Wenn man am Schreibtisch seines Hotelzimmers an die weisse Wand starrt, entdeckt man in fluoreszierendem Grün die kleine Aufschrift «Think!».

Zum Denken kommen trotz augenzwinkernder Aufforderung die wenigsten ins Hotel The Standard in Los Angeles. Sehen will man – und gesehen werden. Bei bunten Drinks in der Lounge, beim Frühstück auf dem blauen Kunstrasen am Pool-Deck oder im Restaurant, vor dem dekorative Empfangsgirls stehen, flankiert von schwarz uniformierten Sicherheitsathleten, die so bärbeissig gucken, als wolle man Fort Knox knacken.

Wer wissen will, was man sich in L.A. unter cool oder hip vorstellt, geht in eine der neuen, schicken Herbergen, die für eine ganz spezifische Klientel geschaffen wurden: junge, trendbewusste Businessreisende (viele in der Film-, Musik-, Mode- oder Medienbranche) mit Geschmack und beschränkten finanziellen Mitteln. Im «Standard» ist dieses Lifestyle-Konzept besonders überzeugend realisiert worden, zu Zimmerpreisen ab 129 US-Dollar, und das an bester Lage am Sunset Boulevard und mit einem Traumblick über Los Angeles. Hinter dem innovativen Hotelkonzept steht Trendsetter André Balazs, der ausserdem Besitzer so erfolgreicher Häuser ist wie des benachbarten «Château Marmont» und des luxuriösen «Mercer» in New York. «The Standard» ist jedoch mehr als die preiswerte Variante seiner anderen Hotels, denn hier entspricht nichts dem üblichen Standard.

Trost in einer hektischen Welt
Der freche Newcomer stellt alles Konventionelle auf den Kopf. Die Beschriftung der Knöpfe an der Klimaanlage lautet – etwas anzüglich – «blow hard» und «blow harder». Der einzige Laden in der Lobby ist Ed’s Barber Shop, der sich nicht nur um Ihre Frisur, sondern auch um Ihre Tattoowünsche kümmert. Die Lobby mit einem plüschigen Teppich an Boden, Wänden und Decke erinnert ans Raumschiff Orion. In einer Glasvitrine findet jeden Abend eine Performance statt, und zwar mit einem leicht bekleideten Mädchen, das ein Buch liest oder schläft, und das vor den Leuten, die gerade ein- oder auschecken.

In der Minibar im Zimmer findet sich neben einem originellen Getränkeangebot – etwa dem «Go Go Girl Natural Sex Drink» – auch Aromatherapie-Kerzen, Vaseline oder die «S Box» mit einer seidenen Schlafmaske, Gleitmittel und vier Kondomen.

Abgesehen von seinen eigenwilligen Ideen setzt der detailversessene Hotelier André Balazs auf solide Qualität. Die Sofas (neben den aufblasbaren Sesseln von Ikea in den Zimmern) sind von Ligne Roset, die Lampen italienisches Edeldesign, die Vorhänge mit Andy-Warhol-Motiven eigens angefertigt, und sogar die orangefarbenen Badezimmerkacheln sind neu aufgelegte amerikanische Klassiker. Die Betten sind die gleichen wie im «Marmont», und die Zimmer bieten neben Internetzugang, Voice-Mail und grossem Eames-Surfboard-Tisch alles, was Unterhaltung und Kommunikation heute hergeben. Da muss sich der dynamische Jungmanager einfach wohl fühlen. Und wenn er wirklich ans Arbeiten denken muss, ist das «Standard» mit allen erdenklichen Einrichtungen ausgestattet.

André Balazs hat von den alten Grandhotels gelernt, dass Menschen ins Hotel gehen, um etwas Aussergewöhnliches zu erleben und Leute zu treffen. Fürs simple Übernachten würde ja auch ein Motel reichen – was «The Standard» bis Ende der Neunzigerjahre übrigens auch war. «Was ein Hotel für die @-Generation ausmacht, geht über das Zimmer und den Service hinaus», sagt Balazs. «Es nimmt die Leute aus ihrer gewohnten Umgebung heraus und befreit sie. Und gleichzeitig gewährt es ihnen mit einem spezifischen Lebensstil Trost und Schutz in einer hektischen Welt. So ist für die jungen Gäste eine Highspeed-Internet-Leitung im Zimmer und eine klubähnliche Atmosphäre in der Hotellobby wichtiger als ein Bidet im Bad und ein gestrenger Concierge am Empfang.»

