Saibling auf Erbsenpurée mit einem vergoldeten Ei obendrauf. Auch das Entrecôte double, das aufgeschnitten auf dem Teller mitten in einer kompliziert inszenierten Landschaft auserlesener Zutaten liegt, ist tadellos. Als mich mein Gegenüber fragt: «Isst du wirklich gerne so?», komme ich ins Grübeln. Was stimmt hier nicht? Die Zutaten sind ausgesucht, das Handwerk hinter jeder Speise spürbar – trotzdem macht das Essen im «Schöngrün» an diesem Abend nicht wirklich fröhlich. Liegt es an der fehlenden Atmosphäre? Oder am Serviceteam, das die Gerichte vorstellt, als würde es die Börsenkurse herunterlesen, und auch sonst so amtiert, als wirke es in einer Betriebskantine? Das Essen ist gut, doch das Ganze funktioniert nicht wirklich, es riecht nach Kopfgeburt – von Managern ausgedacht und von Menschen mit zu unterschiedlichen Zugängen zur Gastronomie umgesetzt.

  • Zeit bis zum ersten Bissen: Kaum sassen wir, stand das Amuse-Bouche schon auf dem Teller.
  • Was man essen sollte: Die Auswahl an hausgemachten Broten mit den verschiedenen Pasten sollte man auf keinen Fall verschmähen.
  • Diskretionsfaktor: Hier ist Transparenz Trumpf.

Restaurant Schöngrün
Monument im Fruchtland 1
3006 Bern
Telefon 031  359  02  90
Mittwoch bis Sonntag von 11.30 bis 23.30 Uhr geöffnet.