Amerika ist gut», sagt Enrico Tissi, «wenn Sie jung, reich und gesund sind.» Der Chef von Sika USA weiss, wovon er spricht, denn er lebt seit sieben Jahren in New Jersey, also für amerikanische Verhältnisse eine halbe Ewigkeit: Als er den Ersteller seines Hauses einige Schäden flicken lassen wollte, sagte dieser, er solle besser gleich ein neues Haus bauen. Das wollte Enrico Tissi aber nicht, denn er hört Ende Jahr auf. Den Ruhestand, an den er sich langsam gewöhnt, verbringt er zuerst ein paar Jahre in Amerika, dann kehrt er jedoch in die Heimat zurück. Aber er wird aus den USA viele gute Erinnerungen mitnehmen.

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Denn Amerika ist gut für Schweizer – wenn sie sich auf die amerikanischen Verhältnisse einstellen. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten hat seine Tücken, wie auch Schweizer Unternehmen erfahren mussten. Die Drucker von Ringier und der Bäcker Hiestand zogen sich nach verlustreichen Abenteuern im weiten Westen wieder zurück. Sulzer Medica scheiterte am unterentwickelten Qualitätsbewusstsein in der Fertigung, wo Öl die Hüftgelenke verschmutzte. ABB leidet noch immer unter der Prozessfreudigkeit der Amerikaner wegen der Altlasten der US-Tochter Combustion Engineering, die in den Achtzigerjahren Asbest verarbeitete. Und bei der CS übernahm sich Lukas Mühlemann spätestens, als er 2000 auf dem Höhepunkt des Börsenhypes die Wallstreet-Bank Donaldson, Lufkin & Jenrette zu einem überrissenen Preis kaufte.

Lindt & Sprüngli
Umsatz-Rakete


Als Ernst Tanner 1993 bei Lindt & Sprüngli antrat, verkaufte das Unternehmen in den USA für 20 Millionen Dollar Schokolade. Mit einem «einmaligen und erfolgreichen Konzept» hat er den Umsatz auf 251 Millionen (18 Prozent des Gesamtumsatzes) im letzten Jahr verzwölffacht. Einerseits übernahm er die Traditionsfirma Ghirardelli in San Francisco, anderseits baute er für Lindt, mit einer Produktionsstätte in Stratham, New Hampshire, eine eigene Boutiquenkette auf: Ende 2003 priesen 97 Läden die Premium-Schokolade aus der Schweiz an, und der Ausbau soll noch beschleunigt weitergehen.

Daneben schrieben Schweizer in den USA aber auch Erfolgsgeschichten: Die wohl grösste stammt von einem Manager, der seit zwei Jahren – vermutlich unter anderem auch deswegen – im Verwaltungsrat der Credit Suisse Group sitzt. Ernst Tanner machte seine steile Karriere beim amerikanischen Gesundheitsgiganten Johnson & Johnson. 1969 als 23-jähriger eingetreten, stieg er mit 36 auf den Chefposten des damals zweitgrössten Spitalunternehmens des Konzerns auf. In Texas führte er insgesamt 3300 Mitarbeiter und lernte dabei den Glauben der Amerikaner an die Hierarchie kennen.

«Meine erfahrene Sekretärin fragte mich einmal, ob meine spontanen Überlegungen und Gedankengänge auch wirklich definitiv umgesetzt werden sollten», erinnert sich Ernst Tanner. «Denn wenn der Chef den Weg weist, folgt das ganze Unternehmen in diese Richtung.» Nach fast einem Vierteljahrhundert Erfahrung bei einem US-Konzern kann er von sich behaupten: «Ich bin, was die USA angeht, in jeder Hinsicht trainiert.» Er holte sich bei Johnson & Johnson und bei Managementkursen in Harvard auch das Know-how und das Networking für seinen grössten Coup: mit der Schweizer Qualität von Lindt & Sprüngli die USA zu erobern. Voraussetzungen dafür sind laut Tanner unter anderem herausragende Kenntnisse des Marktes, der Konsumgewohnheiten und des Wettbewerbs.