Lieber sterben als ins falsche Hotel
Der Vorkämpfer unter den Trendhoteliers («Hotel als Theater und Treffpunkt der Schönen und Erfolgreichen») ist der ehemalige New-Yorker Nachtklubbesitzer Ian Schrager, der zusammen mit dem französischen Stardesigner Philippe Starck in den Neunzigerjahren einen amüsanten In-Tempel nach dem anderen kreierte («Royalton» und «Paramount» in New York, «Delano» in Miami, «Mondrian» in Los Angeles, «St. Martin’s Lane» und «Sanderson» in London, «Clift» in San Francisco) und inzwischen einen Jahresumsatz von über 250 Millionen US-Dollar erzielt. Während Schragers Hotelvision anfangs «cheap chic» hiess, Philippe Starck ständig von «demokratisiertem Stil» sprach und der Gast ultimativen Lifestyle zu vernünftigem Preis bekam, kostet heute ein Zimmer in einem Schrager-Hotel das Drei- bis Vierfache eines Zimmers wie etwa im «Standard».

Wer Schrager/Starck preiswerter geniessen möchte, für den gibt es seit einem Jahr das «Hudson» in New York – ein «Schmelztiegel von Stilen und Ideen» («Condé Nast Traveller»), ein «inspiriertes Stück organisierten Chaos» («Vanity Fair») zwischen Times Square und Lincoln Center. Wie bei den Schwesterbetrieben weist nichts am Eingang des für 125 Millionen Dollar renovierten Industriegebäudes auf das 1000-Zimmer-Hotel hin. Und hinter dem Eingang erwartet den Gast zunächst die Tristesse eines Luftschutzbunkers. Im Halbdunkel geht es dann vorbei an Brandtüren bis zu einem langen Glastunnel, durch den eine Rolltreppe hochführt.

Zwanzig bange Sekunden lang Rattern unter den Füssen – und dann steht man mitten im Zentrum der neusten Design-Euphorie. Was für ein architektonischer Quantensprung, welcher Blick: 15 Meter über dem Kopf ein Glasgewölbe, das von 50-jährigem englischem Efeu überwachsen ist, vorne das unendlich lange Holzpult der Réception, darüber ein riesiger Kristallleuchter mit Hologrammlichtern, und durch eine Glaswand fällt das elektrisierend gelbe Licht der dekadentesten Bar New Yorks. Beim Einchecken ist man umgeben von Models, Fotografen, Medien- und Werbeleuten aus der ganzen Welt, die sich ständig um die eigene Achse drehen und Ahs und Ohs ausstossen. Jetzt ist man Alice im Wunderland, Teil einer Live-Seifenoper voller Beautiful People, die lieber sterben würden, als im «falschen» Hotel abzusteigen.

Aber Vorsicht, die Zimmer ab 215 Dollar sind nichts für Klaustrophobe: Zimmer der Kategorie «studio rooms» sind klein, strömen dafür die Romantik einer Privatkabine auf einem Ozeandampfer aus. Und wie auf einem Schiff spielt sich das Leben in den öffentlichen Räumen ab. Der Gast lässt die im Zimmer eingesparten Dollars in der Bar, im Restaurant oder im grossen, rund um die Uhr geöffneten Spa liegen.

Personalisierung statt Globalisierung
Auch die grossen Hotelketten, die bisher mit austauschbaren Komfortstandards und langweiligen Inneneinrichtungen beeindrucken wollten, haben inzwischen den Trend zu individuellen, bezahlbaren Lifestyle-Businesshotels erkannt. Auf «Personalisierung statt Globalisierung» setzt die kleine Hotelkollektion «W», die der Riesenkonzern Starwood (700 Häuser, darunter die Sheraton- und Westin-Hotels) für moderne Nomaden entwickelt hat. Was vor zehn Jahren noch als Nischenprodukt galt, wird mittlerweile vervielfältigt – im Fall der W-Hotels 18-mal in Nordamerika und Australien, weitere sind in Planung. Mit 250 (Los Angeles) bis 800 Zimmern (New York) sind die W-Hotels zwar gross, doch die Gäste fühlen sich hier nicht wie Nummern, sondern als Teil einer hippen Szene.

