Auch im Smart Home beginnt der Tag mit dem Alarm des Weckers, der aber nicht einfach ein Wecker ist: Er kommuniziert mit der Kaffeemaschine, sodass beim Aufstehen automatisch Kaffee gebrüht wird. Und während der Bewohner sich unter die Dusche begibt, stimmt sein Smartphone mit ihm die Agenda ab, plant Termine und gibt die Routen ins Navigationssystem seines Autos ein. Via Smartphone-Screen kann er dann tagsüber sein Zuhause von überall im Blick behalten.

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Und wenn er nach Feierabend wieder daheim eintrifft, dampft in der Küche schon das Abendessen, dank Robotern und klugen Geräten. Für den Bewohner gibt es nichts mehr zu erledigen. Nur essen, duschen und schlafen muss er immer noch selbst.

Zentraler Server übernimmt die Kontrolle

Der Begriff Smart Home meint zuerst einmal die Vernetzung der gesamten Gebäudetechnik zu einem System. Dabei werden alle Geräte und Infrastrukturen über einen zentralen Server gesteuert. Dieser regelt Strom, Wasser, Heizung, Licht und Lüftung. Er überwacht Türen, Fenster, Rollläden und Alarmanlage. Und er schaltet Kochherd, Backofen, Waschmaschine sowie die Heimelektronik ein und aus.

Selbstverständlich ist das intelligente Heim mit dem Smartphone verbunden, sodass sich das Zuhause aus der Ferne kontrollieren und steuern lässt.

Intelligente Häuser haben einen schweren Stand

Einige der Innovationen sind eigentlich nicht mehr neu. «In den letzten 15 Jahren wurden in der Schweiz schon viele Miet- und Eigentumswohnungen, Familienhäuser und Villen als Smart Homes eingerichtet», sagt René Senn, Leiter der Fachgruppe «Intelligentes Wohnen» des Branchenverbandes Gebäude Netzwerk Initiative (GNI). Insgesamt dürften es allerdings kaum mehr als ein paar tausend smarte Wohnungen sein.

«Obschon fast alle technischen Möglichkeiten seit Jahren vorhanden sind, fehlt dem Smart Home bislang die flächendeckende Akzeptanz», so Senn. Nun sollen es die neuen Technologien richten. Dank Smartphone, leistungsfähigen Breitbandnetzen, Wireless und Cloud Computing soll das schlaue Haus Teil der allgemein akzeptierten neuen digitalen Welt werden, erschwinglich auch für den Normalverbraucher.

In Zukunft soll das schlaue Haus auch lernfähig sein

Das war bis jetzt nicht der Fall. Wer in sein neues Einfamilienhaus ein Vernetzungssystem einbauen liess, musste mit Mehrkosten von 50'000 bis 100'000 Franken rechnen. «Das schreckte viele Leute ab», sagt Jonas Oesch, Geschäftsführer der Firma Ceed in Solothurn, die zu den Smart-Home-Pionieren der Schweiz zählt. «Eigentlich entsteht der Markt gerade erst», sagt Oesch.

Tatsächlich beschränken sich viele der Lösungen auf Fernsteuerung und Fernkontrolle der Haustechnik. «Doch das ist noch nicht wirklich smart», erklärt Alexander Klapproth, Leiter des iHomeLab der Hochschule Luzern (siehe Interview). Im echten Smart Home, so das breite Verständnis, kommunizieren Geräte und Infrastrukturen intelligent und interagieren automatisch. Sie sind lernfähig und erkennen Gewohnheiten und Wünsche der Bewohner. Zum Beispiel stellen sich der Staubsauger und die Kochplatte automatisch ab und lösen Alarm aus, wenn der Bewohner in der smarten Alterswohnung stürzt und die Bewegungsmelder keine Signale mehr empfangen. Und der intelligente Kühlschrank wird sich selber nachfüllen, indem er ausgegangene Esswaren im Online-Shop eigenständig bestellt.

Systeme sorgen für stimmungsvolles Licht...