«Ich glaube, man erkennt gar nicht, was wir für das Schweizer Image im Ausland machen», meint Ernst Tanner, gerade auch in den USA: «Wir sind die wichtigsten Schweizer Botschafter für Qualitätsprodukte.»

Für 250 Millionen Dollar verkaufte das Unternehmen letztes Jahr den Amerikanern Schokolade, was rund 100 Millionen Kontakte mit Kunden bedeutete. Und diese nehmen zumindest in den Lindt-Boutiquen durchaus wahr, dass sie Schweizer Köstlichkeiten geniessen. «Wir pflegen unsere Herkunft», betont Ernst Tanner. Zu Recht, wie ihm jüngst die «Harvard Business Review» bestätigte: Bei den meisten global verkauften Produkten achten die Konsumenten nicht darauf, woher sie kommen – Schokolade aber ist eine Ausnahme. Dass die Schweiz für Qualitätsschokolade steht, wissen alle Angestellten, und sie wissen, dass dahinter ein Schweizer Konzern steht: Die Gewinner von Wettbewerben, also etwa Teams mit dem höchsten Umsatz, dürfen denn auch über den Atlantik ins Schoggiland fliegen.

Sika
Seit 1937 in den USA


Bereits seit 1937 bietet Sika als eine der ersten global aufgestellten Schweizer Firmen ihre Baustoffe in den USA mit einer eigenen Gesellschaft an. Den Durchbruch brachte der Einstieg ins Autogeschäft in den letzten Jahren: Mit einem eigenen Akustiklabor in Detroit entwickelt Sika Dämpf- und Dichtelemente für Karosserien, gefertigt werden diese bei Kansas City in Grandview, Missouri, in der weltweit grössten Fabrik des Konzerns. Sika USA mit Sitz in Lyndhurst, New Jersey, in Sichtweite von New York ist mit rund 1000 Beschäftigten und 207 Millionen Dollar Umsatz die grösste Ländergesellschaft.

Im Gegensatz zu Lindt & Sprüngli gilt Sika als amerikanisches Unternehmen

«Für unsere Mitarbeiter und unsere Kunden sind wir eine amerikanische Firma», sagt dagegen Enrico Tissi bei Sika. Das bodenständige Unternehmen mit Hauptsitz in Baar geschäftet zwar schon seit 1937 in den USA. Es lieferte damals den Mörtel, um die New-Yorker U-Bahn-Tunnels wasserdicht zu machen.

Den Durchbruch schaffte es aber erst in den letzten zehn Jahren, als sich der Umsatz auf über 200 Millionen Dollar mehr als verdoppelte. Und die Amerikaner kennen Sika im Alltag – kein Wunder, dass die Firma als amerikanisch gilt. Dass mit den Produkten aus Schweizer Forschung die Fenster des Empire State Building abgedichtet und die dreissig wichtigsten Brückenbauten dieses Jahrzehnts befestigt wurden, wissen zwar nur die Spezialisten. Aber die Heimwerker finden Mörtel und Kleber von Sika auch bei Home Depot, dem grössten Do-it-yourself-Tempel. Und die Autoserviceleute greifen bei jeder zweiten Windschutzscheibe, die sie ersetzen, zum Kleber mit dem rotgelben Logo.

Für europäische Marken liefert Sika die Fensterkleber auch ans Band, bei den Amerikanern noch nicht. Aber das Unternehmen arbeitet in Detroit mit allen grossen Autoproduzenten eng zusammen, um Dämpf- und Dichtelemente zu entwickeln. Dieses Geschäft mit seinen unerbittlichen Terminzwängen müssen Einheimische betreiben, die ganz nahe beim Kunden sind – das prägt das gesamte Unternehmen.

Als bei Sika der erste Amerikaner ins Board kam, galt noch Schwiizertüütsch als Konzernsprache; der Exot aus Übersee lernte Deutsch und schlug im Wörterbuch nach, was «sackstark» bedeutet. Inzwischen sprechen alle im Management mehr oder minder Englisch. Und Enrico Tissi weiss: «Nicht mehr alles Gute kommt nur aus der Schweiz – die Amerikaner schätzen es, wenn auch ihre Erfahrung gefragt ist.» Selbstverständlich ist für den abtretenden Chef von Sika USA deshalb, dass sein Nachfolger Amerikaner sein wird.