Fun heisst das Motto des Designs. Funktion bieten die W-Hotels in den coolen Zimmern, die alle mit Internet-TV, Arbeitsstationen und kleinen Hi-Fi-Systemen ausgestattet sind. Zudem ist die «Whatever/Whenever»-Taste bei den Zimmertelefonen nicht nur ein Marketing-Gag, sondern ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu den andern Häusern der Hip-Hotel-Abteilung. Tatsächlich legen die W-Hotels grossen Wert darauf, jeden Spezialwunsch zu jeder Zeit zu erfüllen. Während bei den Schrager-Hotels der Service oft im Argen liegt, braucht man bei den W-Hotels keine Geduld für unfähiges Personal aufzubringen.

Zu den besten unabhängigen Hotels, denen der Spagat zwischen Stil und vernünftigen Preisen tatsächlich gelungen ist, zählen «The Albion» in Miami und «The Kirketon» in Sydney. Ersteres verbindet das avantgardistische South-Beach-Design mit dem Glamour des Art déco, und das zu einem bedeutend günstigeren Preis (ab 155 US-Dollar) als die nahe gelegenen Szenehochburgen «Delano» und «The Tides». Auch das «Kirketon» in Sydney erfüllt den selbst gestellen Anspruch, Gästen ein elegantes urbanes Ambiente zu bieten, ohne sie finanziell zu ruinieren (250 australische Dollar respektive 148 Euro).

In den 40 grossen Zimmern im Minimal-Look überkommt einen sofort die australische Leichtigkeit des Seins. Sie verfügen über alle Hightech-Fazilitäten und einzigartige Power-Duschen im Bad. Im cool gestalteten Restaurant Salt wird mit Zutaten aus aller Welt experimentiert, der Service ist unaufdringlich extravagant, man trifft auf schöne Menschen – eigentlich wie in New York oder Zürich. Nur redet keiner vom Job, niemand stöhnt über Mobbing, Migräne oder Winterdepressionen.

Viel Stil für wenig Geld findet man auch in europäischen Stadthotels. Ein Prototyp der Gattung «chic, pas cher» lässt sich in Hamburg entdecken, wo Anfang 2001 aus einem ehemaligen Gaswerk das «Gastwerk» mit veredelter Industriearchitektur und anregender Atmosphäre entstand. Das Hotel hat 100 geräumige Loft-Zimmer mit rauen Backsteinwänden (ab 110 Euro) sowie sämtliche Einrichtungen, die den modernen Reisenden glücklich machen: ein stimmiges Restaurant mit italienischer Küche, eine Zen-artige Relaxing-Zone und einen lichtdurchfluteten Tagungsbereich für stilvolle Meetings in luftigen Räumen. In der gigantischen, sieben Stockwerke hohen Halle feiert das Hotel den Raum, die Weite – und strahlt bei aller Grosszügigkeit eine überraschende Wärme aus.

Fröstelnde Ambiance ist out
Oft widersprechen sich Design und Charme. Wie das «Gastwerk» beweist das «Alexander Plaza» in Berlin das Gegenteil. Fröstelnde Ambiance ist hier ebenso out wie steifes Gehabe. Das «Alexander Plaza» pflegt lässige Eleganz in einem restaurierten Gründerzeithaus unweit der Hackeschen Höfe. Zum Gestaltungskonzept gehören sechs zeitgenössische Künstler, denen je eine Etage gewidmet ist. Siebdrucke in den 92 grossen, behaglichen Zimmern und Korridoren machen das Hotel zu einer bewohnbaren Galerie.

Das «Madison» am Potsdamer Platz in Berlin trägt der neuen Nachfrage nach günstigen Long-Stay-Konzepten Rechnung. Die 169 Juniorsuiten und Suiten – keine kleiner als 35 Quadratmeter, alle mit grosser Arbeitsfläche, Küche und fantastischem Bad – sind Schlafzimmer, Büro, Wohnzimmer und Tagungsraum zugleich. Dass der Businessreisende für die Juniorsuite im «Madison» schon mit 140 Euro dabei ist (ab 28 Tagen nur 90 Euro), schätzt er ebenso wie die Spezialitäten des Hauses, zu denen der Einkaufsservice gehört: Wer seine Küche mit Lebensmitteln bestücken will, gibt seinen Einkaufszettel einfach dem Concierge, der sich um alles kümmert.

