Wer Cannes kennt, weiss: Cannes ist Filmkunst, ein Laufsteg der Eitelkeiten und Mondänität, ein Mythos und Spektakel. Vom 17. bis 28. Mai ist es wieder soweit: An der Côte d'Azur trifft sich die Crème de la Crème der internationalen Filmwelt. Wie immer wird viel Prominenz erwartet – darunter Stars wie Nicole Kidman, Robert Pattinson, Fatih Akin und Diane Kruger. Doch sie werden sich den roten Teppich noch mit einer anderen Spezies teilen müssen: den Digital Influencern.

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Denn in Zeiten von Instagram, Facebook, Twitter und Co. sind auch sie gern gesehene Gäste auf den roten Teppichen dieser Welt. Der Grund: Millionen Follower schenken den Influencern ihr Vertrauen, lassen sich durch ihren Geschmack bei Kaufentscheidungen beeinflussen. Und Influencer füttern ihre Accounts fleissig: Ein Selfie hier, ein Selfie da, ach übrigens diese Handtasche ist der Knaller.

FTC ermahnt Promis

Was nicht immer unproblematisch ist. Denn was wie ein Eindruck aus dem Leben der Stars erscheint, ist in manchen Fällen einfach nur geschickt platzierte Werbung. Auf eine eindeutige Kennzeichnung wird der Authentizität zuliebe dabei nur allzu gerne verzichtet.

Schleichwerbung aber ist offziell verboten. Für die US-Handelsaufsicht Federal Trade Commission (FTC) war das genug des Guten: Sie hat 90 Prominenten einen Brief geschickt, um sie daran zu erinnern, bei Postings ihre Beziehung zu jenen Produkten und Unternehmen klar und deutlich offenzulegen – sprich Promopostings auch als das auszuweisen, was sie sind: Werbung. Zu den schriftlich Auserwählten zählen etwa Heidi Klum, Kourtney Kardashian, Victoria Beckham und Jennifer Lopez.

Ein einfacher Hashtag wie #ad oder #sponsored reiche dabei nicht, so die US-Behörde. Stattdessen müsse direkt am Anfang des Post darauf hingewiesen werden, wenn es sich um Werbung handelt.  

Authentizität und Glaubwürdigkeit sind elementar

Das Bizarre daran ist: Was in Print und TV vom Publikum als Schleichwerbung verpönt wird, findet im Social Web kaum kritischen Anklang. Stattdessen gelten derartige Postings als gut gemeinter Tipp. Der Grund liegt in der Sache der Natur. Denn das Kapital der Influencer ist Authentizität und Glaubwürdigkeit sowie ihr direkter Draht zu einer riesigen Gefolgschaft.

Für Unternehmen ist das Gold wert. Entsprechend gut zahlen sie für diese Authentizität – wenn man denn eine Millionen-Gefolgschaft hat wie zum Beispiel Kendall Jenner. Das US-Model soll allein für einen Post bei Instagram schlappe 250'000 Dollar kassiert haben.

Gerade erst richtig entdeckt wurde das Potenzial der Influencer für die Werbe- und Vermarktungsindustrie in der Schweiz. Bekannte Gesichter der Szene sind etwa die Italienerin Chiara Ferragni, die Schweizerin Kristina Bazan und Xenia Tchoumis. Auch wenn sie nicht über ihre Einkünfte sprechen wollen, so können sie doch heute von ihrer Bekanntheit durch die Social-Media-Präsenz leben.

Schmaler Grat

Doch Vorsicht ist angesagt. Denn die Arbeit eines Influencers gleicht auch einem Balanceakt. Vor allem wenn der Star das Eigenmarketing überreizt, ist die Grenze zwischen Authentizität und allzu durchschaubarem Kommerz plötzlich nur noch hauchdünn. Im schlimmsten Fall kann dies zum Glaubwürdigkeitsverlust führen.

Auch besagte Kendall Jenner hat diesbezüglich ihre Lektion gelernt, nachdem sie und andere Social-Media-Stars für das Fyre-Festival auf den Bahamas geworben hatten. Die Veranstalter hatten Influencer eingekauft, um das Festival ordentlich zu bewerben. Entsprechend paradiesisch sahen ihre Postings aus, Follower kauften Tickets für bis zu 12’000 Dollar – und sassen dann teilweise ohne Verpflegung zwischen Mobiltoiletten und Notfallzelten. Es hagelte Kritik – auch an den Inluencern. Denn die wenigsten von ihnen hatte ihre Posts als das ausgewiesen, was sie waren: Werbung.