Mit dem Betriebssystem Windows hat Microsoft-Mitgründer William «Bill» Henry Gates III. den Grundstein für den Erfolg seines Unternehmens gelegt. Noch heute, 30 Jahre nach der ersten Version, gilt das System als Geldmaschine des Softwarekonzerns - und hat Gates zum reichsten Mann der Welt gemacht. Aktuell wird sein Vermögen auf über 79 Milliarden Dollar geschätzt.

Studienabbruch 1975

Trotz seines grossen Erfolges galt Gates stets als ein Mann, der öffentliche Auftritte scheute. Gates wurde 1955 in der Nähe von Seattle im Bundesstaat Washington als Sohn des Rechtsanwalts William H. Gates II. und der Lehrerin Mary Maxwell Gates geboren. Schon als Schüler entwickelte er eine grosse Leidenschaft für Computer. Damals gab es noch keine Personal Computer, aber man konnte bei grossen Unternehmen Rechenzeiten mieten. Er lernte an der Schule den etwas älteren Paul Allen kennen und verbrachte mit seinem Freund jede freie Minute am Computer.

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In den 70er-Jahren brachte Gates als Harvard-Student gemeinsam mit Allen die Programmiersprache Basic auf einem der ersten «Microcomputer», dem Altair 8800, zum Laufen. 1975 brach Gates sein Studium ab, um sich mehr seiner kleinen Firma Micro-Soft zu widmen. Als Gründungsdatum gilt der 4. April 1975.

Der Beginn des PC-Zeitalters

Seine Bilderbuchkarriere begann Gates mit einem Grossauftrag von IBM. Microsoft sollte für deren Personal Computer ein Betriebssystem liefern. Gates nahm den Auftrag an und kaufte für rund 50'000 Dollar die Rechte an dem System QDOS (Quick and Dirty OS), entwickelte es weiter und benannte es in MS-DOS (Microsoft Disc Operating System) um.

Das war der Beginn des PC-Zeitalters - und der erste Schritt zur Erfüllung von Gates Vision: Ein PC auf jedem Schreibtisch. Zum Weltkonzern stieg Microsoft dann mit dem Betriebssystem Windows auf.

Windows 95 sorgte für Revolution

Denn mit seinem Betriebssystem begründete Microsoft eine neue Ära. Windows 95 sorgte vor 20 Jahren für eine Revolution auf dem Computer-Markt und erleichterte für Millionen den Zugang zum PC - auch wenn die Software nicht besonders stabil und sicher war.

Sie nannten es Midnight-Madness (Mitternachts-Wahnsinn): Am 24. August 1995 öffneten in den USA viele Computerläden nachts genau um 00.00 Uhr ihre Türen, um die ersten Packungen mit Disketten oder CDs des neuen Microsoft-Betriebssystems Windows 95 unter die Leute zu bringen. «Ich musste das einfach kaufen», sagte damals ein junger Mann dem lokalen Fernsehsender in Seattle. Das Kuriose daran: Er besass noch nicht einmal einen PC. «Es ist so hip», sagte er dem verdutzen Live-Reporter ins Mikrofon.

Windows-95-Fieber war ansteckend

Das Windows-95-Fieber war ansteckend: Allein in den ersten sieben Wochen verkaufte Microsoft sieben Millionen Exemplare. Innerhalb eines Jahres waren es 40 Millionen. Mit dieser Software holte Microsoft-Gründer Bill Gates den Personal Computer aus der Nerd-Ecke und kam seiner Vision «Ein PC auf jedem Schreibtisch» einen entscheidenden Schritt näher.

1995 wurden weltweit erst gut 60 Millionen Computer verkauft. Zehn Jahre später überschritt die Zahl der verkauften PCs weltweit erstmals die Schwelle von 200 Millionen, Microsoft hielt damals einen Marktanteil von über 95 Prozent. Seinen Höhepunkt erlebte der PC-Markt in 2011 mit 365 Millionen Geräten. Seitdem zeigt die Kurve deutlich nach unten, weil bei vielen Menschen das Smartphone oder ein Tablet-Computer die Funktion des PCs übernommen haben.

Die halbe Welt steht Kopf

An iPhone oder Android war aber vor 20 Jahren noch nicht zu denken. Die Marketing-Kampagne zum Start von Windows 95 auf dem Firmencampus von Microsoft in Redmond setzte damals Massstäbe. Den beiden Managern Brad Silverberg und Brad Chase war es damals gelungen, bei den Rolling Stones die Nutzungsrechte des Songs «Start Me Up» für die Premierenfeier und TV-Spots zu besorgen.

Zur Präsentation der Software vor 2500 Gästen wurde TV-Star Jay Leno aus Los Angeles eingeflogen. «Die halbe Welt steht Kopf», wunderte sich die Computer-Zeitschrift «c't». «Ob im Funk, Fernsehen oder in der Zeitung, niemand kann den angeblichen Vorzügen von Windows 95 entgehen.»