UBS
Banker der Reichen


Die Übernahme von PaineWebber vor vier Jahren brachte die UBS in den USA gleich in doppelter Hinsicht entscheidend voran. Einerseits verfügt sie jetzt über ein Netz für das Wealth-Management von vermögenden Privatkunden: Ende 2003 betreuten 7766 Berater in 366 Niederlassungen nahezu zwei Millionen Kunden mit einem Vermögen von 634 Milliarden Franken. Anderseits zieht sie jetzt, da sie sich in den USA durchsetzen will, auch Spezialisten für das Investment-Banking an, das mit Sitz in London und New York weltweit 15 000 Mitarbeiter beschäftigt und inzwischen den überwiegenden Teil des Ertrags in den USA erzielt.

Grosse kulturelle Unterschiede

zwischen UBS und PaineWebber Das Geschäft in den USA wandelt die Kultur von Schweizer Unternehmen, also auch ihre Identität: Bei der UBS sprach die «New York Times» vor drei Jahren sogar von einer Identitätskrise. Weshalb? Die Bankgesellen, für ihre Prägung durch die Schweizer Armee berüchtigt, betrieben ihr Geschäft in den USA zurückhaltend, im Gegensatz zur Credit Suisse von Rainer Gut, der seit den Achtzigerjahren mit der Investment-Bank First Boston zusammenarbeitete und sie 1990 übernahm. Doch es war dann Marcel Ospel, der, vier Jahre bei Merrill Lynch in amerikanische Sitten eingeführt, 2000 den grossen Coup landete, als er die Vermögensverwalterin PaineWebber kaufte.

Die UBS hatte beim Sprung in die USA mehr Glück als die CS: Im Investment-Banking hat sie die Konkurrentin überholt und ist auf den fünften Rang aufgestiegen, in der Vermögensverwaltung will sie als «neuer Goliath» («Wall Street Journal») die reichen Familien als Kunden gewinnen. Diesen Markt können aber nur Amerikaner erobern, die verstehen, was schon Alexis de Tocqueville als «Land der Anwälte und Richter» bezeichnete.

Inzwischen arbeiten vom UBS-Personal 41 Prozent in den USA und noch 40 Prozent in der Schweiz. Und die kulturellen Unterschiede erwiesen sich nach der Übernahme von PaineWebber als zu gross. Ende 2001 musste deshalb der Brite Luqman Arnold als Konzernchef gehen. Seinen Posten übernahm Peter Wuffli, nach drei Jahren Vorbereitung in Chicago, derweil das US-Geschäft von Amerikanern geführt wird, allen voran von John Costas, der in diesem Jahr zum Stellvertreter des Konzernchefs aufgestiegen ist.

Peter Wuffli verärgerte in diesem Jahr seine angeblich neidischen Landsleute, als er ihnen in der NZZ vorwarf, sie liessen das Verständnis «für die Realität eines gnadenlosen globalen Wettbewerbs um Anlegergunst und Talente» vermissen, weil sie sich an den «Kompensationen» der Topmanager in zweistelliger Millionenhöhe stiessen. Er beteuert aber trotz den zunehmend amerikanischen Sitten, die UBS bleibe eine Schweizer Bank. Die Mitarbeiter in den USA wüssten dank der Selbstdarstellung der UBS vor allem in ihren Videos durchaus um die Wurzeln, betont die Bank: Für viele mache eben dies die Attraktivität der UBS als Arbeitgeberin aus.

Ob schweizerisch oder amerikanisch: Erfolg in den USA haben Lindt & Sprüngli, Sika und UBS gleichermassen. Denn ihre Topmanager, Amerikaner oder Schweizer mit US-Erfahrung, kennen die Einheimischen als Kunden: Ernst Tanner erfuhr schon zu seiner Zeit bei Johnson & Johnson, dass die Amerikaner ihre Schoggiherzen zum Valentinstag, für die sie eine Milliarde Dollar ausgeben, im Drugstore kaufen. Ein Absatzkanal, der in den USA für Schokolade von grosser Bedeutung ist. Und – noch wichtiger – die erfolgreichen Schweizer kennen auch die Eigenheiten der Amerikaner als Arbeitnehmer.