Das Smart Home verspricht Bequemlichkeit, Energieeffizienz, Flexibilität, Komfort, Mobilität, Sicherheit, Unterstützung und Entlastung im Alter. Mal abgesehen von diesen Details ist es der Lifestyle der Zukunft. Wer einen Vorgeschmack erleben möchte, kann gleich die Probe aufs Exempel machen: In Baumärkten, im Elektrohandel und im Internet gibt es bereits viele Produkte zur Selbstmontage schon für wenig Geld.

Das Lichtsystem Hue zum Beispiel verwandelt mittels Fingertippen aufs Handy die Wohnung in eine stimmig beleuchtete Entspannungsoase. Um es einzubauen, sind lediglich alte Glühbirnen durch smarte LED-Leuchtmittel zu ersetzen. Hinzu kommt eine kleine, mit dem Internet verbundene Box zwecks Steuerung mittels App. Die einfachste Version kostet 200 Franken. Die Heizungssteuerung Max von eQ-3 setzt auf intelligente Radiatorenventile. Jedes Zimmer in der Wohnung hat dann automatisch zu jeder Tages- und Nachtzeit die richtige Temperatur.

... oder warnen vor Einbrechern und Wohnungsbränden

Auch in Sachen Einbruchschutz ist schon einiges erhältlich: Smartlife von Swisscom erkennt offene Türen und Fenster und warnt mittels Bewegungssensoren, Thermostat, Kameras sowie Wasser- und Rauchmeldern, die ihrerseits mit geschalteten Steckdosen für Licht, Geräte und Sirenen interagieren. Jederzeit lässt sich so aus dem Büro zu Hause nach dem Rechten sehen. Smartlife kostet rund 300 Franken, zuzüglich 10 bis 25 Franken monatlich für das Abo.

Ähnliche Sicherheitslösungen wie Swisscom bieten auch Switel, Gigaset, Netgear, D-Kink und ELV.ch an. Der Heimwerker kann sich also sein Smart Home Schritt für Schritt selber zusammenbasteln. «Es gibt mittlerweile viele Gadgets, die sich sehr gut zum Selbernachrüsten eignen», sagt Oesch.

System-Vielfalt behindert das Zusammenspiel

Das konzeptionell geplante, systematisch vernetzte und zentral gesteuerte Smart Home, wie es dem Spezialisten vorschwebt, ist das allerdings noch nicht. Eine Hürde, die dessen Durchbruch erschwert, sind die unterschiedlichen Basistechnologien. Sowohl für die Signalübertragung als eigentliches Rückgrat wie auch für den Server als Herzstück existieren verschiedene Systeme.

Ein in der Gebäudetechnik längst etablierter Klassiker ist der Standard KNX, der weiterhin auf Datenleitungen setzt. Eine Alternative dazu bietet der von der schweizerischdeutschen Firma Digitalstrom entwickelte Chip, der Signale über bestehende Stromleitungen kommuniziert. Andere Smart-Home-Lösungen wie EnOcean oder HomeMatic setzen auf Funk. Doch selbst innerhalb der gleichen Verbindungstechnik existieren unterschiedliche Standards. Auch für den Smart-Home-Server bzw. die Steuerungsplattformen gibt es unterschiedlichste Software wie Lightify, Qivicon, Philips Hue, AVM oder Gigaset Elements.

Internet bietet sich als Lösung an

Laut Martin Vesper, Chef von Digitalstrom, werden die Kompatibilitätsprobleme, die sich aufgrund der unterschiedlichen Basistechnologien ergeben, jedoch hochgespielt. Letztlich werde sich nicht einfach ein Standard durchsetzen. «In jedem Smart Home wird es einen Mix verschiedener Technologien geben», ist er überzeugt. Wichtig und entscheidend seien offene Systeme mit Schnittstellen zum Internet. «Die IP-Ebene ist letztlich der globale Standard, über den das Zusammenspiel der Systeme und Dinge im Smart Home mehrheitlich funktionieren wird.»

Wer beim Zusammenspiel im Smart Home besonders gefragt ist und woran das intelligente Haus letztlich doch scheitern könnte, lesen Sie in der aktuellen «Handelszeitung», erhältlich am Kiosk oder mit Abo bequem jede Woche im Briefkasten.