Als Roland Koch Anfang Juli einen saftigen Gewinnrückgang bei Bilfinger erklären muss, zeigt er eine für ihn seltene Regung: Unsicherheit. Auf bohrende Fragen von Analysten nach den Geschäftsaussichten des Bau- und Dienstleistungskonzerns gerät der sonst auch auf Englisch eloquent auftretende Vorstandschef ins Stammeln. Fünf Wochen und eine weitere Gewinnwarnung später trennen sich die Wege des ehemaligen hessischen Ministerpräsidenten und des Traditionskonzerns aus Mannheim. Trotz der trüben Aussichten für Bilfinger in diesem Jahr kommt der Schritt für viele überraschend - einige Manager haben schon schwächere Zahlen ausgesessen. Noch auf der Hauptversammlung im Mai hatte Koch mehr Applaus als Kritik für den Konzernumbau geerntet, der mit einem erheblichen Stellenabbau einhergeht.

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Konsequent als Politiker

Grund für den Bruch ist nach Kochs Darstellung ein Streit im Bilfinger-Aufsichtsrat über die nächsten Schritte des Unternehmens. Konsequent war der 56-Jährige auch schon als Politiker: Die fehlende Aussicht auf die Kanzlerschaft mit Angela Merkel als fest etablierter Regierungschefin in Berlin soll den konservativen CDU-Mann letztlich dazu gebracht haben, Wahlkämpfen und Spitzenämtern den Rücken zu kehren.

Vor drei Jahren vollzog er den in Deutschland seltenen Wechsel vom Politiker zum Konzernlenker. Ein Jahr zuvor hatte er die Öffentlichkeit mit seinem Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten überrascht, nach elf Jahren als Landesvater in Hessen. «Politik ist ein faszinierender Teil meines Lebens, aber Politik ist nicht mein Leben», sagte Koch damals, der als Machtpolitiker bekannt und zeitweise sogar als Kanzlerkandidat gehandelt worden war.

Koch fuchste sich in Bau- und Ingenieursthemen herein

Schon nach kurzer Zeit schien Koch in der neuen Rolle des Topmanagers eines Technikkonzerns angekommen zu sein. Der gelernte Jurist fuchste sich schnell in Bau- und Ingenieursthemen herein. Die längst eingeschlagene Strategie, das angestammte, renditeschwache Baugeschäft zu Gunsten von Dienstleistungen wie technischer Beratung, Wartung oder Immobilienmanagement zurückzufahren, behielt er bei. Wie schon als Politiker setzte Koch den Kurs konsequent um. Er traf dabei auch harte Entscheidungen, wie etwa den Abbau von rund 1500 Stellen in einem Konzern, der durch zahlreiche Firmenkäufe auf gut 74.000 Beschäftigte weltweit gewachsen war.

Provokation als Mittel zum Zweck

Der Politiker Koch setzte zum Erreichen seiner Ziele oft auf Provokationen - so eroberte er die Landesregierung Hessens vor allem mit der Unterschriftenkampagne gegen die von der rot-grünen Bundesregierung geplante doppelte Staatsbürgerschaft für Ausländer. Als Konzernlenker hielt er sich mit harscher Kritik an politischen Entscheidungen seiner Parteifreunde in Berlin und Wiesbaden zurück. Offene Einmischung mied er: So war ihm auch kein Kommentar zu entlocken zum Experiment einer schwarz-grünen Landesregierung unter seinem Nachfolger als Landesvater, Volker Bouffier. Der «brutalstmögliche» Aufklärer, zu dem er sich in der Affäre um nicht deklarierte Parteispenden an die CDU einst aufgeschwungen hatte, wollte einen klaren Schnitt zu seiner Vergangenheit. Dass er nun zu seinen politischen Wurzeln zurückkehrt, gilt in Berlin eher als unwahrscheinlich.

(reuters/ccr)