«Heutzutage will kein Mensch ein klassisches Hotel oder ein so genanntes internationales Hotel, sondern ein Hotel, in dem man sich binnen einer halben Stunde zu Hause fühlt.» Das Zitat stammt vom französischen Architekten Jean Nouvel, der in den Weinbergen oberhalb von Bordeaux das «Saint James» errichtet hat. Das Hotel ähnelt einem futuristischen Hightechpalast. Für fast jedes Objekt in den 18 Zimmern gibt es eine Fernsteuerung, auch für die riesigen Eisengitter vor den Fenstern. Der Pool ist immer auf 30 Grad geheizt. Die Zimmer, alle mit Blick auf die Stadt und die Garonne, kosten 152 Euro, die teuerste Suite moderate 250 Euro.

Von solchen Preisen kann man in London nur träumen. Unter 300 Euro für ein angenehmes und zentral gelegenes Quartier geht es kaum, dazu kommt das Frühstück plus 17,5 Prozent Tax. Allerdings offerieren manche Häuser an Wochenenden Preisnachlässe wie beispielsweise das «Myhotel Bloomsbury», wo ein Doppelzimmer an Freitagen und Samstagen 190 Euro inklusive English Breakfast kostet. Design-Guru Sir Terence Conran hat hier zusammen mit einem Feng-Shui-Meister eine Oase der Kontemplation geschaffen. Dazu gehören 76 komfortable Zimmer von raffinierter Schlichtheit, eine Bibliothek sowie ein Healthclub mit esoterischen Entspannungsmethoden.

Zum Wohlfühlkonzept gehört die bemerkenswert warmherzige Hotelcrew, die überdurchschnittlich gut bezahlt wird und keine Trinkgelder annimmt. Jedem Gast wird während seines Aufenthalts ein Mitarbeiter als «personal assistant» zur Seite gestellt, um ihm das Leben in London leichter zu gestalten oder dafür zu sorgen, dass man auf der Gästeliste einer der angesagten Klubs steht.

«Für uns bedeutet Luxus ein natürliches Lächeln, ein harmonisches Umfeld mit positiver Energie, ein Einfühlen in den Gast, der nicht mit Regeln und Zwängen eingeengt werden soll, sondern auf den man so weit wie möglich eingeht», sagt Besitzer Andrew Thrasyvouloui. So wird dem Gast bei der Buchung das Formular «mypreferences» zugestellt, auf dem er seine persönlichen Vorlieben von Musik über Film bis zum Lieblingsduft angeben kann. All das wird ihn dann bei seiner Ankunft im Zimmer erwarten.

Designhotels sind schon Mainstream
«Früher waren Designhotels eine Marktnische. Jetzt sind sie Mainstream. In zwei, drei Jahren kann sie keiner mehr sehen. Es wird nicht mehr lange dauern, dann kommt der Gegentrend.» Der renommierte deutsche Innenarchitekt Peter Joehnk, Gestalter zahlreicher Hotels auf der ganzen Welt, bringt die Zukunft auf den Punkt. Mit exzessiv zelebrierter Gemütlichkeit können Hotels neuerdings durchaus einen hohen Glamour-Faktor erreichen, wie beispielsweise das «Charlotte Street Hotel» in London, das von der «Financial Times» als «the Julia Roberts of hotels – charming, beautiful, witty, friendly, stylish and very cool» beschrieben wurde. Das Dekor ist von der legendären Bloomsbury Group aus den Zwanzigerjahren inspiriert, und das hauseigene Kino ist nicht nur den zahlreichen Gästen aus der Filmszene zugänglich.

Ähnlich wie in London gestaltet sich auch in Paris die Zimmersuche schwierig, wenn man seine Reisekasse schonen will. Deshalb ist das Relais Saint-Sulpice ein Glücksfall. Im Saint-Germain-Quartier gelegen, strahlt das 1996 eröffnete Hotelbijou eine unprätentiöse Eleganz aus. Man tritt in das schöne zweistöckige Gebäude aus dem 18. Jahrhundert ein und weiss: Ich bin angekommen. Die Besitzerin Hélène Touber hatte bei der Gestaltung ein Auge aufs kleinste Detail. Die 26 heiter stimmenden und mit allen Annehmlichkeiten ausgestatteten Zimmer kommen ohne Übermass an Mustern aus, zu dem Pariser Hotels sonst leider oft neigen. Ähnliches liesse sich über das vor zwei Jahren eröffnete Hotel La Manufacture bei der Place d’Italie sagen, ausser dass hier die 57 Zimmer noch günstiger sind (ab 89 Euro) als im Relais Saint-Sulpice (ab 149 Euro).

