Am Montag wird in Stockholm die Gewinner oder Gewinnerinnen des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften verkündet. Es gibt durchaus Chancen, dass ein Forscher aus der Schweiz zum Zuge kommen wird: Ernst Fehr, Wirtschaftsprofessor an der Universität Zürich, wird nämlich auch in diesem Jahr als einer der Favoriten gehandelt.

Der österreichisch-schweizerische Wissenschaftler wird schon lange als möglicher Gewinner genannt. 

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Bei der diesjährigen Verleihung darf er auf die Unterstützung von Clemens Fuest zählen, dem Präsidenten des Münchner Ifo-Instituts. Aus Sicht von Fuest hat Ernst Fehr das ökonomische Denken erheblich beeinflusst. Mit  seinen Arbeiten zu Fairness, sozialem Verhalten, Kooperationsbereitschaft und zu den Wirkungen finanzieller Anreize auf das Verhalten im Arbeitsleben habe der Schweizer Professor neue Wege beschritten. «Eine spannende Arbeit von ihm zeigt, dass Menschen, die geduldig sind und für längere Zeit planen, es schaffen, mehr Vermögen zu bilden als andere», sagte Clemens Fuest.

Leer ausgehen könnte Ernst Fehr allerdings auch dieses Jahr, denn die Konkurrenz ist stark – besonders in den USA. Ohnehin werden Forschende aus den USA am häufigsten ausgezeichnet, wie ein Blick auf die Historie des seit 1969 verliehenen Preises zeigt. Im vergangenen Jahr ging die Auszeichung an die in den USA forschenden Ökonomen David Card, Joshua Angrist und Guido Imbens.

Rogoff und Obstfeld als «zwei sehr würdige Träger»

Zu den topgesetzten US-Amerikanern gehören dieses Jahr Maurice Obstfeld und Kenneth Rogoff. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sieht die beiden US-Ökonomen als «zwei sehr würdige Träger» des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften.

«Nach der Corona-Krise und inmitten eines Kriegs zeigt die Forschung der beiden US-Ökonomen, wie sich Krisen global übertragen und wie die Geldpolitik eingreifen kann.» 

Die früheren Chefökonomen des Internationalen Währungsfonds Rogoff und Obstfeld hätten untersucht, «wie Finanzmärkte vernetzt sind, wie Staatsverschuldung wirkt und vor allem auch, wie die Politik damit umgehen sollte», so Fratzscher.

Auch Chancen: Timothy Bresnahan und Michael Porter

Achim Wambach, Präsident des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), favorisiert die US-Professoren Timothy Bresnahan und Michael Porter sowie den israelisch-amerikanischen Ökonomen Ariel Pakes. «Die Erkenntnisse aus der empirischen Industrieökonomik helfen, besser zu verstehen, wie Märkte und Wertschöpfungsketten aufgebaut sind, ob sie ihre Ziele erfüllen, und ob die Akteure in den Märkten die richtigen Anreize haben.»

Die drei Wissenschaftler hätten wesentlich dazu beigetragen, dass man heute einen viel besseren Instrumentenkasten habe, um zu untersuchen, wie Märkte funktionierten und wie Unternehmen in diesen Märkten agierten.

«Ich würde mein Geld auf Susan Athey setzen»

Michael Berlemann, Wissenschaftlicher Direktor am Hamburgisches Weltwirtschaftsinstitut, sieht persönlich den US-Ökonomen Robert J. Barro als Favoriten wegen seiner «herausragenden theoretischen und empirischen Beiträge zur Makroökonomik».

Auch Daron Acemoglu sei als Mitbegründer der modernen Institutionenökonomik ein hochverdienter Nobelpreisträger. Der Preis werde aber wohl an beiden vorbei gehen. «Ich würde mein Geld wohl auf Susan Athey von der Stanford University setzen, die unter anderem sehr wichtige Arbeit an der Schnittstelle zwischen Ökonometrie und maschinellem Lernen vorgelegt hat.»

Es ist kein klassischer Nobelpreis

Der Wirtschaftsnobelpreis ist der einzige, der nicht auf das Testament von Preisstifter Alfred Nobel zurückgeht. Er wurde von der schwedischen Zentralbank gestiftet und zählt somit streng genommen nicht zu den klassischen Nobelpreisen. Dennoch wird er gemeinsam mit den anderen Preisen an Nobels Todestag, dem 10. Dezember, überreicht.

Er ist mit  zehn Millionen Kronen dotiert (890'000 Franken). Bisher wurde noch nie eine Schweizerin oder ein Schweizer mit dem Wirtschaftsnobelpreis geehrt.

(mbü, auf Basis von Meldungen der Agenturen awp, Reuters und keystone-sda)