Die Amerikaner bewegen sich auf dem Arbeitsmarkt freier als die Schweizer

«Hire and fire» ist als Motto der US-Wirtschaft bekannt. Kaum bekannt ist, dass auch die Arbeitnehmer anheuern und abdampfen, wie es ihnen gerade passt. «Unter den knapp tausend Mitarbeitern haben wir fast jeden Monat Leute, die am Freitag ihren Lohn beziehen und am Montag einfach nicht mehr kommen», sagt Enrico Tissi bei Sika. Anderseits entdeckten seine Manager in einer Fabrik einmal einen unbekannten Vietnamesen: Er ersetze seinen kranken Cousin, erklärte dieser, denn jemand müsse ja die Arbeit machen.

Für Krankheit und Ferien gibt es kaum gesetzliche Vorschriften; nach zwei «sick days» gelten alle Abwesenheiten als Urlaub. «Leute, die eigentlich krank sind, kommen deshalb zur Arbeit», stellt Enrico Tissi fest. «Das macht uns Sorgen.» Und die Amerikaner kennen auch keine Altersgrenze.

So beschäftigt Sika einen Ex-Häftling mit 56 Jahren Knasterfahrung, über die er ein Buch geschrieben hat, das er der Firma widmete. Der Arbeitgeber darf das Alter der Arbeitnehmer offiziell gar nicht kennen, weil diese bei einer Entlassung klagen könnten, sie würden deswegen diskriminiert.

Die Amerikaner lassen sich ihre Loyalität bezahlen

Die amerikanischen Arbeitnehmer sind in jeder Hinsicht ausserordentlich mobil, denn beim Job bewegt sie fast ausschliesslich Money. So kämpft Lindt & Sprüngli damit, dass sich ein neuer Mieter in einer Mall im erfolgreichsten Laden umschaut und dort die Verkäuferinnen mit einem Dollar pro Stunde mehr abwirbt. Und im ländlichen New Hampshire, wo das Unternehmen saisonal Arbeitskräfte in der Produktion braucht, versucht es die bewährten, auf Schweizer Qualitätsstandards geschulten Leute zu halten.

«Die Arbeitnehmer fragen oft, was sie tun müssten, um mehr zu verdienen», stellt Enrico Tissi fest. Dabei gehen sie selber unternehmerische Risiken ein: Die besten Verkäufer bei Sika begnügten sich mit einem Fixlohn von 15 Prozent – der Konzern erlaubt aber nur einen variablen Anteil von 20 Prozent. «Wir geben uns Mühe, um unsere Leute mit mehr zu binden als nur mit Geld», erklärt Tissi.

Weit mehr als die Schweizer wissen die Amerikaner Trophys oder Awards zu würdigen, stellt Ernst Tanner fest. Sie schätzen Ausbildungen wie die «Schoggi-Universität», die Lindt & Sprüngli jeden Sommer für die Verkaufsteams an Hochschulen durchführt. Und sie brauchen die persönliche Anerkennung: «Meine Manager rufen mich an», sagt Ernst Tanner, «wenn ich lange nicht mehr durch die Fabrik gegangen bin.» Dank der Pflege der Unternehmenskultur lassen sich auch die Amerikaner zu loyalen Arbeitnehmern machen, sind die Schweizer überzeugt. Bei Enrico Tissi rief jedenfalls ein Konkurrent an: «Weshalb wollen alle meine Leute zu Sika wechseln?»

Die Amerikaner achten auf Gleichstellung

«Mein Chef zitierte mich einmal», erinnert sich Ernst Tanner an seine Zeit bei Johnson & Johnson: «Er sagte mir, ich mache einen sehr guten Job, aber wir müssten verstärkt auf die Bedürfnisse der Minorities eingehen. Für mich als Schweizer war dies eine neue Optik, die ich nicht nur in Amerika berücksichtigen musste, sondern inzwischen überall mit Überzeugung praktiziere.»

