Nach dem Scheitern des Brexit-Abkommens im britischen Unterhaus muss sich Premierministerin Theresa May am Mittwochabend einem Misstrauensvotum stellen. Beobachter gehen davon aus, dass die Regierung die Abstimmung übersteht, Neuwahlen sind dennoch nicht gänzlich ausgeschlossen. Die Konsequenzen für den Brexit sind völlig offen.

Wie läuft das Misstrauensvotum ab?

Die oppositionelle Labour Partei hat mit Unterstützung anderer kleinerer Parteien nach der Abstimmung am Dienstagabend eine Abstimmung angestrengt zu dem Antrag «Dieses Haus hat kein Vertrauen in die Regierung Ihrer Majestät». Labour-Chef James Corbyn wird die Debatte über das Misstrauensvotum am Mittwoch um 14.00 Uhr MEZ eröffnen, May selbst wird ebenfalls das Wort ergreifen. Die Abstimmung ist für 20.00 Uhr MEZ geplant.

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Im Unterhaus sitzen 650 Abgeordnete. May braucht 318 Stimmen, da sieben Abgeordnete der irisch-nationalistischen Sinn Fein an Sitzungen des Parlaments grundsätzlich nicht teilnehmen, der Präsident der Kammer und seine drei Stellvertreter nicht abstimmen und die Stimmen von vier Abgeordneten, die bei der Auszählung helfen, nicht mitgezählt werden.

Was passiert, wenn die Regierung das Votum übersteht?

Bekommt May mindestens 318 Stimmen, bleibt die Regierung im Amt. Allerdings gibt es keine Vorgaben, wann das nächste Misstrauensvotum beantragt werden könnte. Labour könnte den Schritt also jederzeit wiederholen. Mit Blick auf den Brexit hat Mays Regierung nach einem Beschluss des Unterhauses drei Tage Zeit, um dem Parlament einen Plan B für das weitere Vorgehen vorzulegen.

Was passiert, wenn die Regierung das Votum verliert?

Wenn May die Abstimmung verliert, muss sie nicht automatisch zurücktreten. Es folgt eine 14-tägige Übergangsfrist, in der jede Partei - einschliesslich Mays konservativer Torys - versuchen kann, eine neue Regierung zu bilden.

Sollte dies gelingen, müsste sich diese neue Regierung im Unterhaus zur Wahl stellen. Wird binnen 14 Tagen keine neue Regierung gebildet, wären Neuwahlen die Folge. In diesem Szenario ist es denkbar unwahrscheinlich, dass der Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Union wie bislang geplant tatsächlich am 29. März erfolgen würde.

Wie stehen Mays Chancen?

Die Premierministerin verfügt mit ihren Torys im Unterhaus nicht über eine eigene Mehrheit. May führt eine Minderheitsregierung, die von der nordirischen unionistischen Partei DUP abhängt. Die DUP hat sich vehement gegen den EU-Austrittsvertrag ausgesprochen, weil sie eine Trennung Nordirlands von Grossbritannien fürchtet.

Allerdings hat sie angekündigt, May bei dem Misstrauensvotum zu unterstützen. Auch ist zu erwarten, dass die Abgeordneten der Torys an Mays Seite stehen werden, da kaum jemand ein Interesse an Neuwahlen hat. Denn der Ausgang einer Wahl in dem zutiefst gespaltenen Land scheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt völlig offen.

(sda/ccr)