System entfachte einen Upgrade-Boom

Das Microsoft-System brachte eine neue dokumentenorientierte grafische Oberfläche mit, die überzeugen konnte. Sie kam zwar den Besitzern eines Apple Macintosh irgendwie bekannt vor, für die meisten PC-Benutzer bot Windows 95 jedoch eine echte Premiere. Das System entfachte einen Upgrade-Boom, denn im Vergleich zum Kommando-Zeilensystem MS-DOS und den ersten Windows-Versionen sah das neue Windows 95 so viel besser aus und war auch einfacher zu bedienen.

Mit der verbesserten Version B konnte Windows 95 dann erstmals mit Festplatten-Partitionen von mehr als zwei Gigabyte Kapazität arbeiten. Mit dieser Version wurde dann auch erstmals die USB-Schnittstelle unterstützt.

Beim Hype um Windows 95 übersahen die Kunden auch die Nachteile. Die Software bot nur eine schwache Sicherheitsarchitektur und war anfällig für Computer-Viren. Dieses Problems nahm sich Microsoft erst neun Jahre später mit dem Service Pack 2 für Windows XP ernsthaft an.

Internet anfangs unterschätzt

Auch die Online-Strategie von Bill Gates für Windows 95 ging zunächst nicht auf. Gates hatte in der frühen Entwicklungsphase des Systems den Boom des World Wide Webs nicht vorausgesehen. Er glaubte damals an den Erfolg proprietärer Online-Dienste wie Compuserve oder AOL und stattete sein Windows mit dem Microsoft-Gegenstück MSN aus. Erst als Netscape mit seinem Browser den Markt überrannte, erkannte Gates die Herausforderung.

Vier Monate nach der Premiere von Windows 95 rief Gates zu einem «Internet-Strategie-Workshop» nach Seattle und änderte seinen Online-Kurs um 180 Grad. Gates wählte einen aussergewöhnlichen historischen Vergleich, um die neue Strategie zu verdeutlichen. Am Jahrestag des Überfalls Japans auf Pearl Harbour erinnerte er an den Kommentar des japanischen Admirals Yamamoto, «er fürchte, sie hätten (mit dem Überfall) einen schlafenden Giganten geweckt.»

Die neue Ansage von Gates lautete: «Heute ist das Internet die treibende Kraft bei allen Verbesserungen, die wir bei all unseren klassischen Produkten vornehmen.» Microsoft verstrickte sich nach dieser Ansage in einen schmutziger «Browserkrieg». Der Kampf gegen Netscape hätte fast zur Aufspaltung des Konzern geführt, weil sich die Aufsichtsbehörden an umstrittenen Geschäftspraktiken von Microsoft störten. Zum Schluss blieb Netscape auf der Strecke.

Bill Gates half Steve Jobs

Auch Apple kam mit dem Boom von Windows 95 in Existenznöte. Der damalige Apple-Boss John Sculley hatte zuvor vergeblich versucht, frühe Windows-Versionen als rechtswidrige Mac-Kopien gerichtlich untersagen zu lassen. Mit seinem Macintosh-Betriebssystem steckten die Apple-Ingenieure in einer technischen Sackgasse. Aus diesen Nöten konnte sich Apple erst zwei Jahre später mit der Rückkehr von Steve Jobs befreien, der sein Next-Betriebssystem mitbrachte.

Jobs nahm damals sogar die Hilfe von Bill Gates in Anspruch, um das in Schwierigkeiten geratene Unternehmen zu retten. Microsoft investierte 150 Millionen Dollar in 150'000 Apple-Aktien und zahlte Gerüchten zufolge weitere 100 Millionen Dollar für Urheberrechtsverletzungen der vergangenen Jahre. Dass Jobs viele Jahre später mit dem iPhone und iPad den Microsoft-Bossen Kopfschmerzen bereiten würde, war damals noch nicht abzusehen.

Rückzug aus dem aktiven Geschäft

Auf dem Höhepunkt seines Erfolgs - und nach heftigen Kontroversen mit Wettbewerbshütern - trat Gates Anfang 2000 den Rückzug aus dem aktiven Geschäft an. Zunächst gab er die Position als Chief Executive Officer an seinen Studienfreund Steve Ballmer ab. 2008 zog sich der damals 53-Jährige dann fast ganz aus dem Software-Konzern zurück und nahm nur noch als Verwaltungsratsvorsitzender Einfluss.

Seither arbeitet Gates vorwiegend für die von ihm und seiner Frau Melinda gegründete Bill & Melinda Gates Stiftung für die Bekämpfung von Krankheiten wie Malaria oder Aids.

Der Neue

Der heutige Chef von Microsoft, Satya Nadella, will das Unternehmen in ein neues Zeitalter führen. Er übernahm vor rund eineinhalb Jahren die Führung des Konzerns von dem zuletzt etwas glücklosen Ballmer.

Mit Windows 10, das Ende Juli veröffentlicht wurde, will Nadella nach den Flops von Vista und Windows 8 ein neues Zeitalter einläuten. Dazu setzt der in Indien geborene Software-Spezialist vor allem auf das Arbeiten in der Cloud - und reisst auch alte Mauern ein: Das neue Office-Paket brachte Microsoft zuerst für den Mac des einstigen Rivalen Apple heraus.

(sda/ccr)