Der Wein, der im Gebiet um das östlich von Verona gelegene mittelalterliche Städtchen Soave erzeugt wird, gehört zu den bekanntesten italienischen Weissweinen. Doch leider ist es um den Ruf der Soave-Weine nicht zum Besten bestellt. Denn die Flaschen, auf deren Etikett der Name Soave steht, enthalten Weine unterschiedlichster Qualität. Da stösst man einerseits auf charakterlose Billigweine, die bei Discountern und Grossverteilern für weniger als 2 Euro verscherbelt werden, anderseits aber auch auf die frisch-fruchtigen, mineralischen Erzeugnisse von Spitzenwinzern wie Anselmi, Cà Rugate, Coffele, Gini, Prà, Pieropan und Suavia (um nur einige zu nennen). Diese liefern den eindrücklichen Beweis, welches Potenzial in den Soave-Gewächsen steckt.

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Wie aber sind diese enormen Qualitätsunterschiede zu erklären? Die Antwort klingt paradox: Es war der Erfolg, der dem Soave zum Verhängnis wurde. Um vom damaligen Exportboom maximal zu profitieren, wurde 1968 der Appellationsbereich des Soave (ebenso wie jener im benachbarten Valpolicella-Gebiet) über die klassische Hügelzone hinaus bis weit in die Schwemmlandebene hinein ausgedehnt. Damit setzten sich kurzfristige kommerzielle Interessen gegenüber einer nachhaltigen, qualitätsorientierten Strategie durch. Dabei ging vergessen, dass es auch im Weinbau keine Wunder gibt und Boomphasen nie ewig anhalten, insbesondere dann nicht, wenn eine forcierte Mengenausweitung unübersehbar das Qualitätsniveau vieler Weine vermindert. Seither ist es um die Reputation der Weine aus dem Soave-Gebiet nicht zum Besten bestellt, trotz den vor allem in der klassischen Hügelzone erzeugten hochstehenden Weinen.

Gekeltert aus der Garganega-Traube

Heute stehen rund 950 Hektaren Rebfläche des 1927 festgelegten klassischen Soave-Hügelgebiets mit der Appellationsbezeichnung Soave Classico über 4000 Hektaren grösstenteils im Flachland liegenden Rebpflanzungen gegenüber, die als Soave DOC in den Handel gelangen. Während in den Hügelgebieten die Reben auf verwittertem Vulkangestein wachsen und Finessenreichtum, eine lebendige Säure und mineralische Noten erhalten, geraten die Weine der wüchsigen, ertragreichen Flachlandböden meist dünn, eindimensional und charakterlos. Soave wird aus der spät reifenden Garganega-Traube gekeltert (vorgeschrieben sind mindestens 70 Prozent).

Daneben dürfen noch bis zu 30 Prozent andere weisse Sorten wie Trebbiano di Soave, Weissburgunder und Chardonnay mitverwendet werden. Viele Spitzenwinzer keltern jedoch reinsortigen Garganega-Soave. Wenn die Garganega-Reben in der klassischen Hügelzone stehen (Soave Classico) und die Erträge niedrig gehalten werden, kann man dem Wein gewordenen Resultat seriöser Winzerarbeit grosse Klasse attestieren. Dabei zeichnet sich ein guter, typischer Soave immer durch fruchtige Eleganz, moderaten Alkoholgehalt und eine stützende, gut integrierte Säure aus. Das alles macht ihn auch zu einem bekömmlichen, mit einer Vielzahl von Speisen kombinierbaren Essensbegleiter.

Wie in anderen Weinbaugebieten Italiens gab und gibt es auch im Soave-Gebiet Bestrebungen, einen Teil der Weine momentanen Weinmoden anzupassen und ihn mittels önologischer Sonderbehandlungen in einen Super-Soave zu verwandeln. Überreife durch (zu) späte Lese, maschinelle Mostkonzentration, spürbare Restsüsse, korrigierte Säure sowie Röst- und Vanillearomen durch den Ausbau in Barriques mögen zwar den Geschmack gewisser Weinkonsumenten und Meinungsmacher treffen, doch mit einem typischen Soave haben diese überteuerten Weinkonstrukte, wie man sie bei gewissen Soave mit der Zusatzbezeichnung «Superiore» antrifft, nichts gemein. Wer authentischen Soave sucht, findet ihn bei Top-Winzern im Classico-Hügelgebiet. Wärmstens empfohlen seien die Soave Classico der eingangs erwähnten Produzenten sowie die Soave Classico der Top-Linien der drei Genossenschaftskellereien Cantina di Soave, Cantina Sociale di Monteforte d’Alpone und Cantina di Colognola ai Colli, die übrigens rund 70 Prozent der im Soave-Gebiet erzeugten Trauben verarbeiten.

Bezugsnachweise in der Schweiz:

Anselmi