BILANZ: Sie schalteten weltweit Inserate und bieten eine Million Dollar für Hinweise auf Geheimkonten von Mitt Romney. Sind Sie fündig geworden?

Larry Flynt: Wir haben viele Hinweise bekommen, denen wir jetzt nachgehen.

Harte Beweise für unversteuertes Geld?

Noch nicht. Wir müssen vorsichtig sein, denn wenn wir gefälschte oder falsche Unterlagen publizierten, wäre das illegal. Wir brauchen wasserdichte Beweise. Daran arbeiten wir.

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Wie viel kostete Sie die Aktion?

300 000 Dollar. Etwas Ähnliches haben wir schon früher gemacht. Das macht Spass, aber es ist mir ernst. 

Mitt Romney hatte ein Konto bei einer Schweizer Bank. Ein Problem? 

Es gibt zwei Gründe für ein ausländisches Bankkonto: Steuern sparen oder Vermögenswerte verstecken. Einen weiteren Grund sehe ich nicht. 

Die hohe Serviceleistung der Schweizer Banker?

Ich schätze ja Ihr Land, ich war ein paar Mal wegen Geschäften in Genf. Aber das gibt es auch in den USA. Ich will nicht sagen, dass Gouverneur Romney Steuern hinterziehe. Aber er muss präzise Antworten liefern, weshalb er ein Bankkonto in der Schweiz hatte. Bis dato hat er noch keine stichhaltige Erklärung geliefert. Diese verlange ich als US-Bürger.

Haben Sie nur die Schweiz im Visier?

Nein, alle Steuerschlupflöcher, auch jene auf den Cayman- und den Bermuda--Inseln sowie in China, wo Romney Geschäftsbeziehungen unterhielt. 

Mit Verlaub: In Delaware oder Florida liegen Milliarden von Schwarzgeldern. Da schauen Sie nicht hin?

Wir haben auch ein Auge drauf. Aber bislang gibt es keine Beweise, dass er sich dort herumgetan hätte. Klar ist: Wir wollen möglichst viel über seine Finanz- und Steuersituation herausfinden. Je genauer wir hinschauen, desto mehr haben wir den Eindruck, dass da einer mit viel Know-how und einer tiefen Trickkiste am Werk sei. Das macht seine aktuellen Vorstellungen zur Zukunft Amerikas nicht glaubwürdiger. Um unser nächster Präsident zu werden, muss Gouverneur Romney an Glaubwürdigkeit zulegen. 

Immerhin hat er offengelegt, dass sein Grenzsteuersatz bei den Bundessteuern bei 14,1 Prozent lag. 

Richtig, aber dieser Steuersatz bezog sich auf die letzten zwei Jahre. Viel interessanter sind die Jahre um 2000, als er viel mehr verdiente. Wir wollen wissen, wie viel er damals versteuerte.

Sie verlangen von Romney, die Steuerzahlen offenzulegen. Wie viel bezahlen Sie?

Mein Steuersatz beträgt 35 Prozent. Ich liefere also mehr als ein Drittel meines Einkommens an den Bundesstaat ab.

Romney will Obama aus dem Weissen Haus verdrängen. Wie stehen seine Chancen?

Ich wüsste nicht, weshalb Gouverneur Romney Präsident Obama ablösen sollte. Ich sehe kein Feld, wo er besser wäre. 

Obama soll nach Ihrer Meinung «overperformen» – das ist doch stark übertrieben.

Präsident Bush hinterliess ihm ein ökonomisches Desaster. Präsident Obama hat versucht, das Beste daraus zu machen. Als er den Amtseid ablegte, hatte ich eine böse Fantasie: Hängt Bush und Cheney vor dem Weissen Haus an einen Baum! Das ist Schnee von gestern. 

Und Romney?

Überzeugende Rezepte habe ich von Gouverneur Romney noch nicht gehört. Und der Hinweis, dass er 47 Prozent der Amerikaner links liegen lässt, hilft ihm nicht. Immerhin muss man sagen, dass er wenigstens ehrlich war. Dumm nur, dass einer die Aussagen aufnahm.

Sie gehörten selber zu den 47 Prozent.

Ich stamme aus einfachen Verhältnissen aus Kentucky und arbeitete mich hoch. Seit über 30 Jahren kämpfe ich dafür, dass korrupte oder bigotte Politiker an den Pranger gestellt werden. Wir haben einen ziemlich guten Job gemacht. 