Für jeden jungen Businessreisenden ist – hip hin oder her – die Erschwinglichkeit eines Hotels am wichtigsten. Kaum Abstriche machen muss der Hotel-Trendscout im Hotel Balmes in Barcelona. Es hat trotz hohen Servicestandards, guter Lage im Eixample-Quartier und gepflegten Zimmern (alle Duplex mit Terrasse zum ruhigen Innenhof) moderate Preise (ab 174 Euro).

Auch bei der Pensione Accademia in Venedig, einer betörend charmanten Villa aus dem 17. Jahrhundert mit Garten zum Canale Grande und zwei Dutzend renovierten Zimmern im italienischen Landhausstil, muss man die Nachteile mit der Lupe suchen. Die Lage in der Nähe des Peggy Guggenheim Museum ist einmalig – und ein Desaster für jede Kalkulation, die Gewinn und Quadratmeter in Relation zueinander setzt. Beim Zimmerpreis – 124 Euro inklusive Frühstück – fragen viele zweimal.

Wie sich herumgesprochen hat, ist in Amsterdam das «Canal House» das Hotel mit dem besten Preis-Genuss-Verhältnis. Es besteht aus zwei Grachtenhäusern, die das amerikanische Ehepaar Jane und Len Irwin in ein anspruchsvolles und dennoch erschwingliches Hotel (Doppelzimmer ab 109 Euro inklusive Frühstück) verwandelt haben. Wer die Ruhe liebt und über kleine Mängel wie Bäder aus den Siebzigerjahren hinwegsehen kann, ist hier richtig: keine Fernseher, keine Minibar, keine Kinder unter zwölf. Der Garten ist eine Augenweide, und man fühlt sich wie bei Freunden zu Besuch.

In der Schweiz sind die Aussichten auf einen unvergesslichen City-Hotelaufenthalt im Preissegment unter 300 Franken pro Zimmer trübe. Diejenigen, die auf Design setzen, wie etwa der «Seehof» in Zürich oder das «Allegro» in Bern, hinken dem internationalen Mainstream hinterher und sind weder im Design noch im Verständnis von Service herausragend. Zudem fehlt in der Schweiz die Spezialisierung. Jedes Hotel will immer möglichst jeden Gast für sich gewinnen.

Auch fehlt der Mut zum Klischee. Viele erfolgreiche Hotels auf der ganzen Welt spielen mit den Erwartungshaltungen der angepeilten Zielgruppe. Der Gast, der in das jeweilige Hotel kommen soll, steht schon bei der Planung im Vordergrund. Wer aber den Gast nicht genau definiert, tut sich schwer damit, ihm das passende Ambiente zu bieten. Larifari-Mischmasch statt Stringenz ist das Ergebnis. So sind die Schweizer Hoteliers an einer Hand abzuzählen, die ihre Gäste in eine unverwechselbare Hotelwelt mit eigenem Lebensgefühl entführen, und sie sind eher in der Ferienhotellerie («Saratz» in Pontresina oder «Cœur des Alpes» in Zermatt) als in den Städten zu finden.

Der Schweizer Vorzeigebetrieb in der Kategorie «chic, pas cher» ist der nüchtern opulente «Teufelhof» in Basel. Hier herrscht jenes Weltstadt-Flair, um das sich luxuriösere Nobelabsteigen in Zürich, Genf und Bern oft vergebens bemühen. Das in jedem Sinne aussergewöhnliche Kultur- und Gasthaus setzt seit zwölf Jahren kontinuierlich auf eine sachte Vorwärtsstrategie. Es besteht aus einem Gourmetrestaurant, einer Weinstube, einer Café-Bar, einem Kleintheater, einem unterirdischen archäologischen Museum, einem Wein- und Delikatessenladen sowie einem Kunst- und Galeriehotel, das in der weiten Welt der trendbewussten Geniesser fast bekannter ist als bei den Schweizern selbst. Im «Teufelhof» entspricht nichts dem typischen Hotelstandard, im ganzen Haus sorgen unzählige Kleinigkeiten dafür, dass man gerne wiederkommt. Ein Doppelzimmer ist übrigens ab 255 Franken inklusive Frühstück zu haben.

Was ist noch besser als ein erschwingliches, feines, gut gelegenes Hotel? Eines, das kein bisschen langweilig ist.
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