Zu den Minorities, den Minderheiten, zählen die Amerikaner alle, die nicht gesund und männlich und weiss (so genannte Caucasians) sind, also Frauen und Farbige, aber auch Behinderte oder Vietnam-Veteranen. Die Unternehmen müssen regelmässig überprüfen, ob sie die vorgeschriebenen Quoten erfüllen.

«Die stark Übergewichtigen – die Physically Challenged – gelten als Behinderte», weiss Enrico Tissi, «sie werden deshalb gerne eingestellt.» Und seine Assistentin zählt, obwohl schon lange Amerikanerin, als Latino-Frau gleich doppelt. Bei der UBS achtet eine Person bei der Rekrutierung auf die Diversity. Die Bank hat, wie in allen grösseren Regionen, in den USA ein Diversity Board, zusätzlich aber auch einen Minority Leadership Council, der sich aus führenden afro- und lateinamerikanischen Managern zusammensetzt. Und für die Manager, die aus Minoritäten kommen, bietet sie neu ein Karriereentwicklungsprogramm an.

Dabei, betont die UBS, gehe es immer darum, unabhängig von Geschlecht und Herkunft die talentiertesten Leute anzuziehen. «Ich finde diese Politik richtig», sagt denn auch Ernst Tanner. «Alle sollen die gleiche Chance bekommen: beide Geschlechter, alle Rassen, alle Nationalitäten.» Er weiss aber dank seiner jahrzehntelangen Erfahrung auch, dass selbst der harmloseste Witz über Minderheiten nicht durchgeht: «Da herrscht Nulltoleranz.»

Die Amerikaner wehren sich für ihre Rechte

Jeder zwölfte Prozess in den USA dreht sich ums Arbeitsrecht, jedes zweite Unternehmen kämpft jährlich in einer Auseinandersetzung vor Gericht. Fast drei Viertel der Arbeitnehmer gewinnen, in 15 Prozent der Fälle erhalten sie mehr als eine Million zugesprochen. Vor allem Entlassene treten ihren Fall gerne an einen Anwalt ab, der ihn dann auf eigenes Risiko durchkämpft und oft wenigstens einen vorteilhaften Vergleich erzielt.

Auch Sika neigte früher dazu, Auseinandersetzungen mit Zahlungen beizulegen, wie Enrico Tissi weiss. Dem Anwalt einer Sekretärin, die ihre Chefin wegen sexueller Belästigung verklagte, zahlte das Unternehmen 25 000 Dollar, weil sonst sechs Manager mit ihren Anwälten hätten von New Jersey nach Kalifornien fliegen müssen, um vor dem Richter auszusagen.

Diese Praxis führte aber erst recht zu einem Anschwellen der Klageflut. Inzwischen setzt sich Sika deshalb in jedem Fall zur Wehr. Mit Erfolg: Die Zahl der Klagen nimmt deutlich ab, Sika ist kein «easy target» mehr. Ausserdem beachtet das Unternehmen peinlich genau alle Formalitäten. Wer etwa die Leistungen eines Arbeitnehmers als ungenügend beurteilt, muss ihm dies sagen und in einer Performance Review die Möglichkeit zu einer Verbesserung innert neunzig Tagen geben: Fällt während dieser Frist auch nur ein anerkennendes «good job», kann sich der zu Entlassende darauf berufen, man sei mit ihm ja zufrieden gewesen.

Wer alle Regeln einhält, kann Erfolge feiern

«Wer alle Regeln genau einhält, kann aber gut damit leben», meint Enrico Tissi. «Es ist einfach anders.»

Das ist es tatsächlich. Auch die Schweizer, mit einem für europäische Verhältnisse äusserst liberalen Arbeitsmarkt, müssen sich auf die amerikanischen Sitten einstellen – sonst gehen sie in den USA unter. Wer die geschriebenen und auch die ungeschriebenen Regeln strikt beachtet, kann aber Erfolge feiern, die Beispiele beweisen es. Schliesslich haben Schweizer und Amerikaner viel gemeinsam, wie der ehemalige Senator Phil Gramm, den die UBS als Vizepräsidenten holte, vor der Swiss-American Chamber of Commerce sagte: «Geld verbindet uns noch stärker als Blut.»