Sie produzieren Pornomagazine, führen Striptease-Lokale, Casinos. Warum wollen Sie in der Politik mitmischen?

Dass ich in dieser Industrie tätig bin, heisst nicht, dass ich nicht ernst zu nehmen wäre. Ich kämpfe seit über 30 Jahren für saubere Politik. Mit meinen kommerziellen Geschäften hat das nichts zu tun. 

Ist Larry Flynt ein Big Government Guy, der links wählt?

Ironischerweise bin ich eher konservativ eingestellt. Ich bin sehr konservativ, wenn es um Fiskalfragen geht oder darum, wie die Regierung mit meinem Geld umgeht, aber in sozialen Fragen bin ich bis ins Mark liberal. Das gilt auch für die Meinungsäusserungsfreiheit, für die ich seit Jahrzehnten kämpfe. Und wenn es um die Privatsphäre und ums Schlafzimmer geht, hat niemand das Recht, sich einzumischen, schon gar nicht der Staat. 

Der Staat hat sich in den letzten Jahren eher ausgedehnt.

Dass der Staat im grossen Stil bei der Auto- und Finanzindustrie eingriff, hat mich natürlich nicht gefreut. Und ich bin ja nicht gegen regulatorische Rahmenbedingungen, aber es dürften weniger sein. 

Hat Sie die Occupy-Wall-Street-Bewegung gefreut?

Ich unterstützte das Recht auf Protest. Anfänglich meinte ich, da komme etwas Neues – so wie damals die Anti-Kriegs-Bewegung der sechziger Jahre. Aber es geht wohl nicht um neue Ideen. Die Proteste der Jugend entstanden aus Frustration über die wirtschaftliche Situation. 

Sie meinen die Finanzkrise?

Absolut. Da haben Banker ein ziemliches Desaster angerichtet, das nun alle, vor allem die Arbeiter, auszulöffeln haben. Das schlägt vielen aufs Gemüt. 

Wie läuft Ihr Geschäft?

Sehr gut. Larry Flynt Publications ist breit aufgestellt, mit Printmagazinen, mit Internet, mit TV, mit Casino, mit Videos. Wir haben 30 verschiedene Profitcenter.

Welche machen am meisten Freude?

Am profitabelsten sind Casino und Broadcasting. Wir liefern Inhalte in 70 Länder. Diese Line Extension vor zehn Jahren war wohl mein wichtigster unternehmerischer Entscheid. 

Print?

Es gibt immer noch ein paar tausend Magazine in den USA, aber es wandert sehr viel Print ins Internet ab. Auch wir erleben beim Print seit 15 Jahren ein Schrumpfen, allein beim «Hustler» halbierte sich die Auflage. Diese stand einmal bei über drei Millionen. Wir kompensieren aber viel Geschäft im Internet. 

Sie bezeichneten einst Pornografie als die reinste Form von Kunst.

Die ersten Aufzeichnungen der Höhlenmenschen drehten sich um dieses Thema, das zieht sich in der Kunst bis heute hin. 

Sie sind zum fünften Mal verheiratet und haben fünf Kinder. Hat eines der Kinder Interesse an Ihrer Branche?

Eines hilft in der Firma mit, die anderen sind nicht interessiert. Aber ich will mich gar nicht zurückziehen. Wer sich pensionieren lässt, ist in zwei, drei Jahren tot. Ich hielt mich stets an die Devise meines Grossvaters: Iss nur das beste Essen, trink nur den besten Wein, und geniess die schönsten Frauen. 

 

Der Freiheitskämpfer
Larry Flynt ist der bekannteste Pornounternehmer der USA. Der 69-Jährige ist Gründer und Chef der Larry Flynt Publications in Beverly Hills, Kalifornien. Wichtigstes Produkt ist das Männermagazin «Hustler». Seit Jahrzehnten kämpft Flynt mit spektakulären Aktionen für freie Meinungsäusserung und sexuelle Freiheit. Diverse Male wurde er von konservativen und religiösen Kreisen eingeklagt. An einem Prozess in Georgia schoss ihn ein Fanatiker 1978 nieder. Seither ist er an den Rollstuhl gebunden. Der Film «The People vs. Larry Flynt» (1996) ging um die Welt. Kürzlich schaltete er Dutzende Inserate, in denen er eine Million Dollar für Hinweise auf Geheimkonten von Obama-Herausforderer Mitt Romney bot.